Ist ein Wurm der Schlüssel zum gesunden Altern?
Die in den letzten Jahrzehnten immer weiter zunehmende Lebenserwartung hat leider nicht bewirkt, dass sich auch die Gesundheit und die Lebensqualität der Menschen im hohen Alter im selben Maß verbessert haben. Deswegen suchen Forschende nach Möglichkeiten, die Lebensqualität im Alter zu erhöhen. Ein neu entdecktes Gen in Würmern könnte jetzt Antworten liefern.
Bei der aktuellen Untersuchung des Okinawa Institute of Science and Technology (OIST) wurde jetzt in einem Wurm ein Gen identifiziert, welches mit dem gesunden Altern des Spulwurm C. Elegans zusammenhängt. Die Ergebnisse der Studie wurden in dem englischsprachigen Fachblatt „G3: Genes, Genomes, Genetics“ publiziert.
Bewegung im höheren Alter ist ein Indikator für die Gesundheit
In dem Spulwurm C. elegans wurde ein Gen namens elpc-2 identifiziert, welches eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung des Gesundheitszustands spielt, wenn der Wurm altert. Würmer mit Defekten in diesem Gen zeigen im Alter Bewegungsstörungen. Bewegung im höheren Alter ist ihrerseits ein Indikator für die Gesundheit von Menschen und Würmern. Dieses Gen ist beim Menschen konserviert, berichten die Forschenden. „Wenn wir älter werden, bleibt bei einigen Menschen die volle Bewegungsfähigkeit erhalten, während bei anderen Menschen dies nicht der Fall ist, und wir möchten die genetischen Gründe dafür verstehen”, erläutert Studienautor Dr. Kazuto Kawamura vom Okinawa Institute of Science and Technology in einer Pressemitteilung.
C. elegans eignet sich gut zur Untersuchung des Alterns
Dieses Gen ist eines von vielen Genen, die beim gesunden Altern eine wichtige Rolle spielen. Ein neuer experimenteller Ansatz ermöglicht es, Hunderte von Würmern gleichzeitig zu untersuchen, was in Zukunft auch für andere Forschungsarbeiten nützlich sein könnte. Das elpc-2-Gen wird im gesamten Körper von C. elegans exprimiert. Es spielt eine wichtige Rolle für die Bewegungsfähigkeit, wenn die Würmer älter werden. C. elegans ist ein nützliches Modell zur Untersuchung des Alterns, da die Würmer eine kurze Lebensdauer haben und im Labor leicht manipuliert werden können. Die Forschenden fügten zufällige Mutationen in das Genom dieser Würmer ein. Indem die Nachkommen der mutierten Würmer untersucht wurden, konnte analysiert werden, welche Mutationen die Gesundheit beeinträchtigten.
Wie war der Versuch aufgebaut?
Die Forschenden untersuchten, ob die Organismen in der Lage waren, ihre Fähigkeit, sich zu einer Nahrungsquelle zu bewegen, aufrechtzuhalten, wenn sie älter wurden. Dafür wurden die Würmer in der Mitte einer Schale positioniert, wobei sich das Futter am Rand der Schale befand. Die Würmer bewegen sich von ihrer Natur aus in Richtung Nahrung, sofern ihre Bewegung nicht beeinträchtigt ist. Alle Würmer, die am ersten Tag das Futter nicht erreichten, wurden aus dem Experiment entfernt. Die Autoren wollten herausfinden, wie die Fähigkeit der Bewegung mit zunehmendem Alter abnimmt. Die verbleibenden Würmer wurden erneut getestet, als sie älter wurden, wobei der gleiche Ansatz angewendet wurde. In diesem späteren Test wurden mehrere Würmer mit Bewegungsstörungen identifiziert. Diese wurden dann sequenziert und ihre DNA mit der eines normalen Wurmes verglichen, um die Mutationen zu lokalisieren und die verantwortlichen Gene zu identifizieren.
Was ist der Elongatorkomplex?
Hunderte von zufälligen Mutationen zu erstellen, war für die Forschenden nicht sehr schwierig. Problematischer war es herauszufinden, welche Mutation für den Einfluss auf die Bewegungsfähigkeit verantwortlich ist. Mit dem neuen Ansatz, bei dem Würmer zu einer Nahrungsquelle am Rand der Schale kriechen, kann allerdings die Bewegungsfähigkeit von Hunderten von Würmern gleichzeitig getestet werden, erklären die Autoren. Auf diese Weise identifizierten die Forschenden das Gen elpc-2 und seine Rolle bei der Gesundheit der Würmer. Das Gen kodiert einen Teil des sogenannten Elongatorkomplex, der viele wichtige Funktionen hat, einschließlich der Steuerung der korrekten Faltung von Proteinen. Einige dieser Proteine können wiederum eine Rolle bei der Fortbewegung spielen. Würmern mit einem beschädigten elpc-2-Gen fehlte ein funktionierender Elongatorkomplex, was erklärt, warum die Bewegung beeinträchtigt war. Um dies zu bestätigen, injizierten die Forschenden diesen Würmern eine Kopie des Gens und die Bewegung wurde so wiederhergestellt.
Weitere Forschung wird in Deutschland stattfinden
Interessanterweise wurden auch andere Gene identifiziert, die ebenfalls einen starken Einfluss auf die Gesundheit hatten, aber nicht auf die Lebensdauer der Tiere, berichten die Autoren. Mit anderen Worten, die zugrunde liegenden Mutationen hatten keinen großen Einfluss darauf, wie lange ein Wurm lebt, sondern darauf, wie er sich bewegt. Dies zeigt, dass sich Gesundheit und Lebensdauer zwar überschneiden, die genetische Basis jedoch unterschiedlich ist, erklären die Forschenden. In Zukunft möchte Studienautor Kawamura andere Gene erforschen, welche für ein gesundes Altern von Bedeutung sind. „Sobald wir ein vollständigeres Bild der beteiligten Gene haben, können wir beginnen, sie zu manipulieren, um die Gesundheit zu verbessern, zuerst bei C. elegans und vielleicht eines Tages beim Menschen”, berichtet der Autor. Kawamura wird nun seine Arbeit an C. elegans am renommierten Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns in Deutschland fortsetzen. (as)
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Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Kazuto Kawamura, Ichiro N. Maruyama: Forward Genetic Screen for Caenorhabditis elegans Mutants with a Shortened Locomotor Healthspan, in G3: Genes, Genomes, Genetics (Abfrage: 14.07.2019), G3: Genes, Genomes, Genetics
- New Gene Linked to Healthy Ageing in Worms , Okinawa Institute of Science and Technology (Abfrage: 29.12.2022), OIST
Wichtiger Hinweis:
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