Unwissenheit über Volkskrankheit COPD: Erste Symptome werden oft nicht ernst genommen
Gerade jetzt in der Erkältungszeit wird länger anhaltender Husten oft nicht ernst genug genommen oder auf eine vorliegende Grippe oder eine einfache Erkältung zurückgeführt. Doch die Beschwerden können auch durch eine bislang unheilbare Volkskrankheit hervorgerufen werden: COPD.
Die dritthäufigste Todesursache weltweit
Wenn sich im Herbst und Winter ein länger anhaltender Husten einstellt, wird das oft damit begründet, dass einfach die Abwehrkräfte in der Erkältungszeit nicht stark genug sind und man sich deshalb eine Grippe oder einen grippalen Infekt eingefangen hat. Doch die Beschwerden können auch auf die chronisch obstruktive Lungenerkrankung, kurz COPD (chronic obstructive pulmonary disease), hindeuten. Obwohl diese Krankheit nach Herzinfarkt und Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache weltweit ist, sei das Wissen darüber in der Bevölkerung laut Experten noch immer erschreckend gering.
Nicht heilbare Krankheit führt unbehandelt zum qualvollen Tod
Obwohl immer mehr Menschen an der chronisch-obstruktiven Lungenkrankheit, die im Volksmund auch als Raucherhusten oder Raucherlunge bekannt ist, erkranken, sei das Wissen über diese Erkrankung in der Bevölkerung noch immer erschreckend gering, warnen Österreichs Lungenfachärzte.
Da deutliche Symptome häufig ignoriert werden und oft erst sehr spät ein Arzt aufgesucht wird, geht wertvolle Zeit verloren, denn je früher die Erkrankung behandelt wird, desto größer sind heute die Möglichkeiten, COPD zu „stoppen“.
Dies ist von zentraler Bedeutung, denn die Krankheit ist nicht heilbar und führt unbehandelt zu einem qualvollen Tod durch Ersticken.
Bereits erste Hinweise ernst nehmen
Der Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, ÖGP, Prim. Priv.-Doz. Dr. Bernd Lamprecht, weist anlässlich des Welt-COPD-Tages am 21. November eindringlich darauf hin, wie wichtig es ist, bereits erste Hinweise auf COPD wie langandauernden Husten ernst zu nehmen und den Arzt aufzusuchen.
Wie es in einer Mitteilung der Gesellschaft heißt, machen aber auch das Vorliegen einer Reihe unterschiedlicher Risikofaktoren die Abklärung, ob eine COPD vorliegt, erforderlich.
Waren bis vor wenigen Jahren die therapeutischen Möglichkeiten noch sehr begrenzt, so wurde in den vergangenen Jahren immer wieder über neue Therapieansätze oder gar der Hoffnung auf einen Durchbruch bei der Behandlung von COPD berichtet.
Entscheidend ist jedoch immer: Je früher die Erkrankung erkannt und behandelt wird, desto besser die Prognose und Lebensqualität der Betroffenen.
AHA-Symptome können erste Anzeichen sein
Auswurf, Husten, Atemnot – die sogenannten AHA-Symptome können erste Anzeichen einer COPD sein.
Doch diese Anfangssymptome werden häufig bagatellisiert oder auf andere „Umstände“ oder Erkrankungen zurückgeführt. So ist die Atmung zu Beginn nur leicht eingeschränkt, Atemnot tritt erst bei körperlicher Belastung auf.
Ein Symptom, das abgetan wird mit Sätzen wie „Man hat halt zur Zeit keine gute Kondition“. Auch das Leitsymptom „Husten“ werde laut Dr. Lamprecht leider oft bagatellisiert.
„COPD ist unter anderem deshalb so heimtückisch, da die ersten Symptome von den Patienten oft nicht richtig wahrgenommen, erkannt und somit auch dem Arzt nicht mitgeteilt werden“, so der Mediziner.
Gerade in der Erkältungszeit wird länger anhaltender Husten in vielen Fällen nicht ernst genug genommen oder auf einen Infekt zurückgeführt und COPD dadurch nicht rechtzeitig erkannt. Daher sollten Patienten ihrem Arzt immer über einen länger bestehenden Husten berichten.
Insbesondere wenn der Husten über einen Zeitraum von über acht Wochen besteht, sollten die Alarmglocken schrillen.
Verlauf kann verlangsamt oder gestoppt werden
Ein einfacher Lungenfunktionstest, eine sogenannte Spirometrie, kann erste wertvolle Aufschlüsse über das mögliche Vorliegen einer COPD geben.
Die Erkrankung sollte unbedingt bereits dann diagnostiziert und behandelt werden, wenn die Symptome klinisch noch keine massive Ausprägung haben. Also wenn der Patient zwar bereits erkrankt ist, aber die Symptome durch Vermeidungsstrategien – auch vor sich selbst – noch ‚verstecken‘ kann.
Denn: Je früher COPD erkannt und je individualisierter therapiert wird, umso günstiger ist der Verlauf. COPD kann zwar nicht geheilt, aber der Verlauf verlangsamt beziehungsweise gestoppt werden.
