Psychische Erkrankung: Was Menschen mit Angststörungen helfen kann
Fachleuten zufolge gehören Angststörungen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Etwa ein Viertel aller Menschen macht einmal im Leben eine solche Erkrankung durch. Eine Expertin erklärt, wie Angststörungen ausgelöst werden, was Betroffene tun können und wie man sich langfristig vor ihnen schützt.
Jeder Mensch kennt Angst
Das Herz schlägt schneller, der Atem wird flacher und nervöses Schwitzen setzt ein: Jeder Mensch ist hin und wieder ängstlich oder hat wirkliche Angst. Sie kann in bedrohlichen Situationen überlebensnotwendig sein, weil sie den Körper in Alarmbereitschaft versetzt, damit er schnell reagieren kann. „Wenn die Angst jedoch überhandnimmt, das heißt sehr lang, häufig oder ohne konkreten Anlass auftritt und die Betroffenen im alltäglichen, sozialen oder beruflichen Leben einschränkt, kann sie behandlungsbedürftig werden“, erklärt Professor Dr. Dr. Katharina Domschke vom Universitätsklinikum Freiburg in einer Mitteilung.
Mehr als zehn Millionen Deutsche sind betroffen
Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. „Etwa ein Viertel aller Menschen macht einmal im Leben eine solche seelische Erkrankung durch“, erklärt das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) auf dem Portal „Patienten-Information.de“.
In Deutschland sind laut Studien mehr als zehn Millionen Menschen betroffen.
Wie in der Mitteilung des Universitätsklinikums Freiburg erklärt wird, gibt es sehr unterschiedliche Formen von krankhaften Ängsten.
So wird von einer Phobie gesprochen, wenn Menschen sich unangemessen stark und lange vor einem bestimmten Objekt oder einer Situation fürchten, beispielsweise vor Spinnen, dem bevorstehenden Besuch beim Zahnarzt oder dem Vortrag vor Kollegen.
Eine weitere Form von Angst ist die sogenannte Panikstörung (auch Paniksyndrom genannt), bei der eine körperlich spürbare Angst die Betroffenen plötzlich und ohne äußerlichen Anlass übermannt.
„Diese Angstattacken können sehr heftig sein und bei den Patienten bis zur Todesangst führen, da sie zum Beispiel fürchten, einen Herzinfarkt zu erleiden“, so Domschke, die Ärztliche Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg ist.
Depressionen und Angststörungen treten oft zusammen auf
Auch die generalisierte Angststörung ist häufig. Hier beziehen sich die Ängste und Sorgen der Betroffenen nicht auf einen konkreten Anlass, sondern auf verschiedenste Lebensbereiche und vor allem das Wohlergehen von nahestehenden Personen.
Bei Menschen mit einer generalisierten Angststörung kann der körperliche Alarmzustand mit schnellem Herzschlag und kurzen und flachen Atemzügen anhalten.
„Mögliche weitere Symptome sind unter anderem Benommenheit, Nervosität, Schwindel, Zittern, Schwitzen, Muskelverspannungen, Herzklopfen und Magenbeschwerden“, erklärt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) auf seinem Patienteninformationsportal „gesundheitsinformation.de“.
„Sich ständig zu ängstigen, ist erschöpfend und kann zu Konzentrations- und Schlafstörungen führen. Insbesondere wenn jemand gleichzeitig depressiv ist, kann es passieren, dass er oder sie an Selbsttötung denkt“, schreiben die Experten.
Und diese Kombination ist sehr häufig: „In etwa 50 Prozent der Fälle treten Depressionen und Angststörungen gemeinsam auf“, so Domschke.
Vielfältige Ursachen
Doch wodurch entwickeln Menschen eigentlich Angststörungen? „Das hat vielfältige Ursachen“, erläutert Professor Domschke.
Zum einen weiß man von einer gewissen genetischen Veranlagung sowie neurobiologischen Risikofaktoren, zum Beispiel Störungen in der Funktionsweise der Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin.
Doch auch traumatische Erlebnisse, starker und langanhaltender Stress, belastende Erlebnisse in der Kindheit oder Drogen können Ängste auslösen.
Zudem scheint das Geschlecht ein Faktor bei der Entwicklung von Angsterkrankungen zu sein. Laut Untersuchungen sind Frauen doppelt so anfällig wie Männer.
„Hierbei ist jedoch nicht ganz sicher, ob Angstsymptome bei Frauen tatsächlich häufiger auftreten oder ob Frauen sich lediglich häufiger professionelle Hilfe holen“, sagt Domschke.
Behandeln und vorbeugen
Die gute Nachricht ist, dass sich Angsterkrankungen oft gut behandeln lassen. „Mit einer Kombination aus Psychotherapie und Medikamenten erzielen wir sehr gute Ergebnisse“, erklärt Domschke.
Insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie habe sich als sehr wirksam erwiesen. Laut der Expertin kommen bei der medikamentösen Behandlung Antidepressiva wie Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) zum Einsatz, die gut verträglich sind und nicht abhängig machen.
„So können wir mehr als 80 Prozent der Patienten bereits ambulant sehr gut helfen. Bei ausgeprägten Symptomen kann sich eine tagesklinische oder stationäre Therapie anbieten“, sagt die Psychiaterin.
Auch der Stressabbau ist wichtig: „Entspannungstechniken wie das autogene Training und die progressive Muskelentspannung können helfen, sich zu entspannen und mit Stress besser umzugehen“, schreibt das IQWiG.
„Wichtige Schutzfaktoren sind gute soziale Kontakte, regelmäßig Sport, ausreichend Schlaf und Entspannung, wenig schlechter Stress und viel guter Stress beispielsweise in Form einer befriedigenden Arbeit“, so Domschke. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universitätsklinikum Freiburg: Wenn die Angst überhandnimmt, (Abruf: 09.07.2019), Universitätsklinikum Freiburg
- Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin: Angststörungen, (Abruf: 09.07.2019), Patienten-Information.de
- Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Generalisierte Angststörung, (Abruf: 09.07.2019), gesundheitsinformation.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.