Krankheitserreger: Bestimmte Bakterien beeinflussen die Verbreitung von Legionellen
In den vergangenen Jahren wurde eine deutliche Zunahme von Legionellen-Infektionen registriert. Bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem können solche Erkrankungen tödlich verlaufen. Forscher haben nun einen neuen Faktor bei der Verbreitung der gefährlichen Bakterien entdeckt.
Behandlung der Erkrankung steht im Vordergrund
Bei einer bakteriellen Infektion steht zunächst immer die Behandlung der Erkrankung im Vordergrund. Doch woher kommen diese Krankheitserreger eigentlich und wo leben sie, wenn sie nicht im Zusammenhang mit einer Infektion in Erscheinung treten? Ein internationales Forscherteam um Matthias Horn vom Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft der Universität Wien hat dies am Beispiel eines Erregers von Lungenerkrankungen untersucht. Die Ergebnisse ihrer Studie wurden in der Fachzeitschrift „mBio“ veröffentlicht.
Legionellose kann lebensbedrohlich sein
Legionella pneumophila heißt der Erreger der Legionärskrankheit (Legionellose), einer atypischen Lungenentzündung, der für gesunde Menschen eher harmlos ist.
Bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem kann sie aber lebensbedrohlich sein, wie in einer Mitteilung erklärt wird.
Die Anzahl an Erkrankungen durch Legionellen ist in den 2000er Jahren weltweit stetig gestiegen.
„Seit Einführung der Legionellose-Meldepflicht im Jahr 2001 wurden kontinuierlich steigende Fallzahlen registriert, die sich in den vergangenen Jahren bei jährlich rund 600 Erkrankungen stabilisiert haben“, berichtet das Robert Koch-Institut (RKI).
Der letzte große Ausbruch in Europa ereignete sich im September 2018 in der italienischen Stadt Brescia. Damals erkrankten 400 Patienten an Lungenentzündung und wurden im Krankenhaus behandelt.
Mehrere Wochen krank
Bei Infizierten entwickeln sich sehr rasch Brust- und Kopfschmerzen, Husten, Schüttelfrost und hohes Fieber von 39 bis 40,5 Grad.
Es kann auch zu Benommenheit bis hin zu schweren Verwirrtheitszuständen kommen. Zudem treten gelegentlich Bauchschmerzen mit Durchfall und Erbrechen auf.
Die Lungenentzündung verläuft häufig schwer und dauert rund vier Wochen. Dass sie auch tödlich verlaufen kann, zeigt ein Fall aus Bremen, wo ein Mann an Legionellen gestorben ist.
Legionellen kommen auch in Wasserleitungssystemen vor
Der natürliche Lebensraum der Legionellen sind Sedimente von Seen und Flüssen, allerdings kommen sie auch in Wasserleitungssystemen vor.
„Dort vermehren sie sich in Einzellern, die sie anschließend zerstören“, so Matthias Horn vom neu gegründeten Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft, der gemeinsam mit seinem Team und Kollegen des renommierten Institut Pasteur und der University of Michigan das Leben der Legionellen in Einzellern untersucht hat.
„Genau diese Eigenschaft erlaubt Legionellen auch die Infektion des Menschen. Zur Erkrankung kommt es in der Regel erst nachdem sich Legionellen in Einzellern vermehrt haben“, erklärt der Experte.
Schutz vor Krankheitserregern
Mit der Fähigkeit in Einzellern zu überleben sind Legionellen aber nicht allein. Einzeller beherbergen oft andere Bakterien, die ihnen jedoch nicht schaden, sogenannte Endosymbionten.
Das Wissenschaftlerteam hat nun herausgefunden, dass diese Bakterien maßgeblich die Vermehrung und Verbreitung von Legionellen beeinflussen.
In zahlreichen Experimenten konnten die Forschenden nachweisen, dass Legionellen sich weniger gut in Amöben vermehren können, wenn diese Endosymbionten enthalten.
Erstaunlicherweise überleben dabei die meisten Amöben mit Endosymbionten die ansonsten letale Infektion mit Legionellen.
„Jene Bakterien, die sich vorher in Amöben mit Endosymbionten vermehrt hatten, waren deutlich weniger infektiös, konnten also weit weniger effizient neue Amöben attackieren“, erläutert Lena König, Erstautorin der Studie und Doktorandin am Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft.
Genexpression der Bakterien genauer angesehen
Um besser zu verstehen, was innerhalb von Amöben passiert, die zeitgleich Endosymbionten beherbergen und von Legionellen infiziert werden, haben sich die Experten die Genexpression beider Bakterien genauer angesehen.
„Die RNA-Sequenzierung erlaubt Rückschlüsse auf biologische Ereignisse, die sich innerhalb der Einzeller abspielen“, so Cecilia Wentrup, die als Postdoktorandin maßgeblich am Projekt beteiligt war.
„Dabei haben wir eine Erklärung für die Reduktion der Infektiosität der Legionellen gefunden. Diese scheinen nämlich den natürlichen Endosymbionten der Amöben in der Konkurrenz um Nährstoffe zu unterliegen, die beide von den Einzellern benötigen“, ergänzt König.
Die Folge: Legionellen vermehren sich langsamer und können für die Infektion von Amöbe und Mensch notwendige Faktoren nicht produzieren. Die Krankheitserreger sind beispielsweise nicht beweglich und es fehlen ihnen wichtige Speicherstoffe.
Wichtiger Faktor bei der Vermehrung und Verbreitung von Legionellen
Das Team machte noch eine weitere Beobachtung: der Wachstumsstopp funktionierte nicht nur mit den üblicherweise verwendeten Laborstämmen, sondern auch mit frisch aus der Umwelt gewonnenen Amöben, sowie mit kürzlich isolierten Legionellen.
Endosymbionten von Amöben sind also nicht nur unter Laborbedingungen, sondern vermutlich auch in der Umwelt ein wichtiger Faktor bei der Vermehrung und Verbreitung von Legionellen.
Dies erscheint vor allem deshalb interessant, weil die meisten Einzeller unter natürlichen Bedingungen bakterielle Symbionten tragen.
Wie es in der Mitteilung heißt, leistet die aktuelle Studie damit einen wichtigen Beitrag zu einem besseren Verständnis der Lebensweise dieser bakteriellen Krankheitserreger in der Umwelt. (ad)
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