Lebensrettendes Potenzial: Neues Medikament gegen Erdnussallergie entwickelt
Experten zufolge leiden bis zu ein Prozent der Bevölkerung unter einer Erdnussallergie. Schon minimale Mengen können ausreichen, um bei Betroffenen lebensbedrohliche Symptome hervorzurufen. Doch nun gibt es Hoffnung: ein internationales Forscherteam hat ein neues Medikament gegen die gefährliche Allergie entwickelt.
Immer mehr Erdnussallergiker
Laut dem Deutschen Allergie- und Asthmabund e.V. (DAAB) leiden in den USA und Großbritannien im Durchschnitt ein Prozent der Bevölkerung unter einer Erdnussallergie. Den Experten zufolge werden aufgrund des vermehrten technologischen Einsatzes in der Lebensmittelindustrie auch in Deutschland steigende Zahlen von Erdnussallergikern verzeichnet. Da Erdnüsse in vielen Nahrungsmitteln verarbeitet werden, gestaltet sich die Ernährung für Betroffene oft schwierig. Doch ein neues Medikament könnte das Leben der Allergiker vereinfachen.
Schon kleinste Mengen können gefährlich werden
„Während die meisten Nahrungsmittel erst ab einer bestimmten Menge allergische Reaktion auslösen, können bei der Erdnuss schon Mikrogramm-Mengen ausreichen, um lebensbedrohliche Symptome hervorzurufen“, schreibt der DAAB.
Bei Betroffenen kann es dann zu Beschwerden an den Atemwegen, Hauterscheinungen (Neurodermitisschub, Urtikaria und Quinke-Ödem), Durchfällen, Übelkeit, Erbrechen, aber auch Herzrasen, Schwindel, Bewusstlosigkeit sowie lebensbedrohlichen Schockzuständen kommen.
Allergiker müssen daher den Verzehr der Erdnüssen und Produkten daraus konsequent meiden. Doch dies gestaltet sich oft schwierig, denn die Nüsse werden als Zutaten in den unterschiedlichsten Lebensmitteln verarbeitet.
Helfen könnte in Zukunft ein Medikament, das ein internationales Forscherteam entwickelt hat. Das Präparat könnte bereits im nächsten Jahr zugelassen werden.
Kontrollierte Aufnahme von Erdnussprotein
Eine im Fachblatt „New England Journal of Medicine“ veröffentlichte Studie zeigt, dass die kontrollierte Aufnahme von Erdnussprotein helfen kann, bei Allergikern eine Toleranz aufzubauen.
Der von dem internationalen Forscherteam entwickelte Wirkstoff mit dem Namen AR101 enthält Erdnussprotein und wird oral eingenommen.
Von den insgesamt 551 Studienteilnehmern, die das Präparat oder ein Placebo erhielten, waren 496 zwischen vier und 17 Jahre alt.
Nach einer sechsmonatigen Behandlung, gefolgt von einer sechsmonatigen Erhaltungstherapie, konnten zwei Drittel der 372 Kinder, die die Behandlung erhielten, 600 Milligramm oder mehr Erdnussprotein (das Äquivalent von zwei Erdnüssen) zu sich nehmen, ohne allergische Symptome zu entwickeln.
Im Gegensatz dazu konnten nur vier Prozent der 124 Kinder, die ein Placebo erhalten hatten, die gleiche Menge Erdnuss zu sich nehmen, ohne zu reagieren.
Allerdings funktioniert die Behandlung nicht bei allen Betroffenen. Vierzehn Prozent der Patienten, die sich in einer aktiven Behandlung befanden, erhielten Injektionen mit einem Medikament, das in Notfällen eingesetzt wird, darunter ein Kind, das eine Anaphylaxie erlitt.
Erwartungen übertroffen
Experten, die nicht an der Studie beteiligt waren, sagten, die Ergebnisse übertrafen ihre Erwartungen und nannten die Ergebnisse „möglicherweise lebensrettend“, berichtet die “New York Times“.
Sie warnten jedoch auch, dass die Behandlung keine Erdnussallergien heilt und nicht zu Hause versucht werden sollte.
Zudem betonten sie, dass Kinder, die die Behandlung abschließen, weiterhin eine erdnussfreie Ernährung einhalten müssen und möglicherweise die Aufrechterhaltungstherapie mit winzigen Dosen von Erdnüssen fortsetzen müssen, möglicherweise für den Rest ihres Lebens.
„Dies ist nicht die Heilung, aber es ist ein guter erster Schritt“, sagte Dr. James R. Baker Jr. von Food Allergy Research & Education (FARE), einer gemeinnützigen Interessengruppe, die sich auf Nahrungsmittelallergien konzentriert.
„Die Tatsache, dass die Kinder das Äquivalent einer Erdnuss pro Tag gegessen haben, sagt aus, dass sie, wenn sie versehentlich eine Erdnuss essen, keine lebensbedrohliche Reaktion haben werden“, so Dr. Baker.
Hersteller hofft auf baldige Zulassung
Obwohl die Behandlung selbst allergische Reaktionen auslösen kann, erhalten Patienten, die die Behandlung abschließen, Schutz vor unbeabsichtigter versehentlicher Exposition.
„Sie tauschen das unsichere, unvorhersehbare Risiko einer zufälligen Reaktion, die außer Kontrolle gerät, gegen diese Art geringerer, meist milder oder moderater Symptome, die für die meisten Patienten beherrschbar sind“, sagte Studienhauptautor Dr. Brian P. Vickery.
Das Pharmaunternehmen Aimmune Therapeutics, das den Wirkstoff herstellt und die Forschung finanzierte, hofft nun auf eine Zulassung des Mittels im kommenden Jahr. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.