Bundesregierung will Neuregelung des Heilpraktikerrechts prüfen
Die Bundesregierung hat letzte Woche eine Ausschreibung für ein Rechtsguthaben veröffentlicht, in der es darum geht, das Heilpraktikerrecht aufzuarbeiten und gegebenenfalls zu reformieren. In der Beschreibung wird auch die Frage gestellt, was bei der grundsätzlichen „Möglichkeit, den Heilpraktikerberuf in Zukunft entfallen zu lassen“, beachtet werden müsste.
Laut dem Bund Deutscher Heilpraktiker e.V. (BDH) praktizieren in Deutschland rund 47.000 Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker in Voll- oder Teilzeitpraxen. Eine Umfrage des BDH zeigte, dass diese hochgerechnet jährlich rund 46 Millionen Patientenkontakte haben. Das bedeutet: Jeden Tag gehen deutschlandweit mehr als 128.000 Personen zur Heilpraktikerin oder zum Heilpraktiker. Die Bundesregierung will nun eine Neuregelung des Heilpraktikerrechts prüfen lassen. Ein Gutachten soll auch klären, ob der Beruf möglicherweise abgeschafft werden könnte.
Einschneidende Veränderungen beim Berufsstand der Heilpraktiker
In der vergangenen Woche berichteten das ARD-Politikmagazin Panorama und das Onlinemagazin MedWatch, dass das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) einschneidende Veränderungen beim Berufsstand der Heilpraktiker in Erwägung zieht – inklusive einer möglichen Abschaffung der Profession. Das Ministerium hat am 30.10.2019 eine Ausschreibung für ein Rechtsgutachten zum Heilpraktikerrecht veröffentlicht, das mögliche Optionen ausloten soll.
Die bisherigen Maßnahmen werden vom Bundesgesundheitsministerium als teilweise „nicht ausreichend angesehen“, erklärte ein Sprecher auf Nachfrage von Panorama. „Umgekehrt wenden sich viele Menschen an das BMG, die auf Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker vertrauen. Sie setzen sich für diesen Berufsstand und seinen Erhalt ein.“
Ausschreibung für ein Rechtsguthaben
In den Angebotsbedingungen der Ausschreibung für das Rechtsguthaben heißt in der Darstellung des Auftragsgegenstandes unter Punkt 1.2: „Gegenstand des Auftrages ist die Erstellung eines Rechtsgutachtens, welches das Heilpraktikerrecht einschließlich der dazu ergangenen Rechtsprechung umfassend aufarbeitet und die Frage klärt, ob und welchen rechtlichen Gestaltungsspielraum der Bundesgesetzgeber im Falle einer Reform des Heilpraktikerrechts zur Stärkung der Patientensicherheit hätte.“ Laut der Leistungsbeschreibung sollte das Gutachten unter anderem zu folgenden Fragen Stellung nehmen:
- Gibt es neben dem Arztberuf als dem Beruf, der zur umfassenden Ausübung von Heilkunde berechtigt ist, die rechtliche Möglichkeit, einen weiteren Heilberuf mit weitgehend umfassender Heilkundekompetenz durch Bundesrecht zu regeln?
- Wie wäre das rechtliche Verhältnis zwischen einem bundesrechtlich geregelten Heilpraktikerberuf und dem Arztberuf zu bewerten? Inwieweit ist hier zu berücksichtigen, dass Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker ihre Tätigkeitsschwerpunkte häufig im Bereich der Komplementärmedizin haben?
- Müsste sich eine Heilpraktikerausbildung, wenn sie weiterhin zu einer umfassenden Heilkundekompetenz führt, hinsichtlich Dauer und Inhalten an der Medizinerausbildung orientieren bzw. ob und inwieweit wäre es möglich, Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker über die bestehenden Arztvorbehalte hinaus von der Behandlung weiterer Erkrankungen auszuschließen?
- Gibt es alternativ zu einer Regelung die grundsätzliche Möglichkeit, den Heilpraktikerberuf in Zukunft entfallen zu lassen? Was wäre in einem solchen Fall zu beachten?
