Zähneknirschen verursacht weitreichende Gesundheitsschäden
Viele Menschen knirschen mit den Zähne, wobei dieses vermeintlich harmlose Verhalten durchaus weitreichende gesundheitliche Folgen haben kann. In einer neuen Behandlungsleitlinie wurden nun die verschiedenen Formen des Bruxismus (Zähneknirschen) und die entsprechenden Behandlungsansätze zusammengefasst.
Die Deutschen Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie (DGFDT) und die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e.V. (DGZMK) haben gemeinsam mit 30 weiteren Fachgesellschaften die erste Behandlungsleitlinie für das Zähneknirschen erarbeitet. Darin werden die verschiedenen Formen des Beschwerdebildes, die möglichen Folgen und Behandlungsstrategien dargelegt. „Diese Zusammenfassung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse auf abgesichertem Niveau ist ein Meilenstein und trägt zu mehr Sicherheit beim Umgang mit dem häufigen Phänomen Bruxismus bei“, so die Pressmitteilung der DGZMK.
Verschiedene Formen des Bruxismus
Bruxismus ist ein weit verbreitetes Beschwerdebild, wobei den Betroffenen oftmals nicht bewusst ist, dass sie zum Beispiel nachts mit den Zähnen knirschen. Erst wenn sich Symptome zeigen oder sie von ihrer Partnerin beziehungsweise ihrem Partner darauf hingewiesen werden, rückt der Bruxismus ins Bewusstsein. Dieser entsteht durch wiederholte Aktivität der Kaumuskulatur. „Diese Aktivitäten können rhythmisch verlaufen (phasischer Bruxismus) oder aber über einen gewissen Zeitraum andauern (tonischer Bruxismus)“, erläutern die Fachgesellschaften. Unterschieden werde auch, ob das Zähneknirschen im Wachzustand auftritt (Wachbruxismus) oder während des Schlafs (Schlafbruxismus).
Ein Fünftel der Bevölkerung betroffen
Insgesamt ist ein fünftel der Bevölkerung in Deutschland von einem Bruxismus betroffen, wobei dieser bereits mit dem Durchbruch der ersten Zähne beginnen kann, am häufigsten jedoch im zweiten bis dritten Lebensjahrzehnt auftritt. Anschließend nimmt die Verbreitung mit zunehmendem Alter eher wieder ab, so die Mitteilung der Fachgesellschaften. Wachbruxismus sei bei Erwachsenen häufiger als Schlafbruxismus und Männer und Frauen seien gleichermaßen betroffen.
Folgen des Zähneknirschens
„Das Zähneknirschen selbst wird nicht als Krankheit angesehen, es kann jedoch ernsthafte Folgen für die Gesundheit der Zähne, Kaumuskulatur und Kiefergelenke haben“, erläutert Prof. Dr. Ingrid Peroz von der Charité – Universitätsmedizin Berlin und Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie. Beispielsweise werde durch die Überbelastung der Zähne und durch den Abrieb von Zahnsubstanz eine überempfindlich Reaktion auf heiße, kalte, süße oder saure Lebensmittel ausgelöst.
Muskelbeschwerden und Schmerzen
Auch könne die Kaumuskulatur auf die wiederholten Aktivitäten mit Muskelbeschwerden reagieren, wobei die Regionen der Wange und der Schläfe am häufigsten betroffen seien. Schmerzen und morgendliche Muskelsteifigkeit seien mögliche Folgen. Des Weiteren könne die Anspannung der Kaumuskulatur zur Überlastung der Kiefergelenke führen, mit Symptomen wie Schmerzen im Bereich der Kiefergelenke (z. B. beim Kauen harter Speisen, bei weiter Kieferöffnung oder bei Seitwärtsbewegungen des Unterkiefers), Kiefergelenkgeräuschen oder blockierten Kiefergelenken.
Auch schützende Effekte
Neben Schädigungen an der Zahnhartsubstanz oder Funktionsstörungen im Kauorgan hat Zähneknirschen mitunter jedoch auch schützende Funktionen für die Gesundheit, berichten die Fachgesellschaften. So könne der Bruxismus schlafbezogenen Atmungsstörungen wie beispielsweise Schlafapnoe entgegenwirken, wobei die Muskelanspannungen die oberen Atemwege offenhalten. Auch Sodbrennen (Reflux) werde durch das Zähneknirschen gelindert, da die Speichelproduktion angeregt wird und dies die Säurewirkung reduziere.
Zwar sind die Ursachen für das Zähneknirschen bislang nicht eindeutig geklärt, doch wird bei folgenden Faktoren ein Zusammenhang vermutet:
- fehlerhafte Zahnkontakte,
- emotionaler Stress,
- Angststörungen,
- Schlafstörungen (z. B. Insomnie),
- Reflux,
- Nikotin-, Alkohol-, Koffein- und Drogenkonsum,
- Nebenwirkungen von Medikamenten,
- genetische Faktoren.
Ursachen des Bruxismus
Während beim Wachbruxismus eher psychologisch bedingte Faktoren wie beispielsweise emotionaler Stress betont werden, gilt der Schlafbruxismus eher als zentralnervöse Störung. Auch eine stressabbauende Funktion des Bruxismus wird laut Angaben der Fachgesellschaften noch diskutiert. Zudem seien gelegentlich durchgeführte wiederholte Muskelaktivitäten ein völlig harmloses Verhalten und häufig seien sich Betroffene dieser Muskelaktivitäten gar nicht bewusst.
Meist suchen Betroffene ärztliche Hilfe, weil sie von ihrer Familie oder ihrem Partner beziehungsweise ihrer Partnerin auf Knirschgeräusche im Schlaf aufmerksam gemacht werden oder weil sie nachts mit zusammengebissenen Zähnen aufwachen. Als typische Anzeichen seien Schäden und Abnutzungserscheinungen an den Zähnen, Schmerzen der Kaumuskulatur und kurzzeitige Schwierigkeiten bei der Mundöffnung zu nennen. Im Tagesverlauf auftretende Überempfindlichkeit der Zähne ergänze das Beschwerdebild.
Diagnose und Behandlung
Im Rahmen der klinischen Untersuchung erfolge zunächst eine Beurteilung der Kaumuskulatur und eine Bestandsaufnahme der verursachten Schäden an der Zahnhartsubstanz sowie eine Bewertung des Zahnabnutzungsgrades. Die anschließende Behandlung ziele darauf ab, die Zähne vor Abnutzung zu schützen, die Bruxismusaktivität zu reduzieren und die Schmerzen zu lindern. Neben Aufklärung und Beratung seien Schienen, Verhaltenstherapie und Biofeedback mögliche Schritte. Auch Botulinumtoxin-Injektionen (Botox-Injektionen) können laut den neuen Behandlungsleitlinien erwogen werden.
Ob eine zahnärztliche Behandlung aufgrund der Abnutzung der Zähne erfolgen muss, „hängt neben dem Grad der Abnutzung und der Anzahl der betroffenen Zähne auch vom Alter der Patienten, der Abnutzungsgeschwindigkeit und der Art der auslösenden Faktoren ab“, betonen die Fachgesellschaften. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.