Verringerung der körperlichen Aktivität mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko verbunden
Menschen über 60 Jahre sollten sich mehr und nicht weniger bewegen, um Herzkrankheiten und Schlaganfälle zu vermeiden. Dies geht aus einer Studie hervor, die in der Fachzeitschrift „European Heart Journal“ veröffentlicht wurde. Für die wissenschaftliche Untersuchung konnten die Forschenden auf Daten von mehr als einer Million Menschen zurückgreifen.
Wie die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (European Society of Cardiology – ESC) in einer Mitteilung schreibt, stellten die Forschenden aus Südkorea fest, dass Menschen, die mit zunehmendem Alter weniger moderate oder kräftige körperliche Aktivitäten ausübten, ein um 27 Prozent erhöhtes Risiko für Herz- und Blutgefäßprobleme hatten, während diejenigen, die ihr Aktivitätsniveau erhöhten, ein bis elf Prozent geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatten. Der Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und dem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei älteren Menschen galt auch für diejenigen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen wie Bluthochdruck, hohem Cholesterinspiegel und Typ-2-Diabetes.
Daten von über einer Million Menschen
Unter der Aufsicht von Professor Sang Min Park führten die Forschenden unter der Leitung von Kyuwoong Kim, einem Doktoranden der Seoul National University Graduate School Department of Biomedical Sciences die Studie an 1.119.925 Männern und Frauen im Alter von 60 Jahren oder älter durch. Die Teilnehmenden hatten sich zwei aufeinanderfolgenden Gesundheitschecks unterzogen, die vom Korean National Health Insurance Service (NIHS) von 2009 bis 2010 und von 2011 bis 2012 angeboten wurden. Die Probanden wurden bis Dezember 2016 weiterverfolgt.
Bei jedem Gesundheitscheck beantworteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Fragen zu ihrer körperlichen Aktivität und ihrem Lebensstil. Die Forschenden berechneten bei jedem Screening die wöchentliche Anzahl moderater Übungen (z. B. 30 Minuten oder mehr pro Tag für flottes Gehen, Tanzen, Gartenarbeit) und intensiver Übungen (z. B. 20 Minuten oder mehr pro Tag für Laufen, schnelles Radfahren, Aerobic-Übungen) und wie sich diese in den zwei Jahren zwischen den Checks verändert hatte.
Zudem wurden von Januar 2013 bis Dezember 2016 Daten zu Herzerkrankungen und Schlaganfällen gesammelt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler passten ihre Analysen an, um sozioökonomische Faktoren wie Alter und Geschlecht, andere Erkrankungen und eingenommene Medikamente sowie Lebensstilfaktoren wie Rauchen und Alkoholkonsum zu berücksichtigen.
Das Durchschnittsalter der Teilnehmenden betrug 67 Jahre und 47 Prozent waren Männer. Etwa zwei Drittel gaben an, sowohl im ersten als auch im zweiten Screeningzeitraum körperlich inaktiv gewesen zu sein. In beiden Screening-Perioden war der Anteil der körperlich inaktiven Frauen (78 und 77 Prozent) höher als der der Männer (67 und 66 Prozent). Nur 22 Prozent der inaktiven Personen hatten zum Zeitpunkt des zweiten Gesundheitschecks ihre körperliche Aktivität erhöht und 54 Prozent der Personen, die zum Zeitpunkt des ersten Screenings fünfmal oder öfter pro Woche Sport betrieben hatten, waren zum Zeitpunkt des zweiten inaktiv geworden. Im Nachbeobachtungszeitraum traten insgesamt 114.856 Fälle von Herzerkrankungen oder Schlaganfall auf.
Reduziertes Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme
Die Forschenden stellten fest, dass Menschen, die beim Gesundheitscheck 2009/2010 von einer kontinuierlichen Inaktivität zu einer moderaten oder intensiven Aktivität von drei bis vier Mal pro Woche wechselten, ein um elf Prozent reduziertes Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme hatten. Diejenigen, die bei der ersten Untersuchung ein- oder zweimal pro Woche mäßig oder kräftig aktiv waren, hatten ein um zehn Prozent reduziertes Risiko, wenn sie ihre Aktivitäten auf fünf oder mehr Mal pro Woche erhöhten.
Im Gegensatz dazu hatten diejenigen, die beim ersten Check mehr als fünfmal pro Woche mäßig oder kräftig aktiv waren und beim zweiten Check kontinuierlich inaktiv wurden, ein um 27 Prozent erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme. Bei der gezielten Betrachtung von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen stellten die Forschenden fest, dass diejenigen, die von einer inaktiven Lebensweise zu einer mit drei bis vier moderaten oder kräftigen Aktivitäten pro Woche übergingen, auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme verringerten. Menschen mit einer Behinderung hatten ein verringertes Risiko von 16 Prozent, und Menschen mit Diabetes, erhöhtem Blutdruck oder Cholesterinspiegel hatten ein verringertes Risiko zwischen vier und sieben Prozent.
Ältere Erwachsene sollten ihre Trainingsfrequenz erhöhen oder beibehalten
„Die wichtigste Botschaft dieser Studie ist, dass ältere Erwachsene ihre Trainingsfrequenz erhöhen oder beibehalten sollten, um Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen“, sagte Herr Kim. „Während es ältere Erwachsene mit zunehmendem Alter schwierig finden, sich regelmäßig körperlich zu betätigen, deuten unsere Untersuchungen darauf hin, dass es für die kardiovaskuläre Gesundheit notwendig ist, körperlich aktiver zu sein, und dies gilt auch für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen“, so der Wissenschaftler. Kim wies darauf hin, dass von den Regierungen Programme zur Förderung der körperlichen Aktivität älterer Erwachsener gefördert werden sollten. Und: „Aus klinischer Sicht sollten Ärzte Menschen mit einem hohen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen körperliche Aktivitäten zusammen mit anderen empfohlenen medizinischen Behandlungen „verschreiben“.“
Ergebnisse durch verschiedene Faktoren eingeschränkt
Die Größe der Studie sei zwar eine Stärke, doch eine Einschränkung bestehe darin, dass sie nur in der koreanischen Bevölkerung durchgeführt wurde und die Forschenden daher nicht sicher sein können, ob ihre Ergebnisse aufgrund unterschiedlicher ethnischer Zugehörigkeit und Lebensweise auch auf andere Bevölkerungsgruppen zutreffen. Zu den weiteren Einschränkungen zählen: Die körperliche Aktivität wurde anhand einer selbst berichteten Aussage bewertet, die einer Verzerrung unterliegen könnte. Es mangelte an Informationen über andere Arten von körperlicher Aktivität, wie Hausarbeit und auch muskelstärkenden Aktivitäten. Die Forschenden waren nicht in der Lage zu beurteilen, warum Menschen ihr körperliches Aktivitätsniveau verändert haben, da dies eine Studie war, die auf Daten der „realen Welt“ und nicht auf Daten einer Interventionsstudie basierte. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- European Society of Cardiology: Increased exercise over the age of 60 reduces risk of heart disease and stroke, (Abruf: 09.11.2019), European Society of Cardiology
- European Heart Journal: Changes in exercise frequency and cardiovascular outcomes in older adults, (Abruf: 09.11.2019), European Heart Journal
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.