- Welche Übergangsregelungen insbesondere für aktuell tätige Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker, Personen, die bereits einen Antrag auf Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis gestellt haben oder sich in einer Ausbildung befinden, die auf die Heilpraktikerüberprüfung vorbereiten soll, wären mindestens erforderlich?
Heilpraktikergesetz sah die Abschaffung des Berufsstandes vor
Zum derzeitigen Stand schreibt das BMG: „Das Heilpraktikergesetz nimmt im Gesundheitswesen Deutschlands eine zentrale Rolle ein. Es regelt, dass nur Ärzte und Heilpraktiker die Heilkunde ausüben dürfen.“ Den Angaben zufolge handelt es sich bei dem Heilpraktikergesetz „um sogenanntes vorkonstitutionelles Recht (Gesetz von 1939), so dass es nur noch fragmentarisch und insoweit erhalten ist, als es dem Grundgesetz nicht widerspricht.“ Intention des Heilpraktikergesetzes sei laut dem Ministerium die Abschaffung des Heilpraktikerberufes gewesen. „Eine Ausbildung oder staatliche Prüfung, die klassischerweise die Qualifikation von Heilberufen kennzeichnen, ist darin nicht geregelt.“
Weiter heißt es: „Eine Heilpraktikererlaubnis und damit die Erlaubnis zur Ausübung von Heilkunde erhält vielmehr jede Person, die in einer Überprüfung vor dem Gesundheitsamt oder der nach Landesrecht zuständigen Stelle nachweist, dass von ihr keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die sie aufsuchenden Patientinnen und Patienten ausgeht und wenn die weiteren, in § 2 Absatz 1 der Ersten Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz genannten Ausschlussgründe nicht erfüllt sind. Durch die Überprüfung ist lediglich zu klären, ob die angehende Heilpraktikerin oder der angehende Heilpraktiker seinen Patientinnen oder Patienten nicht schadet. Es wird nicht überprüft, ob und welche medizinischen Fachkenntnisse sie oder er nachweisen kann.“
Kritik am Panorama-Beitrag
Panorama und MedWatch wiesen in ihrem Beitrag darauf hin, dass auch ihre Recherche gezeigt habe, dass immer wieder Fälle bekannt werden, bei denen Menschen durch die Therapie eines Heilpraktikers Schaden genommen haben. Zudem wurde kritisiert, dass Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker dennoch oft weiterarbeiten und kaum kontrolliert werden. Für Aufsehen sorgte eine Aussage von Patrick Larscheid, dem Leiter des Gesundheitsamts Berlin-Reinickendorf. Er forderte die Abschaffung des Heilpraktiker-Berufsstands.
Der Fachverband Deutscher Heilpraktiker e.V. – Bundesverband kritisiert die Berichterstattung in einem Facebook-Post: „Die gesamte Recherche bewegte sich nur in der Anti-Heilpraktiker-Szene. Sie wurde ja auch maßgeblich getragen von dem Portal „Medwatch“, hinlänglich bekannt dafür, Heilpraktiker und Homöopathie abschaffen zu wollen. Finanziert vom Deutschen Konsumentenbund, der sein Geld mit Abmahnungen vorrangig gegen Webseiten von Heilpraktikern verdient“, schreibt der Verband. „Da bleibt kein Platz mehr für Interviews mit der Berufsgruppe selbst oder mit Patienten, die womöglich Positives über Heilpraktiker-Behandlung berichten könnten“, heißt es dort weiter. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Bund Deutscher Heilpraktiker e.V. (BDH): Repräsentative Umfrage: Jeden Tag gehen in Deutschland 128.000 Patienten zum Heilpraktiker, (Abruf: 05.11.2019), Bund Deutscher Heilpraktiker e.V. (BDH)
- Das Erste/NDR/Panorma: Bundesregierung zieht Abschaffung des Heilpraktiker-Berufs in Betracht, (Abruf: 05.11.2019), Das Erste/NDR/Panorma
- e-Vergabe des Bundes: Ausschreibungssuche des Bundesministeriums für Gesundheit, (Abruf: 05.11.2019), evergabe-online.info
Wichtiger Hinweis:
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