Blutplättchen tragen entscheidend zu Fettleber und Leberkrebs bei
Bis vor kurzem waren Blutplättchen, in der Fachsprache Thrombozyten genannt, ausschließlich als Garanten für Blutgerinnung und Wundheilung bekannt. Doch Forscher konnten nun zeigen, dass diese kleinsten Zellen des Blutes auch entscheidend an der Entstehung der Fettleber, der nicht-alkoholischen Fettleberentzündung und von Leberkrebs beteiligt sind.
Keine wirkungsvolle medikamentöse Therapie
Gesundheitsexperten zufolge zählt die nicht-alkoholbedingte Fettleber zu den häufigsten chronischen Lebererkrankungen in westlichen Industrienationen und nimmt auch in Schwellenländern rasant zu. Rund ein Drittel der Deutschen ist davon betroffen. Eine wirkungsvolle medikamentöse Therapie gibt es derzeit noch nicht. Dennoch kann jeder selbst etwas dagegen tun. Da die Erkrankung häufig durch Bewegungsmangel und ungesunde Ernährung ausgelöst wird, werden zur Behandlung in der Regel eine Ernährungsumstellung und mehr Bewegung empfohlen.
Risikofaktoren für Fettleber
Als wichtigste Risikofaktoren für die Fettleber gelten Übergewicht – vor allem im Zusammenhang mit übermäßiger Fettablagerung im Bauchraum – sowie Diabetes Typ-2.
Doch Ernährung und Bewegungsmangel sind nur ein Aspekt des Geschehens, wie ein Forscherteam um Mathias Heikenwälder im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) gemeinsam mit Kollegen um Achim Weber vom Universitätsspital und von der Universität Zürich herausgefunden hat.
Denn damit sich eine Fettleber zu einer Entzündung auswächst, müssen bestimmte Immunzellen in die Leber einwandern. Doch was lockt sie an?
„Wir haben nun erstmals gezeigt, dass hierbei Blutplättchen eine entscheidende Rolle spielen“, erklärte Heikenwälder in einer Mitteilung.
Blutplättchen als Garanten für Blutgerinnung und Wundheilung bekannt
Blutplättchen, in der Fachsprache Thrombozyten genannt, sind die kleinsten Zellen des Blutes. Bis vor kurzem waren sie ausschließlich als Garanten für Blutgerinnung und Wundheilung bekannt.
Doch Forscher entdecken zunehmend, dass sie an zahlreichen krankhaften Prozessen und auch an der Krebsentstehung beteiligt sind.
So zeigten Heikenwälder und Kollegen nun, dass bei Mäusen, die eine fettreiche Diät erhalten, vermehrt Blutplättchen in der Leber zu finden sind. Ähnliches beobachteten sie auch bei Menschen mit nicht-alkoholbedingter Fettleber.
Die Ergebnisse der Studie wurden vor kurzem im Fachblatt „Nature Medicine“ veröffentlicht.
Leberentzündung schwächte sich ab
Wurden die Mäuse zusätzlich zu ihrer fetthaltigen Kost über einen Zeitraum von zwölf Monaten mit den Gerinnungshemmern Aspirin und Clopidogrel behandelt, die auch auf die Blutplättchen einwirken, reduzierte sich sowohl die Zahl der eingewanderten Blutplättchen als auch die Zahl der entzündlichen Immunzellen in der Leber.
Denselben Effekt erzielten die Forscher, wenn sie ihren Versuchstieren einen anderen Blutverdünner verabreichten, der spezifisch nur die Funktion der Blutplättchen hemmt (Ticagrelor).
„Die Mäuse wurden zwar übergewichtig, bekamen aber keine Fettleber und keinen Leberkrebs“, erläuterte Heikenwälder.
Als verantwortlich dafür, Blutplättchen in die Leber zu locken, identifizierten die Forscher Kupffer-Zellen, spezielle Fresszellen (Makrophagen) der Leber.
Außerdem scheint eine entscheidende Rolle zu spielen, dass die eingewanderten Blutplättchen an die Kupffer-Zellen der Leber andocken. Dies kann über zwei verschiedene molekulare „Andockstellen“ passieren.
Laut den Experten spielt das Glykoprotein GPIbα auf der Oberfläche der Blutplättchen eine besonders wichtige Rolle bei diesem Andockmanöver.
Blockierten die Wissenschaftler GPIbα mit einem Antikörper, so ging in der Leber die Zahl jener Botenstoffe zurück, die entzündliche Immunzellen anlocken. In der Folge schwächte sich auch die Leberentzündung ab.
Neue Ansätze für die Therapie der Erkrankung
Das Forscherteam ist mit seiner Arbeit nicht nur einem besseren Verständnis der Fettleber auf der Spur. „Aus unseren Ergebnissen wollen wir nun neue Ansätze für die Therapie der Fettleber entwickeln, was wir an den Mäusen bereits gezeigt haben“, sagte Heikenwälder.
So sei es denkbar, die Zahl der aktiven Blutplättchen in der Fettleber zu senken oder ihr Anheften und damit das Rekrutieren von entzündlichen Immunzellen zu verhindern. Dies ließe sich beispielsweise durch Gerinnungshemmer oder Antikörper gegen GPIbα erreichen.
In einer Pilotstudie haben die Wissenschaftler festgestellt: Wenn Menschen mit einer Fettleber mit Blutverdünnern behandelt werden, geht der Fettanteil in der Leber zurück, ebenso wie die Größe des Organs.
Heikenwälder hat die Vision, die Leber als zentrales Organ für den Stoffwechsel gezielt zu beeinflussen und zu schützen.
„Wenn es uns gelingt, den Kreislauf von entzündlichen Prozessen zu durchbrechen, können wir betroffenen Menschen helfen, ihr Risiko für Fettleber-induzierten Leberkrebs zu senken.“
Auswirkungen auf den gesamten Stoffwechsel
Wie das DKFZ in der Mitteilung erklärt, kommt es bei einer Fettleber vermehrt zur Fetteinlagerung in Leberzellen. Betroffene bemerken das zunächst meist nicht, es ist aber alles andere als harmlos.
Denn aus einer Fettleber kann sich eine Leberentzündung mit krankhaften Veränderungen entwickeln, die sogenannte nicht-alkoholbedingte Steatohepatitis (NASH), die wiederum in einer Leberzirrhose münden kann.
Dabei gehen die Zellen des Stoffwechselorgans zugrunde, die Leber vernarbt und schrumpft, bis sie nicht mehr in der Lage ist, ihre Aufgabe zu erfüllen. Gleichzeitig wächst das Risiko für Leberkrebs.
Zudem wirkt sich die Fettleber auf den gesamten Stoffwechsel aus, und erhöht die Gefahr für Diabetes Typ-2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.