Zusammenhang zwischen der Anzahl an Facebook-Freunden und dem Stresslevel
Für Jugendliche kann eine hohe Anzahl von Freunden auf Facebook erheblichen Stress mit sich bringen. Wissenschaftler der Universität Montreal haben in einer aktuellen Studie mögliche Zusammenhänge zwischen der Aktivität in sozialen Netzwerken und dem Stresslevel bei Jugendlichen untersucht. Dabei stellten sie fest, dass Jugendliche mit mehr als 300 Facebook-Freunden wesentlich erhöhte Werte des Stresshormons Cortisol aufwiesen. Ein hoher Cortisol-Spiegel bei Jugendlichen sei in früheren Studien mit einem erhöhten Risiko von Depressionen in Zusammenhang gebracht worden, warnen die kanadischen Wissenschaftler. Die Ergebnisse ihrer aktuellen Studie wurden in dem Fachmagazin „Psychoneuroendocrinology“ veröffentlicht.
Die sozialen Netzwerk bilden heute einen wesentlichen Bestandteil im Leben der meisten Jugendlichen. Doch während ein großer Freundeskreis im realen Leben laut Aussage der kanadischen Forscher ein eindeutiger „Wohlfühlfaktor“ ist, kann eine hohe Zahl von Freunden bei Facebook für die Jugendlichen erheblichen Stress bedeuten. Jugendliche mit über 300 Facebook-Freunden wiesen in den aktuellen Untersuchungen wesentliche höhere Werte des Stresshormons Cortisol auf, als Jugendliche, die wenig Freunde in dem sozialen Netzwerk hatten, berichtet das Forscherteam um Prof. Sonia Lupien von der University of Montreal. Durch unterstützende Kommentare zu Beiträgen von Freunden oder entsprechende „Gefällt mir“-Angaben („Likes“) habe sich das Stresslevel der Facebook-Nutzer allerdings in der Studie wieder reduziert, schreiben Lupien und Kollegen weiter.
Psychische Wirkung der Facebook-Nutzung
Die Wirkung der sozialen Netzwerk auf die Gesellschaft wird unter verschiedenen Gesichtspunkten äußerst kritisch diskutiert, wobei allerdings meist Datenschutzaspekte im Vordergrund stehen. Die kanadischen Forscher widmeten sich in ihrer Studie hingegen der psychischen Wirkung des Facebook-Verhaltens. Prof. Sonia Lupien und ihr Team gewannen für ihre Studie 88 Freiwillige im Alter von 12 bis 17 Jahren, die ihre Facebook-Nutzung protokollierten und dabei unter anderem die Häufigkeit der Nutzung, die Anzahl der Freunde, ihre Selbstdarstellung, ihre erhaltenen und vergebenen „Likes“ in dem virtuellen-sozialen Netzwerken preisgaben. Begleitend wurden die Cortisol-Werte der Jugendlichen ermittelt. Über einen Zeitraum von drei Wochen nahmen die Wissenschaftler zweimal wöchentlich jeweils vier Proben am Tag.
Ab 300-Facebook Freunden steigt der Stress
Die Forscher beobachteten einerseits einen Anstieg des Cortisol-Spiegels mit der Anzahl an Facebook-Freunden, stellten anderseits jedoch auch eine Abnahme des Stresslevels bei der Interaktion mit Freunden (beispielsweise der Vergabe von „Likes“ oder dem Austausch unterstützender Kommentare) fest. Zwar sei das gemessene Stressniveau bei Jugendlichen mit vielen Facebook-Freunden „natürlich nicht vollständig auf das beliebte soziale Netzwerk“ zurückzuführen, sondern weitere wichtige externe Faktoren müssen berücksichtigt werden. Doch die isolierte Wirkung von Facebook auf die Cortisol-Werte liege bei etwa acht Prozent, so Lupien und Kollegen. „Wir konnten zeigen, dass über 300 Facebook-Freunde bei Jugendlichen eine höheres Cortisol-Level bedingen“, erläutern die Forscher. Bei Jugendlichen mit 1.000 oder 2.000 Facebook-Freunden liege das Stresslevel vermutlich noch deutlich höher. Die Häufigkeit der Facebook-Nutzung beziehungsweise die Nutzungsfrequenz spiele hingegen keine Rolle in Bezug auf die Cortisol-Werte.
Risiko späterer Depressionen
Welches Risiko erhöhte Cortisol-Werte mit sich bringen können, geht laut Aussage der kanadischen Forscher aus früheren Untersuchungen hervor, in denen ein hoher morgendlicher Cortisol-Spiegel bei 13-jährigen Jugendlichen mit einem um 37 Prozent erhöhten Risiko für Depressionen im Alter von 16 Jahren in Zusammenhang gebracht wurde. Zudem hätten Untersuchungen gezeigt, dass bei Kindern mit anhaltend hohem Cortisol-Spiegel mehr als elf Jahre bis zum Auftreten der ersten schweren Depressionssymptome vergehen können. Zwar habe in der aktuellen Studie keiner der teilnehmenden Jugendlichen an Depressionen gelitten, „doch bei Jugendlichen, die ein hohes Maß an Stresshormonen aufweisen, könnten diese später auftreten“, warnt Prof. Lupien. Weitere Untersuchungen seien hier erforderlich, um das Risiko besser abschätzen zu können. (fp)
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