Report zur Klinikqualität deckt problematische Bereiche in Krankenhäusern auf
Die meisten Krankenhäuser führen Operationen oder Krebsbehandlungen entsprechend der aktuellen Empfehlungen durch und erbringen dabei eine gute Qualität. Doch in einigen Fällen werden Patienten offenbar alles andere als gut behandelt und müssen z.B. bei einem Bruch mehrere Tage auf den Operationstermin warten. Dies zeigt ein aktueller Report zur Klinikqualität, für den Experten des Göttinger AQUA-Instituts knapp 3,3 Millionen Datensätze auswerteten.
Patienten warten mehr als zwei tage auf Operation
Wer sich eine Knochenbruch zugezogen hat, erhofft sich normalerweise eine schnelle Behandlung. Handelt es sich um einen komplizierten Fall oder einen so genannten „offenen“ Bruch ist meist eine Operation nötig, da ansonsten die Gefahr besteht, dass der Knochen nicht richtig zusammenwächst und sich Fehlstellungen entwickeln können. Zudem besteht bei verzögerten operativen Behandlungen eine erhöhte Gefahr für Komplikationen wie z.B. eine Thrombose oder ein Druckgeschwür (Dekubitus).
Dementsprechend möchte kein Patient lange warten, bis der Eingriff durchgeführt wird. Bei einigen Oberschenkel-Verletzungen scheint dies jedoch offenbar bittere Realität zu sein. Dies geht aus einem aktuellen Bericht zur Klinikqualität hervor, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde.
Im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses von Krankenkassen, Ärzten und Kliniken hatten Experten des Aqua-Instituts für die umfassende Studie knapp 3,3 Millionen Datensätze von rund 1600 Kliniken ausgewertet. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass unter anderem die Wartezeiten in vielen Krankenhäusern ein Problem darstellen. Denn bei mehr als 12 Prozent der Fälle mit einem Bruch des Oberschenkelknochens vergingen im vergangenen Jahr mehr als 48 Stunden bis zur Operation.
Ärzte führen entgegen der Empfehlungen immer häufiger Katheter-Behandlungen durch
Neben dem kritisierten die Experten die steigende Anzahl kathetergestützter Eingriffe an den Herzklappen, bei denen z.B. eine neue Herzklappe mittels eines draht- oder schlauchförmigen Instruments über die Blutgefäße bis ins Herz transportiert wird. Hier gibt es jedoch bestimmte Leitlinien, nach denen die Methode nur dann eingesetzt werden sollte, wenn eine Standardoperation am offenen Brustkorb ein zu großes Risiko darstellt. Bei jüngeren, ansonsten gesunden Herz-Patienten jedoch bislang – u.a. wegen des erhöhten Schlaganfall-Risikos beim Kathetereingriff – die klassische offene Variante als Methode der Wahl.
Doch der neue Report zeigt, dass entgegen dieser Empfehlungen offenbar auch bei Patienten ohne große gesundheitliche Risiken häufig eine Katheter-Behandlung durchgeführt wird. Demnach hätte die Anzahl dieser Eingriffe im Jahr 2013 sogar die der herkömmlichen offenen Operationen überholt, so die Experten vom Aqua-Institut. 2014 sei die Anzahl der kathetergestützten Einsätze sogar noch einmal um 27 Prozent gestiegen.
Krankenhäuser können bislang nicht schnellerer Operation verpflichtet werden
„Wir haben eine gute Qualität der Versorgung, aber es gibt Verbesserungsbedarf in einzelnen Bereichen”, sagte Joachim Szecsenyi, Geschäftsführer des Aqua-Instituts, gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“. Dies betrifft laut dem Report auch den Bereich der Herzschrittmacher – wobei der Einsatz des kleinen Geräts zur Behandlung von Patienten mit zu langsamem Herzschlag (Bradykardie) insgesamt gut verlaufe. Doch bei drei Prozent der Patienten konnten die Forscher anhand der Daten nachvollziehen, dass innerhalb eines Jahres nach der Implantation bereits ein neuer Eingriff nötig wurde. Dies sei aus Sicht der Experten jedoch “zu häufig”.
Aus Sicht der Krankenkassen würden solche Kritikpunkte jedoch zu selten zu Konsequenzen führen. „Das Manko ist, dass es keine Möglichkeit gibt, das Krankenhaus, das nicht rechtzeitig operiert, dazu zu verpflichten oder ihm den Versorgungsauftrag zu entziehen”, so Bernhard Egger, Medizinexperte des Krankenkassenverbands gegenüber der Nachrichtenagentur. Eine Änderung sei hier zwar im Rahmen der Klinikreform der Koalition vorgesehen, doch für die Umsetzung müssten die Länder aktiv werden.
Trotz der Probleme besteht für Patienten jedoch kein grundsätzlicher Anlass zur Sorge. Stattdessen würden den geprüften Daten nach die Mehrzahl der Operationen, Krebsbehandlungen oder Transplantationen entsprechend der aktuellen Empfehlungen durchgeführt. Bei den genannten Kritikpunkten handele es sich zwar um wichtige Bereiche, gleichzeitig aber auch um Ausreißer, resümieren die Experten. Denn „in 99,9 Prozent” der überprüften Leistungen sei eine gute Qualität erbracht worden, betonte der Geschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum im Gespräch mit der „dpa“.
„Das Qualitätsniveau unserer Krankenhäuser wird im jährlichen Qualitätsreport ausgewertet und transparent gemacht. Der Report ist damit eine wesentliche Grundlage dafür, die medizinische Behandlungsqualität patientenorientiert weiter zu entwickeln und zu verbessern“, so Dr. Regina Klakow-Franck vom Gemeinsamen Bundesausschuss. (nr)
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