Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung ist rückläufig
Jahrelang wurde über eine massive Zunahme von Antibiotika in der Landwirtschaft berichtet. Laut Gesundheitsexperten ist dies ein Grund dafür, dass der Kampf gegen Superkeime immer komplizierter wird. Doch nun deutet sich eine Trendwende an. Wie neue Erhebungen zeigen, sank der Antibiotika-Einsatz in der Nutztierhaltung in den vergangenen Jahren.
Massiver Antibiotika-Einsatz seit Jahren in der Kritik
Jahrelang war immer wieder über einen massiven Einsatz von Antibiotika bei Nutztieren berichtet worden. Dieser Einsatz steht seit langem in der Kritik, weil immer mehr Bakterien gegen die Medikamente resistent werden. Dies ist nicht nur eine Gefahr für die Landwirtschaft. Als eine Folge wird eine Resistenz gegen Antibiotika auch für Krankheitserreger des Menschen befürchtet. In Kliniken kommt es immer häufiger zu Infektionen mit gefährlichen multiresistenten Keimen. Eine Infektion kann bei Patienten verschiedene Symptome wie Entzündungen, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen oder eine Blutvergiftung auslösen. Vor allem für Menschen mit geschwächtem Immunsystem und für Ältere stellen MRSA – auch Krankenhauskeime genannt – eine erhöhte Gefahr dar. Allein in Deutschland werden die Erreger für den Tod von jährlich bis zu 15.000 Menschen verantwortlich gemacht.
Trendwende deutet sich an
Ein Grund für die Zunahme der Resistenzen ist der unsachgemäße Einsatz solcher Medikamente. Nun deutet sich eine Trendwende an: In der Nutztierhaltung werden inzwischen weniger Antibiotika eingesetzt, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet. Dies geht aus Erhebungen hervor, die das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin vorlegte. Laut einem BfR-Forschungsprojekt wurden etwa Mastschweinen in den vergangenen Jahren deutlich weniger Antibiotika gegeben. Demnach sank die Zahl der Behandlungen von etwa fünf Tagen pro Stallplatz und Halbjahr in 2011 auf 2014 nur noch einen Tag pro Platz und Halbjahr. Den Angaben zufolge müsse noch erforscht werden, welche Hintergründe die jüngste Entwicklung hat.
Wette zum Antibiotika-Einsatz in der Landwirtschaft
„Eine positive Erkenntnis aus unseren Studien ist, dass antibiotikaresistente Keime in der Lebensmittelkette nicht weiter zunehmen“, sagte BfR-Präsident Andreas Hensel. Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge sterben allein in der EU jedes Jahr rund 25.000 Menschen an den Folgen von Antibiotika-Resistenzen. „Insgesamt gibt es für den Menschen verschiedene Wege, wie er mit antibiotikaresistenten Keimen in Kontakt kommen kann“, erklärte Annemarie Käsbohrer, Leiterin der Fachgruppe Epidemiologie, Zoonosen und Antibiotikaresistenzen am BfR. Dies könne in der Klinik passieren, aber auch beim Umgang mit Lebensmitteln oder ihrem Verzehr. Ob Landwirte aufgrund ihrer Tätigkeit häufiger mit solchen Keimen belastet sind, war im Sommer Auslöser für eine Wette zum Antibiotika-Einsatz in der Landwirtschaft. Landwirte einer Erzeugergemeinschaft im Emsland wetteten, dass sie nicht öfter Träger des Krankenhauskeims MRSA sind als andere Menschen. Die Wette richtete sich an eine Anwohnerinitiative gegen neue Tierställe. Die norddeutschen Bauern beanspruchten nach einigen Tagen den Sieg für sich.
Schärfer gegen Ausbreitung gefährlicher Keime vorgehen
Prof. Lothar Kreienbrock von der Tierärztlichen Hochschule Hannover, die ein BfR-Forschungsprojekt zu Antibiotika in der Tierhaltung durchführt, meinte, dass ein zunehmendes Problembewusstsein bei Landwirten eine Erklärung für die verringerten Antibiotika-Gaben in der Tierhaltung sein könne. Auch das geänderte Arzneimittelgesetz spiele eine Rolle. Seit einem Jahr müssen Tierhalter ab einer bestimmten Bestandsgröße Angaben zum Einsatz von Antibiotika machen. Im Mai dieses Jahren verabschiedete die Bundesregierung zudem die neue Deutsche Antibiotika-Resistenz-Strategie (DART 2020). Damit will sie schärfer gegen den Missbrauch von Antibiotika und die Ausbreitung gefährlicher Keime vorgehen, sowohl national als auch international. Zwar haben die Medikamente den Kampf gegen bakterielle Krankheiten revolutioniert, die zuvor oft tödlich endeten, doch durch übermäßige oder unsachgemäße Nutzung entwickeln Bakterien immer mehr Widerstandskraft gegen antibiotisch wirkende Arzneimittel wie das Penizillin. Dadurch wirken sie schlechter oder im Extremfall gar nicht mehr. (ad)
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