Studie untersucht hohe Herzinfarkt-Sterblichkeit in Sachsen-Anhalt
Im Vergleich zu anderen Bundesländern sterben in Sachsen-Anhalt besonders viele Menschen durch einen Herzinfarkt. Häufig kann den Patienten nicht mehr geholfen werden, weil die Rettung zu spät gerufen wird – obwohl im Falle eines Infarkts schon Sekunden über Leben und Tod entscheiden können. Dementsprechend soll im Rahmen eines neues Forschungsprojekts nun das Verhalten der Betroffenen im Notfall genauer untersucht werden.
103 Herzinfarkt-Tote pro 100.000 Einwohner in Sachsen-Anhalt
Bei der Sterblichkeit infolge eines Herzinfarkt bestehen offenbar große regionale Unterschiede. Wie die Deutsche Herzstiftung e.V. berichtet, gehört Sachsen-Anhalt mit 103 Todesopfern pro 100.000 Einwohnern (2011:104) neben Brandenburg mit 105 (96) und Sachsen mit 94 (92) Fällen zu den Bundesländern mit der höchsten Herzinfarkt-Sterblichkeit. Werte, die weit über dem deutschen Durchschnitt liegen, welcher im Jahr 2012 laut dem „Herzbericht 2014“ bei 65,2 Gestorbenen pro 100.000 Einwohnern (63,7) lag.
Nun soll eine neue Studie aufklären, warum gerade in Sachsen-Anhalt so viele Menschen an den Folgen eines akuten Herzinfarkts sterben. Dabei sei vor allem interessant wie sich Betroffene im Notfall verhalten, sagte Rüdiger Christian Braun-Dullaeus von der Universitätsklinik Magdeburg gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“. Denn die Überlebenschancen bei einem Herzanfall sind umso besser, je schneller er behandelt wird – häufig würde jedoch zu lange abgewartet, bis ein Arzt gerufen werde, so der Kardiologe weiter.
194 Minuten vergehen bis zur Behandlung im Krankenhaus
Ein vergleichbares Forschungsprojekt aus München sei demnach zu dem Ergebnis gekommen, dass bei Männern im Schnitt 194 Minuten vergehen, bis ein Patient mit Infarktsymptomen die Klinik erreicht. Bei Frauen erfolge die medizinische Versorgung erst 230 Minuten später, in einigen Fällen würden sogar Tage vergehen, bis die Betroffenen ärztliche Hilfe suchen.
Auch in Sachsen-Anhalt würde laut dem Regionalen Herzinfarktregister bei einem Infarkt durchschnittlich über eine Stunde vergehen, bis der Rettungsdienst alarmiert wird. Warum mit dem Notruf oft so lange gewartet wird, sei bislang nur kaum erforscht, berichtet Studienleiter Prof. Dr. Karl-Heinz Ladwig vom Helmholtz-Zentrum München. Erste Ergebnisse würden jedoch darauf hinweisen, dass viele Menschen nicht ausreichend über die Symptomatik eines Herzinfarktes informiert sind und das Risiko dementsprechend falsch einschätzen.
Frauen erleben oft untypische Symptome wie Oberbauchschmerzen oder Druck in der Brust „Je älter die Patienten, die einen Herzinfarkt erleiden, sind, desto geringer wird der Anteil derjenigen mit spezifischen Symptomen wie Brustschmerz, Kurzatmigkeit, Schwitzen und Erbrechen. Das trifft besonders für Frauen, die älter als 65 Jahre sind“, so Prof. Ladwig in einer Mitteilung der Deutschen Herzstiftung.
Frauen erleben hingegen deutlich häufiger Druck oder ein Engegefühl in der Brust, zudem treten häufiger untypische Symptome wie Rücken- und Oberbauchschmerzen auf. In der Folge würde sich oft auf die untypischen Beschwerden konzentriert und durch den ausbleibenden Verdacht auf einen Herzinfarkt kein Notruf abgesetzt, erläutert Prof. Dr. med. Christiane Tiefenbacher vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung weiter.
Bei einem Infarkt zählt jede Minute
Bei der Versorgung der Patienten zählt jedoch jede Minute, denn der Infarkt kann jederzeit lebensbedrohliches Kammerflimmern auslösen und zum so genannten „plötzlichen Herztod“ führen. „Erst die Behandlung in der Klinik kann das Herz vor schweren Schäden und den Patienten vor lebensbedrohlichen Komplikationen bewahren“, wird Prof. Dr. med. Dietrich Andresen vom Vorstand der Deutschen Herzstiftung in der Mitteilung zitiert. „Voraussetzung ist, dass bei Infarktverdacht sofort mit der Notrufnummer 112 ein Rettungswagen mit Notarzt alarmiert wird.“
Das Münchener Projekt solle nun auf Magdeburg übertragen werden und hier bis 2017 laufen, um die Gründe für die hohe Infarkt-Sterblichkeit in Sachsen-Anhalt aufzuklären. Ziel sei es den Studienleitern Ladwig und Braun-Dullaeus zufolge, zukünftig jeden Infarkt-Betroffenen intensiv zu befragen, um auf Basis dieser Informationen bessere Interventionsprogramme entwickeln zu können. Im Rahmen der Untersuchung würde auch der Einfluss lokaler Faktoren (Arbeitsmarktsituation, Sozialstatus, Altersstruktur etc.) auf das Herzinfarktrisiko untersucht, sodass am Ende durch die Daten beider Studien ein Ost-West-Vergleich durchgeführt werden könne. (nr)
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