Studie untersucht die Sexualität im Alter
Hört das Verlangen auf Sex im höheren Alter auf? Lange Zeit war diese Frage ein Tabuthema. Zwar fragen sich durchaus viele junge Menschen, wie sich ihre Sexualität wohl im Alter verändern wird, doch mit älteren Menschen offen über das Thema reden, bleibt ausgeschlossen. Eine neue Studie hat jetzt versucht, dass Sexualverhalten im Alter objektiv zu analysieren und hierbei auch Zusammenhänge mit der Gesundheit herzustellen. Die Ergebnisse dürften für viele Menschen durchaus überraschend sein.
Vermutlich möchte niemand gerne mit Oma und Opa über ihr Sexleben diskutieren und auch deren Wunsch, sich hierüber mit anderen auszutauschen, dürfte in den meisten Fällen eher begrenzt sein. So ist es nicht verwunderlich, dass Sex im Alter bis heute ein Tabuthema bildet. Eine aktuelle Studie von Forschenden der Humboldt-Universität Berlin, der Charité – Universitätsmedizin Berlin, des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung (MPIB) und des Sozio-oekonomische Panels (SOEP) hat dieses Thema nun wissenschaftlich beleuchtet. Die Ergebnisse der Studie wurden in dem Fachmagazin „Psychology and Aging“ veröffentlicht.
Sexualverhalten im Alter von 60 bis 80 Jahren untersucht
Bisher gibt es kaum Forschung zur Sexualität im Alter, obwohl lange bekannt ist, das Sex auch mit 90 Jahren etwas ganz normales ist. Das Forschungsteam um Erstautorin Karolina Kolodziejczak vom Institut für Psychologie der Humboldt-Universität hat nun die Daten von 1.514 Erwachsenen im Alter von 60 bis 82 Jahren aus der Berliner Altersstudie II (BASE-II) genutzt, um deren sexuelle Aktivität, ihre sexuellen Gedanken und ihre Intimität zu analysieren, berichtet die Humboldt-Universität in einer Pressemitteilung zu der aktuellen Untersuchung. Als Kontrollgruppe dienten 475 jüngere Erwachsenen im Alter von 22 bis 36 Jahren. Auch haben die Forschenden das Sexualverhalten mit Faktoren verglichen, welche mit dem gesunden Altern in Zusammenhang gebracht werden, wie zum Beispiel der körperlichen Fitness und der sozialen Einbettung der Probanden.
Viele ältere Menschen überdurchschnittlich sexuell aktiv
Die Datenauswertung machte deutlich, dass ältere Menschen im Durchschnitt sexual weniger aktiv sind und weniger sexuelle Gedanken als jüngere haben, berichten die Forschenden. Allerdings gebe es „im Erleben von Gefühlen, wie Intimität und Geborgenheit, zwischen Jung und Alt nur geringe Unterschiede.“ Und auch wenn der Durchschnitt der älteren Erwachsenen weniger sexuell aktiv sei, als die jungen, so gelte dies nicht für alle. Die individuellen Unterschiede sind den Forschenden zufolge äußerst ausprägt und fast ein Drittel der 60- bis 80-Jährigen habe angegeben, häufiger sexuell aktiv zu sein und häufiger sexuelle Gedanken zu haben als der Durchschnitt der 20- und 30-jährigen.
Erhebliche individuelle Unterschiede
Anhand der gewonnen Daten wird deutlich, dass es auch beim Thema Sex riesige Unterschiede im Leben älterer Menschen gibt, betont der Professor Dr. Denis Gerstorf, Sprecher der Berliner Altersstudie II. „Diese Unterschiede weiter zu beleuchten und die Rolle der Sexualität für das Wohlbefinden und gute Gesundheit im Alter zu untersuchen, wäre eine der nächsten Aufgaben“, so der Co-Autor der aktuellen Studie weiter.
Zwischenmenschliche Faktor im Alter besonders wichtig?
Besonders interessant sei auch, dass psychosoziale Faktoren für die Sexualität der älteren Studienteilnehmenden insgesamt eine größere Rolle spielten als körperliche, berichtet die Erstautorin Karolina Kolodziejczak. Die Bedeutung von psychischen und zwischenmenschlichen Faktoren für ein erfülltes Sexualleben im hohen Alter sei lange unterschätzt worden. „Dabei können diese entscheidend sein, solange körperliche Einschränkungen nicht im Wege stehen“, so Kolodziejczak. Welche Faktoren beim Sex im Alter noch von Bedeutung sind und welche Aussagen sich aus dem Sexualverhalten auf die Gesundheit ableiten lassen, müssen nun weitere Untersuchungen klären. (fp)
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Wichtiger Hinweis:
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