Das Ärzteteam ist lange ratlos bei diesem Krankheitsverlauf
Ein 14-Jähriger Junge aus den USA, der lieber anonym bleiben möchte, war bis zu seinem 14. Lebensjahr gesund und unauffällig. Er war sehr sportlich, intelligent und spielte am Schultheater mit. Doch plötzlich änderte sich alles in seinem Leben. Begonnen hat die Leidensgeschichte mit dem auftretendem Gefühl der Überforderung und der inneren Unruhe. Die Entwicklung des Krankheitsverlaufs ging über psychische Probleme bis hin zu Mordgedanken. Sein Haustier spielt dabei eine größere Rolle, als das behandelnde Ärzteteam anfangs annahm.
Ein ganz normaler Teenager
Der amerikanische Junge ist bis zum Ausbruch seiner rätselhaften Krankheitsgeschichte ein eher überdurchschnittlich intelligenter Teenager, der sogar eine Schule für Hochbegabte besucht. Er nimmt regelmäßig an Geschichts- und Geografiewettbewerben teil, treibt Sport und spielt zudem auch noch eine Hauptrolle im Schultheater.
Erste Behandlung der geheimnisvollen Erkrankung
Von dem Tag an, der alles im Leben des Jugendlichen verändern sollte, entwickelte er plötzlich massive psychische Probleme, war unentwegt stark verwirrt, unruhig, überfordert und auch niedergeschlagen. Er bezeichnete sich selbst als Sohn des Teufels und hatte starke suizidale Gedanken – aus wahnsinniger Angst vor sich selbst. Seine Mordgedanken gingen so weit, dass er auch umsorgende Menschen seines direkten Umfeldes ermorden wollte.
Schließlich bringen seine Eltern ihn in eine Notaufnahme und das behandelnde Ärzteteam verschrieb umgehend ein bekanntes Medikament namens Aripiprazol zur Behandlung von Schizophrenie. Nach einer Woche im Krankenhaus wurde der Junge wieder entlassen, ohne die Mord- oder Suizidgedanken die er hatte. Leicht verstört wirkt er dennoch.
Die ersten Anzeichen schon mit neun Jahren
Die Mediziner erfahren von den Eltern des Jungen, dass in der Familie psychische Krankheiten nicht selten sind. Mit neun Jahren litt der Junge schon einmal an einer depressiven Erkrankung, weil er in seiner damaligen Schule unterfordert war. Der damals Neunjährige wurde zusätzlich noch von seinen Mitschülern gemobbt, er war zwar überdurchschnittlich intelligent aber sozial völlig unbeholfen.
Durch einen Schulwechsel an eine wesentlich kleinere Schule für hochbegabte Kinder verschwanden die Probleme jedoch. Parallel wurde er mit einem Antidepressivum behandelt. Nach einem Jahr konnte das Medikament wieder abgesetzt werden, berichten die Mediziner in dem renomierten Journal of Central Nervous System Disease von dem Fall.
Die Symptome werden immer stärker
Im Alter von 14 Jahren verschlechterte sich sein Zustand jedoch zunehmend. Einige Wochen nach seinem einwöchigen Aufenthalt im Krankenhaus treten irrationale Ängste auf, er bekommt Halluzinationen und unvorhersehbare Wutausbrüche. Weiter definieren starke Wahnvorstellungen seine Gedanken, in denen er außergewöhnliche Kräfte hat. Selbst der Hauskatze unterstellt er, dass diese ihn töten will. Zudem weigert er sich immer häufiger das Haus zu verlassen, was dazu führte, dass seine Eltern ihn aus der Schule nehmen mussten.
