Psychologe berichtet über die verschiedenen Formen der Lüge
„Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten“, heißt es bereits in den zehn Geboten. Lügen ist offenbar schon seit Anbeginn der Menschheit ein Thema. Am ersten April wird traditionell ein Auge zugedrückt, wenn man zur allgemeinen Belustigung Unwahrheiten verbreitet. Doch gelogen wird das ganze Jahr und aus den unterschiedlichsten Gründen. Warum wir so gerne lügen, erklärt ein Psychologe, der sich auf die Lügenforschung spezialisiert hat.
Dr. Philipp Gerlach ist Psychologe und Dozent an der Hochschule Fresenius in Hamburg. Er arbeitete an der Studie „The truth about lies“ (die Wahrheit über Lügen) mit, die kürzlich in dem Fachjournal Psychological Bulletin erschienen ist. Der Psychologe gibt Auskunft über die verschiedenen Arten des Lügens und er verrät, welches Geschlecht sich öfter der Lüge bedient.
Lügen aus Schadensfreude
Wie der Lügenforscher berichtet, geschieht eine Form der Lüge aus Schadensfreude heraus. Bei dieser Lügenart werden gezielt Unwahrheiten verbreitet, um andere Menschen an der Nase herumzuführen oder in eine unangenehme Situation zu bringen, um sich an der Reaktion des Betroffenen zu erfreuen. Der Aprilscherz nehme hier eine besondere Stellung ein, da er gesellschaftlich akzeptiert ist und vom Lügenden in der Regel selbst aufgeklärt wird, was bei anderen Lügen eher unfreiwillig geschieht und oft mit Nachteilen für den Lügenden verbunden ist.
Schwarze Lügen
Eine weitere Form der Lüge geschieht aus dem persönlichen Profit heraus – meist aus betrügerischer Absicht und zu Lasten anderer Menschen. Diese Art der Lüge wird in der Psychologe „Schwarze Lüge“ genannt. Laut Dr. Gerlach stellen solche Lügen oft eine große Versuchung dar. Auf der einen Seite stehe die Wahrheit ohne persönliche Vorteile und auf der anderen die Lüge, die häufig mit einem Profit beispielsweise in Form von Geld oder sozialer Anerkennung verbunden ist.
Lügen haben kurze Beine
„Normalerweise birgt jede Lüge aber auch das Risiko aufzufliegen“, berichtet der Psychologe in einer Pressemitteilung. Langfristig sei es besser, wenn man seinen guten Ruf als ehrlicher Mensch behalte. Kurzfristig geschehe es aber schnell, dass man der Versuchung des schnellen Profits nicht widerstehen kann.
Weiße Lügen
Neben den Lügen aus Schadensfreude und den schwarzen Lügen zur persönlichen Bereicherung gebe es auch noch die sogenannte „Weiße Lüge“, die im Volksmund oft als Notlüge bezeichnet wird. Bei dieser Lüge profitieren oft beide Seiten. Dr. Gerlach nennt ein Beispiel: „Nehmen wir an, Sie hatten heute so einen richtig miesen Tag und beim Einkaufen fragt die Kassiererin dann, wie es Ihnen geht.“ In der Regel antworten die meisten Menschen mit „gut“ oder „okay“, obwohl dies in dem Fall eine Lüge ist. Hierdurch erspart sich der Lügende eine lästige oder zu persönliche Unterhaltung, was in den meisten Fällen auch im Sinne des Gegenübers ist. Im Gegensatz zur schwarzen Lügen sei diese Art des Lügens gesellschaftlich akzeptiert.
Wer lügt häufiger – Männer oder Frauen?
„Wir haben Lügen in 565 Experimenten mit über 44.000 Teilnehmenden untersucht“, berichtet der Psychologe. Im Schnitt hätten sich die Männer häufiger der „schwarzen Lügen“ bedient als Frauen. Der Unterschied wäre zwar nicht so wahnsinnig groß, aber dafür eindeutig und über viele Experimente hinweg zu finden, so der Lügenforscher. Den Grund dafür vermutet der Psychologe in der erhöhten Risikobereitschaft des Mannes. Eine weitere mögliche Erklärung sei, dass Frauen oft prosozialer sind. Gerlach beruft sich auf eine Studie, die gezeigt hat, dass Frauen insbesondere dann Lügen scheuen, wenn abzusehen ist, dass andere Menschen unter den Folgen ihrer Lüge leiden werden. „Diese beiden Erklärungen sind aber reine Spekulationen“, betont der Psychologe. (vb)
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