Ernährungskonzepte statt Trends
Chiasamen, Quinoa, Goji-Beeren, Moringa, Spirulina-Algen, Baobab-Früchte und viele mehr – die Liste der trendigen Superfoods ist lang und der Hype groß. Den Ernährungstrends werden allerhand positive Effekte auf die Gesundheit nachgesagt, die von Senkung des Cholesterinspiegels bis hin zur Vorbeugung von Krebs reichen. Ist es wirklich sinnvoll, diesen Trends zu folgen? „Nein“, sagt ein renommierter Ernährungsexperte. Worauf es wirklich ankommt, erklärt er im Folgenden.
Dr. Michael Blaha ist Direktor der klinischen Forschung am Johns Hopkins Ciccarone Center for the Prevention of Heart Disease. Sein Team und er untersuchen, welche Auswirkungen die Ernährung auf die Gesundheit hat. Lebensmitteltrends steht der Experte kritisch gegenüber. „Es ist nur verwirrend für Menschen“, erklärt Dr. Blaha. Viel besser sei es, sich insgesamt einen gesunden Ernährungsstil anzugewöhnen, als sich auf wenige „Superfoods“ zu verlassen.
Die Gesamtheit zählt
„Jede noch so kleine Studie, die andeutet, dass ein bestimmtes Essen gesund ist, wird in den Medien aufgeblasen“, kommentiert der Forschungsdirektor. Typisches Beispiel: Eier – mal werde behauptet Eier seien gesund, dann wieder nicht. Ähnliches sei auch bei Kaffee zu beobachten. Dies führe nur zu Verwirrungen unter den Konsumentinnen und Konsumenten. „Viel wichtiger als einzelne Produkte ist ein insgesamt gesundes Ernährungsmuster”, so Blaha.
Beobachtung ist kein Beweis
Blaha warnt, dass viele wissenschaftliche Studien über Lebensmittel keine schlüssigen Beweise abliefern, sondern Theorien widerspiegeln, die auf Beobachtungen basieren. Es handele sich dabei aber nicht um kontrollierte Experimente. Forschungsteams versuchen häufig in Beobachtungsstudien herauszufinden, welche Faktoren im Leben der Menschen für bestimmte Ergebnisse verantwortlich sein könnten. Damit sollen Hinweise auf Antworten zu Fragen wie „Wer lebt länger?“, „Wer entwickelt eher eine bestimmte Krankheit?“ oder „Wer ist glücklicher?“ gefunden werden.
Nicht alles was glänzt ist Gold
Das grundsätzliche Problem bei dieser Art von Studien ist, dass auch andere Faktoren für den Effekt verantwortlich sein könnten. Ein Beispiel: Beobachtet man, dass Kaffeetrinker gesünder sind, muss das nicht zwangsläufig heißen, dass Kaffee gesund ist. „Vielleicht schlafen Kaffeetrinker auch mehr oder weniger, essen mehr Obst, trainieren mehr, verdienen mehr Geld, haben einen besseren Job oder gehörend vorwiegend einer bestimmten Ethnie an“, bemerkt Blaha. In der Werbung werden solche Hintergründe oft ausgeblendet.
Eine Ernährungsphilosophie verfolgen
Anstatt sich auf ein paar vermeintlich gesunde Lebensmittel zu konzentrieren, sei es laut Blaha viel besser, eine Philosophie über eine gesunde Ernährung zu haben. Wer nach einem bestimmten Konzept Mahlzeiten plant, einkauft und zubereitet, brauche nicht mehr 200 Entscheidungen über Essen am Tag zu fällen. Ebenso müsse man nicht mehr jedem Trend hinterherlaufen.
Beispiel: Mediterrane Ernährung
Als Beispiel nennt der Ernährungsexperte das Konzept der mediterranen Ernährung. Diese Ernährungsform habe bereits in mehreren medizinischen Studien bestätigt, dass sie das Risiko für Herzkrankheiten reduziert. Ein Erfolgsrezept dieser Ernährung ist aber nicht, auf bestimmte Lebensmittel zu setzen, sondern viele verschiedene Lebensmittel zu integrieren, die sich in der Gesamtheit gut ergänzen. Personen, die diesem Konzept folgen verwenden beispielsweise mehr Gemüse, Fisch und Olivenöl beim Kochen oder wählen im Restaurant eher Lachs und Couscous statt Makkaroni mit Käse.
Beständigkeit statt Hype
„Es ist besser, den Hype um einzelne Lebensmittel zu ignorieren und stattdessen ein insgesamt gesundes Essverhalten wie die mediterrane Ernährung anzustreben”, empfiehlt Blaha. Ein gesundes Ernährungsmuster umfasse mehr Gemüse und Obst, Vollkorn, magere Proteine wie Fisch und Huhn und gesunde Öle. Verarbeitete Fertigspeisen seien dagegen kein Teil eines gesunden Ernährungsmusters. Wer die Abwechslung mag, kann die Trends natürlichen in ein gesundes Ernährungsmuster einbauen. „Solange es Teil eines allgemeinen gesunden Ernährungsmusters ist, spricht nichts dagegen dunkle Schokolade, Kaffee, spezielle Öle oder ähnliche Trendnahrungsmittel zu sich zu nehmen“, fasst Blaha zusammen. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Johns Hopkins Medicine: Think Twice About Following Food Trends (Abruf: 01.11.2019), hopkinsmedicine.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.