Hauptrisikofaktor Rauchen
Zwar sind teilweise auch Nichtraucher betroffen, doch: „Rauchen ist mit Abstand der größte Risikofaktor für das Entstehen einer COPD. Die Mehrzahl aller COPD-Patienten sind aktive oder ehemalige Raucher“, erklärte der Lungenspezialist Lamprecht.
„Im Tabakrauch finden sich zahlreiche Substanzen, die Entzündungsreaktionen verursachen, die das Lungengewebe schädigen“, sagte der Mediziner.
„Dadurch wird einerseits die Produktion von Bronchialschleim verstärkt und andererseits der Selbstreinigungsmechanismus der Atemwege beeinträchtigt: Fremdstoffe können nicht mehr ausreichend abtransportiert werden, das Lungengewebe wird zusätzlich geschädigt“, so der Experte.
„Aber: Nicht nur Aktiv- sondern auch Passivrauchen kann zu COPD führen!“
Personen aus Risikogruppen sollten ab dem 50. Lebensjahr zum Lungenfacharzt
Weitere Risikofaktoren sind: vermehrte Atemwegserkrankungen in der Kindheit, Feinstaubbelastung beispielsweise durch Verkehr und Industrie sowie andere Schadstoffe aus Luft- und Umweltverschmutzung.
Oder auch Belastungen am Arbeitsplatz (zum Beispiel Chemikalien in der Kunststoffindustrie oder in Autolackierereien, Staubbelastung auf Baustellen, in Viehställen, im Bergbau sowie bei Schweiß- und Feuerlöscharbeiten etc.).
Menschen, die an einer schweren, seltenen Erberkrankung leiden, dem sogenannten Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, sind ebenfalls hochgradig COPD-gefährdet.
„Wer zu einer Risikogruppe gehört, sollte, auch wenn er nicht an chronischem Husten leidet, spätestens ab dem 50. Lebensjahr beim Lungenfacharzt abklären lassen, ob eine COPD vorliegt.“
COPD zieht den gesamten Körper in Mitleidenschaft
„COPD kann auch mit anderen Erkrankungen der Lunge ‚vergesellschaftet‘ sein. So treten bei COPD-Patienten häufiger als bei lungengesunden Gleichaltrigen Lungenkrebs, Lungenfibrose, Lungenhochdruck und Atemstörungen während des Schlafes auf“, erläuterte Lamprecht.
In weiterer Folge zieht die Krankheit den gesamten Körper in Mitleidenschaft: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Osteoporose, aber auch Blutarmut, Muskelabbau und Gewichtsverlust zählen zu den Folgen einer COPD.
„Auch psychische Erkrankungen, vor allem Angstzustände und Depressionen, die mit der Schwere der Erkrankung zunehmen, sind ein häufiger Begleiter der COPD und beeinträchtigen die Lebensqualität zusätzlich schwer“, so Lamprecht.
Vor allem im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung, in dem Patienten mit schwerer Atemnot zu kämpfen haben und permanent Sauerstoff mittels „Nasenbrille“ zugeführt bekommen müssen.
Auch wenn die modernen mobilen Sauerstoffgeräte ein enormer Fortschritt gegenüber früher sind, leiden die Patienten unter der Einschränkung ihres Bewegungs- und Aktionsradius. Dies führt sie oftmals in soziale Isolation.
„Nasenbrille und Sauerstofftherapie zeigen sofort, dass es sich um einen schwerkranken Menschen handelt. Und alleine das empfinden viele Betroffene als sehr belastend und stigmatisierend“, sagte Lamprecht.
Erhöhte Lebensqualität der Patienten
Österreichs Lungenfachärzte haben aber auch eine gute Nachricht: Dank einer besseren Kenntnis der verschiedenen Ausprägungsformen der COPD, neuer Erkenntnisse und eines tieferen Verständnisses der komplexen Zusammenhänge dieser Erkrankung, moderner diagnostischer Möglichkeiten sowie neuer Medikamente und Begleittherapien können COPD-Patienten heute viel besser und mit deutlich weniger Nebenwirkungen behandelt werden als früher.
„Menschen, die an COPD leiden, haben zwar dieselben Symptome, aber unterschiedliche Ausprägungsformen der Erkrankung“, erklärte Lamprecht.
„Und genau diese gilt es nun zu erkennen. Die ‚richtige Therapie‘ muss bei der ‚richtigen Ausprägung‘ zum Einsatz kommen. Und das gelingt uns heute immer besser.“
Die verschiedenen therapeutischen Möglichkeiten, wie inhalative Medikamente, Sauerstofftherapie, nicht-invasive Atemunterstützung, Ventile zur Reduktion der Lungenüberblähung usw. können heute also zunehmend gezielt dort eingesetzt werden, wo sie den meisten Erfolg bringen.
Dadurch wird wertvolle Zeit gewonnen, Nebenwirkungen werden vermieden und Kosten gespart. Und ganz wesentlich: Die Lebensqualität der Patienten wird deutlich erhöht. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.