Bewegungswissenschaftler bezweifelt die Effekte von Massagerollen
Dr. Christian Baumgart ist Bewegungs- und Trainingswissenschaftler. Im Rahmen einer Studie sammelte das Team um Baumgart wissenschaftliche Beweise zur Wirksamkeit der beliebten Faszienrollen, die auch als Foam-Rollen oder Massagerollen bezeichnet werden. Baumgarts erstes Fazit: „Es gibt viel Hype um die Rollen, jedoch wenig wissenschaftliche Evidenz!“
Ein Forschungsteam um Dr. rer. nat. Christian Baumgart der Bergischen Universität Wuppertal untersuchte die biomechanischen Effekte der Faszienrolle. Das sogenannte Foam Rolling wird vielfach zur Lockerung der Muskulatur und des Bindegewebes eingesetzt. Die Forschenden fanden in ihren Studien allerdings keine ausreichenden Beweise für die Wirksamkeit. Baumgart will die Ergebnisse seiner Studie auf dem Kongress der Orthopädisch-Traumatologischen Gesellschaft für Sportmedizin im Juni in Salzburg vorstellen.
Effekte von Faszienrollen waren in Tests nur geringfügig nachweisbar
In mehreren Tests konnten die Forschenden keine messbare Wirkung der Faszienrollen nachweisen. Beispielsweise sollten Studenten unter fachkundiger Anleitung die Massagerollen an den Beinen anwenden. Vor und nach der Übung wurde ihre vertikale Sprunghöhe gemessen. Es zeigte sich kein Effekt. Auch bei der Messung der Muskulaturspannung zeigte sich nach Angaben des Forschungsteams nur geringfügige Veränderungen. Zum Vergleich mussten die Studenten ein zehnminütiges Belastungstraining auf dem Fahrradergometer absolvieren. Im anschließenden Sprungtest schnitten die Teilnehmenden deutlich besser ab.
Faszienrollen aus wissenschaftlicher Sicht mit Vorsicht zu genießen
„Faszien sind sehr dünn, und die Wirkung einer reinen Kompression ist fraglich“, berichtet Baumgart in einer Pressemitteilung zu der Studie. Der Bewegungswissenschaftler rät zur Vorsicht. Langfristige Folgen und gesundheitliche Risiken könnten mitunter größer sein, wenn das intensive Rollen zum Beispiel Schäden an den Venenklappen verursacht. Auch ein negativer Effekt der Kompression von Haut, Unterhaut, Muskeln, faszialen Arealen und Knochen sei denkbar, aber bisher noch wenig untersucht.
Massagerollen können keine Profis ersetzen
Baumgart betont, dass das Foam Rolling keine manuellen Techniken zur Lockerung der Muskulatur ersetzen kann. „Ein Therapeut oder Masseur behandelt in der richtigen physiologischen Zugrichtung“, erklärt er. Dabei könne ein Profi merken, ob und was da im Inneren der Muskulatur spannt. Deshalb sei die Übertragung von Effekten physiotherapeutischer Anwendungen auf die Rolle fraglich. Die Wirkung klassischer Dehnmethoden sei häufig vergleichbar oder sogar besser.
Biomechanische Belastung bei Noppen zu hoch
In weiteren Untersuchungen wurde die biomechanischen Belastungen bei unterschiedlichen Rollentypen gemessen. Dabei stellten die Forschenden fest, dass bei Rollen mit harten Noppen ein vielfach höherer Spitzendruck entsteht. Beim Rollen über die Wade oder über den vorderen Oberschenkel wurde so eine durchschnittliche Belastung von 30 Prozent des Körpergewichtes gemessen. „Bei Menschen, die sich mit dem Rücken drauf legen und rollen, liegt diese Belastung um ein Vielfaches höher“, warnt Baumgart. Für weitere Informationen lesen Sie auch den Artikel: Gezieltes Faszientraining: Hype oder eine effektvolle Trainingsmethode? (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.