Neue Therapie-Option bei nicht-alkoholischer Fettleber
Fettleber ist der häufigste Leberbefund in Deutschland und gleichzeitig die Grundlage für schwere Lebererkrankungen wie Leberzirrhose und Leberkrebs aber auch für Herzerkrankungen. Bislang gibt es keine richtige Therapie gegen eine Fettleber, außer die körpereigene Regenerationskraft der Leber durch einen gesunden Lebensstil zu fördern. Ein Forschungsteam aus Wien fand nun eine Möglichkeit, die sich zur Behandlung einer Fettleber eignet. Dabei wird synthetisch hergestellte Gallensäure durch den Körper geleitet, die die Leber zu ihrer gesunden Funktion zurückführt.
Forschende der Medizinischen Universität Wien fanden heraus, dass sich der Wirkstoff nor-Ursodeoxycholsäure (Nor-Urso) zur Behandlung einer nicht-alkoholischen Fettleber eignet. Der Wirkstoff hatte zuvor bei der bisher unheilbaren Lebererkrankung primär sklerosierende Cholangitis (PSC) gute Erfolge erzielt, woraufhin das Forschungsteam den Einsatzbereich erweiterte. Die Studienergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „The Lancet“ präsentiert.
Volkskrankheit Fettleber
„Mehr als ein Viertel der Menschen in Österreich leiden an einer nicht-alkoholischen Fettleber“, warnen die Medizinerinnen und Mediziner der MedUni Wien. In Deutschland sieht es nicht besser aus. Nach Angaben der Gastro-Liga sind zwischen 20 und 30 Prozent der deutschen Bevölkerung betroffen – mit steigender Tendenz. Unter Diabetikern läge der Anteil sogar bei 50 Prozent. Häufigste Ursache ist meistens ein ungesunder Lebensstil mit zu fettiger und süßer Ernährung, gepaart mit Bewegungsmangel und Übergewicht, betonen die Expertinnen und Experten.
Hohe Dunkelziffer
Ein großes Problem bei der Behandlung einer Fettleber ist, dass sie oftmals nicht erkannt wird. Eine Fettleber verursacht zunächst keine Symptome und ist somit häufig ein Zufallsbefund. Auch wenn Beschwerden ausbleiben, stellt die Fettleber jedoch eine erhebliche Bedrohung für die Gesundheit dar, denn zu den Langzeitfolgen zählen schwerwiegende Erkrankungen wie Leberzirrhose und Leberkrebs. Bei einer stark ausgeprägten Fettleber kommt es den Forschenden zufolge in 15 bis 25 Prozent aller Fälle zur Leberzirrhose.
Neue Behandlungsmöglichkeit enteckt
„Unsere nun abgeschlossene Phase-II-a-Studie mit Nor-Urso unter Mitwirkung zahlreicher österreichischer und deutscher Zentren zeigt im Einsatz bei der nicht-alkoholischen Fettleber positive Ergebnisse“, berichtet Studienerstautor Stefan Traussnigg von der MedUni Wien. Die synthetische Gallensäure schütze die Leber vor Entzündungen und helfe dem Organ dabei, zu ihrer gesunden Funktion zurückzukehren.
Wie hilft Gallensäure der Leber?
Die Forschenden machen sich die Hormonwirkung der Gallensäure zunutze. „Die Gallensäure kreist wie ein Steroid-Hormon durch den Körper und reguliert viele Stoffwechselprozesse“, erläutert Forschungsleiter Michael Trauner. Da es im Zuge einer Fettleber zu einer Resistenz des Gallensäure-Signals komme, funktioniere die Leber nicht mehr richtig. Die synthetische Gallensäure Nor-Urso verstärke die Hormonwirkung der Gallensäure wieder, wodurch sich der Krankheitsverlauf verbessere.
Höheres Risiko für einen vorzeitigen Tod
Wie die Ärztinnen und Ärzte der MedUni Wien berichten, sind die häufigste Todesursache infolge einer Fettleber Herzkrankheiten (Herzinfarkt) oder Schlaganfälle. Dies liegt mitunter daran, dass eine Fettleber vermehrt Eiweiße ausschüttet, die die Blutgefäße schädigen. In weiteren Studien möchte das Forschungsteam nun untersuchen, ob die synthetische Gallensäure auch das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall infolge einer Fettleber eindämmen kann. Die Lebenserwartung der Betroffenen könnte so generell verbessert werden. „Es wäre logisch, das zu erwarten und wir sind auch zuversichtlich“, kommentiert Trauner.
Weitere Therapie gegen Fettleber in den Startlöchern
Neben den oben genannten Ergebnissen konnte das Forschungsteam noch weitere Erkenntnissen erlangen. Das Team fand heraus, dass der wichtige Gallensäurerezeptor FXR bei zahlreichen Prozessen wie der Regulation des Lipid- und Glukosestoffwechsels sowie der Synthese und Zirkulation von Gallensäuren beteiligt ist. Die Aktivierung dieses Rezeptors wirkte sich ebenfalls positiv auf die Heilung einer Fettleber und einer primären biliären Cholangitis (PBC) aus. Zur Zeit stehen gleich zwei Möglichkeit zur Verfügung, um den FXR-Gallensäurerezeptor zu aktivieren. Zum einen könne die Aktivierung über Obeticholsäure erfolgen, zum anderen über sogenannte nicht-steroidale FXR-Liganden. „Mit diesen vielversprechenden Optionen haben wir im Sinn der personalisierten Medizin drei weitere Möglichkeiten für eine individuelle Behandlung, die sich die Signaleigenschaften und Hormonwirkungen von Gallensäuren zunutze machen“, resümiert Trauner. In Zukunft werden Betroffene mit Fettleber besser versorgt werden können, so der Forschungsleiter. (vb)
Weitere interessante Informationen über dieses Thema finden Sie hier:
- Fettleber: Ursachen und Therapie
- Gefahr durch Fettleber: Nur so bleibt die Leber gesund
- Metabolisches Syndrom und Fettleber: Diese Alltagsrisiken lassen unsere Leber leiden
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Traussnigg, Stefan / Schattenberg, Jörn M. / Demir, Münevver : Norursodeoxycholic acid versus placebo in the treatment of non-alcoholic fatty liver disease: a double-blind, randomised, placebo-controlled, phase 2 dose-finding trial, The Lancet Gastroenterology & Hepatology, 2019, thelancet.com
- Medizinische Universität Wien: Neue Therapie-Option bei nicht-alkoholischer Fettleber (Abruf: 02.08.2019), meduniwien.ac.at
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.