Mit Aktivkohle versetzte Lebensmittel nicht bei Medikamenteneinnahme konsumieren
Immer wieder werden Nahrungsmittel, die mit Aktivkohle versetzt sind, als gesundheitsfördernd angepriesen. Doch Experten empfehlen, die schwarzen Lebensmittel lieber zu meiden. Vor allem Personen, die Medikamente einnehmen, sollten besser die Finger davon lassen.
Schwarze Lebensmittel liegen im Trend
Burgerbrötchen, Pizzen, Nudeln oder gar Wasser – schwarze Lebensmittel liegen im Trend, gerade bei jungen Menschen. Für die Färbung sorgen Zusatzmittel wie beispielsweise Aktivkohle, ein Stoff der als naturbelassen und gesundheitsfördernd angepriesen wird. Er soll den Körper entschlacken, Haut und Haare entgiften und die Zähne bleichen. Studierende der Hochschule Biberach wollten nun genauer wissen, was schwarze Nahrungsmittel tatsächlich im menschlichen Körper bewirken, etwa im Zusammenhang mit der Einnahme von Medikamenten.
Wirksam bei Durchfallerkrankungen
Aktivkohle entsteht bei der Teilverbrennung von kohlenstoffhaltigen Ausgangsmaterialien wie beispielsweise Holz, Torf oder den Schalen von Kokosnüssen.
In Lebensmitteln ist sie als Zusatzstoff Pflanzenkohle bzw. E 153 zugelassen.
Das besondere an Aktivkohle ist, dass sie Stoffe an sich bindet. Aufgrund dieser Eigenschaft sind Kohletabletten ein wirksames Mittel bei Durchfallerkrankungen und Vergiftungen.
Die Kohle adsorbiert Schadstoffe, Viren, Bakterien sowie deren Toxine. Der Körper scheidet die an die Aktivkohle gebundenen Schadstoffe über den Darm aus.
Vitamine und Mineralstoffe stehen nicht mehr zur Verfügung
Wegen dieser adsorbierenden Wirkung werden beispielsweise schwarze Smoothies mit einem Detox-Effekt beworben.
Allerdings gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Aktivkohle in Lebensmitteln entgiftend wirkt.
Im Gegenteil: Laut Verbraucherschützern ist Aktivkohle in Lebensmitteln nicht unproblematisch.
„Sie bindet nicht nur Giftstoffe sondern auch wertvolle Vitamine, Mineralstoffe oder sekundäre Pflanzenstoffe, die dem Körper dann nicht mehr zur Verfügung stehen“, erklärte Gisela Horlemann, Ernährungsexpertin beim VerbraucherService Bayern im KDFB e.V. (VSB) in einer älteren Mitteilung.
Zudem kann es zur Wirkbeeinträchtigung von Medikamenten kommen. Das hat auch ein Studententeam der Fakultät Biotechnologie der Hochschule Biberach festgestellt.
Eindeutige Experiment-Ergebnisse
Wie in einer Mitteilung der Hochschule erklärt wird, haben die Studierenden untersucht, was geschieht, wenn junge Frauen ein Verhütungsmittel wie die Pille zusammen mit dem schwarzen Trendgetränk schlucken.
Denn Aktivkohle hat eine sehr große, poröse Oberfläche und wird bei akuten Vergiftungen verabreicht, um die Giftstoffe zu binden.
Isabel Fouquet, Patrick Kopp, Iman Shrimo und Ramona Walder stellten sich die Frage: Trifft dieser Mechanismus auch auf die Minipille und den darin enthaltenden Werkstoff Desogestrel zu? Beeinträchtigt Aktivkohle also die empfängnisverhütende Wirkung?
Laut der Mitteilung sind die Ergebnisse ihres Experiments eindeutig – und „absolut relevant für die Öffentlichkeit“, wie die betreuende Professorin Dr. Katharina Zimmermann sagt.
Die Wissenschaftlerin rät: „Finger weg von mit Aktivkohle versetzten Lebensmitteln, wenn gleichzeitig Medikamente eingenommen werden.“
Keine Wirkung mehr
Die vier Studierenden recherchierten zunächst, dass mindestens 80 Prozent des Wirkstoffs für eine verhütende Wirkung aufgenommen werden müssen.
Anschließend untersuchten die jungen Forschenden, ob sich die Pille nach der Einnahme kleiner Mengen schwarzen Wassers überhaupt noch nachweisen lässt und eine ausreichende Menge Desogestrel für die empfängnisverhütende Wirkung zur Verfügung steht.
Den Angaben zufolge wurde bei der Testreihe eine handelsübliche Tablette mit 75 Mikrogramm Desogestrel in 50 Milliliter schwarzem Wasser aufgelöst und die Menge an freiem Wirkstoff, der nicht an Aktivkohle gebunden ist, bestimmt.
Als Gegenprobe wurde der gleiche Versuch mit reinem Wasser durchgeführt. Dabei zeigte sich: Wenn das Medikament in reinem Wasser aufgelöst wird, ist der Wirkstoff sehr gut nachweisbar.
Doch bei den Proben, die in mit Aktivkohle versetztem Wasser aufgelöst wurden, konnte kein freier Wirkstoff nachgewiesen werden: Die verbleibende Menge lag unterhalb der Nachweisgrenze und damit natürlich auch unterhalb der Menge, die für die verhütende Wirkung notwendig ist.
Ernsthafte Problematik aufgedeckt
Die Biotechnologen hatten zwar damit gerechnet, dass weniger Wirkstoff nachweisbar sein würde, schließlich ist ihnen die Wirkung von Aktivkohle bekannt.
„Allerdings haben wir nicht erwartet, dass kein Desogestrel mehr nachweisbar ist“, so Isabel Fouquet.
„Mit ihrem Experiment haben die Studierenden eine sehr ernsthafte Problematik aufgedeckt, die für sämtliche gleichzeitig eingenommene Medikamente, eventuell sogar für Vitamine eine Rolle zu spielen scheint“, sagt Professorin Zimmermann.
Anwendung in der Medizin
In der Medizin wird Aktivkohle bei Vergiftungen sowie bei Magen-Darm-Problemen eingesetzt, weshalb sie auch in anderen Zusammenhängen als „entgiftend“ beworben wird. Das Problem dabei: Aktivkohle wirkt nicht stoffspezifisch. „Es werden nicht nur Giftstoffe gebunden, sondern auch andere wichtige im Lebensmittel vorhandene Inhaltsstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe“, warnt auch Tabea Dorendorf, Referat Lebensmittel der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.