Lebensstilveränderung ermöglicht Verzicht auf Medikamente bei Typ-2-Diabetes
Zwar wurde bis vor kurzem davon ausgegangen, dass Typ-2-Diabetes lebenslang mit Medikamenten beziehungsweise Insulin behandelt werden muss. Doch inzwischen ist bekannt, dass man die Erkrankung auch ohne Arzneimittel in den Griff bekommen kann. Ist die Stoffwechselkrankheit womöglich sogar heilbar?
Medikamente nehmen und Insulin spritzen
Weltweit leiden rund 425 Millionen Erwachsene an Diabetes mellitus. In Deutschland sind rund 7,6 Millionen Menschen zuckerkrank. 95 Prozent von ihnen sind an einem Typ-2-Diabetes erkrankt. Betroffene müssen in der Regel Arzneimittel einnehmen oder sich Insulin spritzen, Blutzucker messen und auf ihre Ernährung achten. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass Typ-2-Diabetes auch ohne Medikamente geheilt werden kann.
Zahl der Diabetiker wird weiter steigen
Wie die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) in einer Mitteilung berichtet, lassen Hochrechnungen aus den Daten der gesetzlichen Krankenversicherung eine Zunahme der Diabetes-Fälle um mehr als 50 Prozent innerhalb der nächsten 20 Jahre erwarten.
Forschende des Deutschen Diabetes Zentrums (DDZ) in Düsseldorf sowie des Robert Koch-Instituts (RKI) in Berlin prognostizieren, dass im Jahr 2040 bis zu zwölf Millionen Menschen in Deutschland von Typ-2-Diabetes betroffen sein könnten.
Schon jetzt werden hierzulande zwölf Prozent der Gesundheitsausgaben für die Behandlung der Stoffwechselerkrankung aufgewendet.
Angesichts dieser steigenden Zahlen diskutieren Experten international neben Maßnahmen zur Diabetes-Prävention auch die Möglichkeiten zur Remission oder gar Heilung.
Kalorienreduzierte Kost
„Bis vor kurzem wurde der Typ-2-Diabetes als eine chronisch fortschreitende Erkrankung angesehen, die aufgrund einer zunehmend versagenden Insulinproduktion letztlich lebenslang mit Medikamenten bzw. Insulin behandelt werden muss“, erklärt Professor Dr. Michael Roden, Kongresspräsident des Diabetes Kongresses 2019, der vom 29. Mai bis 1. Juni in Berlin stattfinden wird.
„Während die Insulintherapie für den Typ-1-Diabetes lebenslang erforderlich ist, gibt es aber nun zunehmend Hinweise, dass sowohl Lebensstilinterventionen als auch Bariatrische Chirurgie den Verzicht auf Medikamente bei Typ-2-Diabetes ermöglichen können.“
Ergebnisse der im Fachmagazin „Cell Metabolism“ veröffentlichten DiRECT-Studie zeigten, dass eine mittels Formula-Nahrung stark kalorienreduzierte Kost und die damit verbundene deutliche Gewichtsabnahme eine Remission des Typ-2-Diabetes ermöglichen könnten.
Verbesserung durch Gewichtsreduktion
An der britischen Studie von Wissenschaftlern der Newcastle University nahmen 298 übergewichtige Patienten teil. Der Hälfte der Probanden gelang es, ihren Blutglukosewerte wieder zu normalisieren und auf Medikamente zu verzichten.
Je mehr sie an Gewicht verloren, desto größer war der Behandlungserfolg: Bei Patienten, die mehr als 15 Kilogramm abnahmen, kam es bei etwa 85 Prozent zu einer Diabetes-Remission.
„Studienleiter Professor Roy Taylor von Universität Newcastle-Upon-Tyne wird auf dem Diabetes Kongress sein strukturiertes Gewichtsreduktionsprogramm darstellen“, so Professor Roden.
„Dabei werden wir auch diskutieren, warum sich nach zwei Jahren nur mehr etwa ein Drittel der Teilnehmer noch in Remission befanden und wie kosteneffizient das Programm ist“.
Eine Remission ist nicht gleichbedeutend mit einer Heilung
Eine andere zunehmend häufige angewandte Strategie ist die Bariatrische Chirurgie, deren Erfolge bei Typ-2-Diabetes Professor Francesco Rubino vom Kings College London erörtern wird.
Den Angaben zufolge sind derzeit der Magen-Bypass und die Sleeve-Gastrektomie sehr erfolgreiche Operationsmethoden, mittels denen bei stark übergewichtigen Betroffenen eine Normalisierung der Blutglukosewerte erreicht werden kann.
Bei beiden Operationstechniken wird der Magen verkleinert, beim Magen-Bypass zudem noch ein Teil des Dünndarms „ausgeschaltet“.
Allerdings ist eine Remission nicht gleichbedeutend mit einer Heilung.
„Remission ist definiert als nichtdiabetischer Zustand ohne glukosesenkende Medikamente – dieser kann eventuell nur vorübergehend sein“, erläutert Professor Roden, der auch Direktor der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikums Düsseldorf ist.
„Entscheidend für den Vergleich der verschiedenen Interventionen werden die langfristigen Erfolge und vor allem die Verhinderung beziehungsweise Verringerung von Diabetes-bedingten Folgeerkrankungen und Komplikationen sein.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.