Wutausbrüche und Ängste definieren immer stärker den Alltag
Der 14-jährige Junge lebt in einer ländlichen Gegend Amerikas, genoss also ein sehr naturverbundenes Leben mit Wanderungen, Gärtnern und dem Pflegen der Tiere des hauseigenen Zoos. Einige Monate nach dem Ausbruch der Krankheit kündigte seine Mutter ihren Job, um mehr Zeit für den Jungen zu haben. Parallel versuchen seine Ärzte und Ärztinnen die Probleme mit den verschiedensten Medikamenten in den Griff zu bekommen. Sie verordnen dem Jungen Antidepressiva, Benzodiazepine, Antipsychotika – oft in Kombination. Doch die Probleme bleiben weiterhin bestehen.
Elf-Wöchiger Krankenhausaufenthalt lieferte keine Ergebnisse
Nach Monaten der Ratlosigkeit verschlechtert sich sein Zustand immer deutlicher und seine Eltern bringen den Jugendlichen erneut ins Krankenhaus. Diesmal verbringt er dort elf Wochen, in denen die Mediziner ihn von Kopf bis Fuß durchleuchten. Vom Scannen des Gehirns bis zu Blutuntersuchungen und dem Beobachten seiner Nervenzellen, aber vergebens. Kein Test konnte eindeutige Ergebnisse liefern.
Auftretende Streifen auf der Haut
Als ihr Sohn nach Hause zurückkehrt, fällt den Eltern auf, dass Rötungen seine Haut überziehen, die wie Schwangerschafts- oder Dehnungsstreifen aussehen.
Nach langem Leidensweg – endlich eine Diagnose
Wieder weitere Wochen später bringen die Streifen einen Mediziner auf die entscheidende Idee. Die Rötungen verlaufen nicht wie typische Dehnungsstreifen an Stellen, an denen die Haut unter Spannung steht. Sie haben sich stattdessen auf den Oberschenkeln und in den Achselhöhlen gebildet. Zusätzlich ist die Farbe ungewöhnlich.
Statt auf einen Wachstumsschub oder Gewichtsschwankungen hinzudeuten, sind die Streifen typisch für eine andere, sehr seltene Erkrankung, eine Neurobartonellose, bei der sich Bakterien auf die Nerven auswirken. Die Erreger (Bartonella Henselae) werden durch Bisse und Kratzen von Katzen übertragen. Die Diagnose passt zu den Erlebnissen des Jungen. Bevor die Probleme einsetzten, hatten ihn zwei von der Familie adoptierte Katzen angefallen.
Zwei Jahre und unzählige Medikamente später
Die Mediziner verordnen daraufhin dem Jungen ein Antibiotikum. Trotzdem finden sich auch zwei Monate später noch Spuren der Bakterien im Blut des Jungen. Erst mit vier weiteren Antibiotika schlägt die Behandlung letztendlich an. Seine psychischen Probleme verschwinden, auch die Hautstreifen bilden sich zurück. Nach und nach können die neurologischen Medikamente abgesetzt werden. Mehr als ein halbes Jahr später finden sich in seinem Körper auch keine Bakterien mehr.
Nach langer Pause kann der mittlerweile 16-Jährige an seine alte Schule zurückkehren, wo er schnell wieder beste Leistungen erreicht. Ihr Kind sei wieder komplett gesund, berichten die Eltern. Seit seinen ersten Mordgedanken sind zu diesem Zeitpunkt fast zwei Jahre verstrichen, in denen der Junge 27 verschiedene Medikamente genommen hat.
Katzenkratzer müssen immer gereinigt werden
Infektionen mit Bartonella Henselae sind tückisch. Deswegen sollen Kratzwunden von Katzen immer mit Wasser und Seife ausgewaschen werden – und am besten desinfiziert werden. Selbst wenn sie wie bei dem amerikanischem Teenager die Blutbahn erreichen, bleiben typische Anzeichen einer bakteriellen Erkrankung meist aus. Hinzu kommt, dass über den neurologischen Verlauf der Krankheit nur wenig bekannt ist, weil es bisher kaum protokollierte Fälle gibt. Dass der Junge so starke Probleme entwickelt hat, könnte mit einer genetischen Veranlagung zusammenhängen, vermuten die Mediziner. (fm)
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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.