Ständiges Durstgefühl und häufiges Wasserlassen: Anzeichen für Diabetes erkennen
Über sechs Millionen Menschen in Deutschland leiden an Diabetes; unter ihnen auch viele Minderjährige. Laut Gesundheitsexperten sind hierzulande über 30.000 Kinder und Jugendliche an Typ-1-Diabetes erkrankt, Tendenz steigend. Doch in vielen Fällen bleiben die ersten Symptome der Krankheit unerkannt. Diabetologen erklären, welche Anzeichen auf die sogenannte Zuckerkrankheit hinweisen.
Typ-1-Diabetes ist die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindes- und Jugendalter. „In Deutschland leben etwa 32.500 Kinder und Jugendliche im Alter bis 19 Jahren mit Typ-1-Diabetes. In den kommenden 20 Jahren rechnen wir mit einer Verdoppelung der Neuerkrankungsrate“, erklärt der Vizepräsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Professor Dr. med. Andreas Neu, in einer Mitteilung.
Krankheit wird oft erst bei folgenreichen Komplikationen festgestellt
„Obwohl viele Menschen wissen, was Diabetes ist, sind die Symptome für Diabetes bei Kindern eher unbekannt. Die Folge ist, dass bei ihnen die Krankheit oft erst bei folgenreichen Komplikationen festgestellt wird“, sagt Neu. So zeigt eine aktuelle, im Fachmagazin „PLOS ONE“ veröffentlichte Studie der Technischen Universität Dresden, dass bei 35 Prozent der betroffenen Kinder und Jugendlichen bis 14 Jahren in Sachsen zwischen 1999 und 2016 zum Zeitpunkt der Diabetes-Diagnose bereits eine diabetische Ketoazidose (DKA) vorlag. Bundesweit liegt die Rate bei etwa 20 Prozent.
Anzeichen für Typ-1-Diabetes
Ein ständiges Durstgefühl, häufiges Wasserlassen, Gewichtsabnahme und Müdigkeit sind typische Anzeichen für einen Diabetes mellitus Typ 1. Wenn diese Anzeichen übersehen werden und keine Behandlung erfolgt, schreitet der durch die Autoimmunerkrankung bedingte Insulinmangel weiter fort. Die organischen Säuren Acetessigsäure und β-Hydroxybuttersäure (Ketonkörper) häufen sich im Blut an und vermindern dessen pH-Wert. Der Körper entwickelt eine sogenannte diabetische Ketoazidose (DKA).
Die Symptome für eine DKA sind Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen im Bauchraum, Durst und Schwäche. Dies ist für Angehörige auch durch einen starken Acetongeruch des Atems erkennbar. Unbehandelt können die betroffenen Kinder und Jugendlichen ins Koma fallen. Diese akute Verschlechterung ist potentiell sogar lebensgefährlich.
Früherkennungsuntersuchung bereits in den ersten Lebenstagen
Laut der DDG existiert für Neugeborene mit einer erhöhten genetischen Veranlagung für Typ-1-Diabetes das kostenlose Präventionsprogramm „Freder1k“. Die Früherkennungsuntersuchung der Globalen Plattform zur Prävention des autoimmunen Diabetes (GPPAD) wird im Rahmen des regulären Neugeborenen-Screenings bereits in den ersten Lebenstagen oder bei einer der ersten Vorsorgeuntersuchungen vorgenommen.
„Derzeit richtet sich das Angebot jedoch nur an Neugeborene bis zum Alter von vier Monaten aus Bayern, Niedersachsen und Sachsen“, erklärt Dr. med. Martin Holder, Leitender Oberarzt der Pädiatrischen Abteilung des Klinikums Stuttgart. „Wenn bereits ein Elternteil oder ein Geschwisterkind an Typ-1-Diabetes erkrankt ist, können auch Babys aus ganz Deutschland an der Untersuchung teilnehmen.“
Von der DDG Präsidentin Professor Dr. med. Monika Kellerer werden solche Vorsorgemaßnahmen begrüßt. Sie mahnt mit Blick auf die weiterhin hohe Zahl an DKA-Vorfällen jedoch zu großer Vorsicht. „Offenbar reichen Präventionsprograme in der Kinderarztpraxis alleine nicht aus. Idealerweise erkennen bereits Eltern oder Angehörige erste Symptome einer Diabetes-Erkrankung, um dann rasch handeln zu können“, so Kellerer. Über erste Anzeichen von Typ-1-Diabetes sollte unbedingt intensiver informiert werden.
Dabei können Aufklärungskampagnen helfen. Studien der International Society for Pediatric and Adolescent Diabetes (ISPAD) sowie der American Diabetes Association (ADA) zeigen, dass mithilfe guter Aufklärungsarbeit für Eltern die DKA bei Kindern und Jugendlichen erheblich reduziert werden konnte. Auch die Informationskampagne „Stuttgarter Ketoazidose Präventionsprojekt“ zeigt, dass Aufklärung zu einem deutlichen Rückgang von DKA-Fällen führt.
„Die schweren Stoffwechselentgleisungen konnten nahezu halbiert werden“, erläutert Holder, der das Projekt mitverantwortete. „In Anbetracht dieser Erfolge empfehlen wir, dass in den Kinderarztpraxen systematisch aufgeklärt wird. Dies kann beispielsweise in Form von bundesweiten Infoflyern im Rahmen der U6 oder U7a, also nach ein bis drei Jahren erfolgen.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Diabetes Gesellschaft: Diabetessymptome bei Kindern oft unerkannt - Zum Weltkindertag am 20. September fordern Diabetologen mehr Diabetes-Aufklärung bei Eltern, (Abruf: 18.09.2019), Deutsche Diabetes Gesellschaft
- PLOS ONE: Ketoacidosis at onset of type 1 diabetes in children up to 14 years of age and the changes over a period of 18 years in Saxony, Eastern-Germany: A population based register study, (Abruf: 18.09.2019), PLOS ONE
Wichtiger Hinweis:
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