Verwaltungsgericht Gelsenkirchen: Fahrverbote unverzichtbar
Erstmals ist mit der vielbefahrenen A 40 in Essen auch eine Autobahn von Diesel-Fahrverboten bis einschließlich der Euro-5-Norm betroffen. Das Land Nordrhein-Westfalen hat bislang keine ausreichenden Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität durchgeführt, so dass die verbindlichen Grenzwerte für Stickstoffdioxid nicht eingehalten wurden, urteilte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am Donnerstag, 15. November 201 (Az.: 8 K 5068/15). In einer weiteren Entscheidung ordnete das Gericht zudem ein Fahrverbot auf einer vielbefahrenen Straße in Gelsenkirchen an (Az.: 8 K 5254/15). Damit konnte die Deutsche Umwelthilfe weitere gerichtliche Erfolge bei Klagen für saubere Luft erringen.
Im Fall von Essen hatten die Verwaltungsrichter entschieden, dass innerhalb der derzeitigen grünen Umweltzone eine sogenannte „blaue Umweltzone” errichtet werden muss, die weite Teile des Essener Stadtgebietes, darunter auch die Autobahn 40, umfasst. In dieser Zone dürfen zum 1. Juli 2019 keine Benziner der Klassen Euro 2 und älter sowie Diesel-Fahrzeuge mit Euro 4-Motoren und älter mehr fahren. Ab dem 1. September 2019 gilt das Dieselfahrverbot auch auf Fahrzeuge der Klasse Euro 5.
Die Deutsche Umwelthilfe hatte gerügt, dass der Grenzwert für gesundheitsschädliches Stickstoffdioxid in Höhe von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter weit überschritten wird. Anders als mit Fahrverboten könne eine saubere Luft für die betroffenen Anwohner nicht mehr erreicht werden.
Dem folgte auch das Verwaltungsgericht. So sei auch im Jahr 2017 in Essen der Grenzwert nicht flächendeckend eingehalten worden. Das Land NRW sei daher verpflichtet, bis zum 1. April 2019 den Luftreinhalteplan Ruhrgebiet West für die Stadt Essen fortzuschreiben. Die Bezirksregierung wurde verpflichtet, zusätzlich zu den bislang vorgesehenen Maßnahmen zur Luftverbesserung „ein zonales Fahrverbot im Essener Stadtgebiet entlang der Bundesautobahn 40 und Teilen der B 224 unter Einschluss dieser Strecken anzuordnen”.
Die Fahrverbote seien in dem fortzuschreibenden Luftreinhalteplan „unverzichtbar”, betonte das Gericht. Nur so könne die Gesundheit von Anwohnern, Besuchern und Verkehrsteilnehmern geschützt werden. Die Bezirksregierung wurde zudem verpflichtet, eine „aktuelle Belastungskarte” für das gesamte Essener Stadtgebiet zu erstellen, um gegebenenfalls die Fahrverbote ausweiten zu können.
Für die Stadt Gelsenkirchen ordneten die Verwaltungsrichter ein streckenbezogenes Fahrverbot für die Kurt-Schumacher-Straße an. Dort habe 2017 der Jahresmittelwert der Stickstoffdioxid-Belastung bei 46 Mikrogramm pro Kubikmeter gelegen. Auch dieses streckenbezogene Fahrverbot sei für den Gesundheitsschutz der Bürger „unverzichtbar”. Es sei vor allem notwendig, „um eine schnellstmögliche Einhaltung des seit nahezu neun Jahren verbindlichen Grenzwertes zu erreichen”, so das Verwaltungsgericht. Nach dem Urteil muss zudem auch für Gelsenkirchen eine aktuelle Belastungskarte erstellt werden.
Gegen beide Urteile kann Berufung beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen in Münster eingelegt werden.
Die Deutsche Umwelthilfe begrüßte die Urteile. „Mit der erstmaligen Sperrung einer Bundesautobahn für Diesel-Pkw, Busse und Lkw muss auch eine Kanzlerin Merkel erkennen, dass sie mit ihrer Politik gegen den Gesundheitsschutz und für die Profitsicherung einer betrügerischen Industrie gescheitert ist”, sagte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Insgesamt habe die Umwelthilfe klagen für „Saubere Luft” in bislang 29 Städten eingereicht fünf weitere sollen noch im November 2018 folgen.
Nach Berechnungen der Europäischen Umweltagentur sei Stickstoffdioxid schon 2015 allein in Deutschland für 13.100 vorzeitige Todesfälle verantwortlich gewesen, betonte die Umwelthilfe. Schmutzige Diesel-Pkw trügen wesentlich zu mehr als 800.000 jährlichen Neuerkrankungen an Diabetes und Asthma bei.
Am 8. November 2018 hatte das Verwaltungsgericht Köln entschieden, dass auch die Städte Köln und Bonn für Diesel-Pkw mit Euro-5-Motoren und älteren Beniner Fahrverbote einführen müssen (Az.: 13 K 6684/15 und 13 K 6682/15; JurAgentur-Meldung vom Folgetag).
Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hatte am 9. November 2018 zudem entschieden, dass das Land Baden-Württemberg für die Stadt Stuttgart Fahrverbote umgehend festschreiben muss (Az.: 10 S 1808/18; 10 S 2316/18; JurAgentur-Meldung vom 12. November 2018).
Auch weitere Städte wie Mainz, Berlin und Düsseldorf müssen entsprechend mehrerer gerichtlicher Entscheidungen sich auf Fahrverbote einstellen. fle/mwo/fle
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