Warum wir ab 40 Jahren fortlaufend Muskeln abbauen
Bis Mitte 30 werden im Sport Höchstleistungen erbracht. Bei manchen Leuten kann dies auch bis zum 40. Lebensjahr anhalten. Spätestens dann setzt beim Menschen der Muskelschwund (Sarkopenie) ein. Von da an verlieren wir jährlich ein bis zwei Prozent unserer Muskelmasse. Ein deutsches Forschungsteam hat nun untersucht, wie man diesem Prozess am ehesten entgegenwirken kann und in welchen Sportarten man am längsten leistungsstark bleibt.
Forschende der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) haben das Phänomen des altersbedingten Muskelschwunds untersucht, von dem jeder Mensch spätestens ab dem 40. Lebensjahr betroffen ist. Aus umfangreichen Datensätzen über Seniorenwettkämpfe kristallisierte das Team die Sportarten heraus, in denen Menschen auch noch im hohen Lebensalter erstaunliche Leistungen erbringen. Die Ergebnisse wurden kürzlich auf dem 34. Jahreskongress der GOTS vorgestellt.
Manche Sportarten sind im Alter besser geeignet
Professor Dr. med. habil. Georg Neumann hat sich auf die Sportwissenschaften spezialisiert. Sein Team und er untersuchten kürzlich, in welchem Umfang die physiologische Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter abnimmt und welche Prozesse dafür hauptsächlich verantwortlich sind. Daraus leiteten die Forschenden die Sportarten ab, die uns am längsten fit halten und in denen wir auch im hohen Alter noch mithalten können.
Ab 40 Jahren gilt man unter sportlichem Gesichtspunkt als alt
„Bis Mitte, manchmal Ende 30 werden Rekorde erbracht“, berichtet Professor Neumann. Danach gelte man unter sportlichem Aspekt als „alt“. Ab diesem Zeitpunkt setzen Prozesse ein, denen man sich nach derzeitigem Stand der Medizin nicht entziehen kann. Der altersbedingte Muskelschwund führt ab rund 40 Jahren durchschnittlich zu einem Verlust von ein bis zwei Prozent an Muskelmasse pro Jahr. Bei Frauen verlaufe der Verlust oft schneller als bei Männern.
Welche Muskeln verschwinden am schnellsten?
Das Forschungsteam nahm den altersbedingten Muskelschwund genauer unter die Lupe. Es zeigte sich, dass vor allem die schnellen Muskelfasern zuerst verschwinden. Schnelle Muskelfasern werden vorwiegend bei hohem Kraftaufwand über kurze Zeit beansprucht, beispielsweise bei einem Gewichtstraining mit hohem Widerstand und niedriger Anzahl von Wiederholungen. Diese Muskelfasern werden mit zunehmendem Alter fortlaufend durch Fett- und Bindegewebseinlagerungen ersetzt. Mit 80 Jahren stehe dann nur noch ungefähr die Hälfte der aktiven Muskelmasse zu Verfügung.
Warum verlieren wir im Alter Muskelmasse?
Die genauen Ursachen für den Muskelschwund sind bislang nicht abschließend geklärt. Es gibt allerdings verschiedene Theorien zu dem Sachverhalt. „Forscher haben erkannt, dass sogenannte Telomere – die Endpunkte an den Chromosomen- sich mit zunehmendem Alter vermindern“, schreibt das GOTS-Team in einer Pressemitteilung. Neue Daten aus der Telomerenforschung hätten gezeigt, dass nur Ausdauertraining die Telomerenaktivität erhöht und die Länge der Telomeren positiv beeinflusst. Krafttraining habe sich in diesem Punkt als wirkungslos erwiesen.
In der Leichtathletik ist der Mensch am längsten leistungsfähig
Die analysierten Daten aus dem Senioren-Leistungsport unterstützen diese Theorie. In den Ausdauersportarten Marathon, Halbmarathon, 10.000 Meter-Lauf und beim Radsport erbrachten auch die älteren Damen und Herren noch erstaunliche Ergebnisse. Auch beim Speerwerfen, Weitsprung und Hochsprung waren die Leistungen vergleichsweise hoch. Die Forschenden berichten von einem einhundertjährigen Inder, der den Marathon in 8 Stunden und 25 Minuten absolvierte. Ein Franzose fuhr im Alter von 105 Jahren mit einem Rennrad eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 22,5 km/h.
Use it or lose it
Professor Neumann unterstreicht die Wichtigkeit des Trainings im Alter: „Das Gehirn gibt für Bewegungen einen Befehl an den Muskel.“ Im Anschluss müsse sich der Muskel um den Stoffwechsel, die Energiezufuhr, die Hormonen und um die Durchblutung kümmern. Zu diesem Zweck kommunizieren die Muskeln über Botenstoffe mit anderen Organen. Diese Botenstoffe werden Myokine genannt. Wie sich herausstellte, reduziert sich die Anzahl dieser Myokine auf ein Minimum, wenn ein Muskel nicht verwendet wird. In Folge verliere der Muskel an Effizienz. Dies sei beispielsweise auch der Grund, warum Astronauten nicht mehr stehen oder gehen können, wenn sie längere Zeit im All verbracht haben.
Diese Sportarten sind ideal für den Altersport
Aus den aktuellen Befunden leitet Neumann seine Empfehlungen für den Altersport ab. Er rät dazu, jede Woche 150 Minuten eine verletzungsarme Dauerbelastungen zu betreiben. Dies könne beispielsweise in Form von Joggen, Nordic Walking, schnellem Gehen, Schwimmen oder Radfahren geschehen. Auf diese Weise könne man die Effizienz der verbleibenden Muskeln am längsten aufrechterhalten. (vb)
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Wichtiger Hinweis:
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