Ibrutinib zeigt Wirkung gegen das Metabolische Syndrom
Bereits jede dritte Person über 50 Jahre, die aus einem wohlhabenden Land stammt, soll von dem sogenannten Metabolischen Syndrom betroffen sein – einem Zustand, der sich aus mehreren ungesunden Lebensstilfaktoren heraus entwickelt. Forschende entdeckten nun ein bereits für andere Erkrankungen zugelassenes Medikament, mit dem sich das Syndrom behandeln lässt.
Forschende der University of Trento erkannten das Potenzial von dem Medikament Ibrutinib zur Behandlung des Metabolischen Syndroms. Das Leukämie-Medikament ist bereits zugelassen und könnte somit schnell zur Behandlung eingesetzt werden. Die Ergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Nature Communications“ präsentiert.
Was ist das Metabolische Syndrom?
Das sogenannte Metabolische Syndrom hat sich in wenigen Jahrzehnten zu einer regelrechten Volkskrankheit entwickelt. Besonders wohlhabendere Länder wie Deutschland sind betroffen, da sich das Syndrom aus einem Lebensstil heraus entwickelt, der durch Übergewicht, zucker- und fettreicher Ernährung, Bewegungsmangel, Bluthochdruck, erhöhten Cholesterin- und/oder Triglyceridwerten sowie durch Typ-2 Diabetes ergibt.
Was sind die Folgen?
Ärztinnen und Ärzten zufolge ist diese Kombination von ungünstigen Zuständen eine regelrechte Zeitbombe für den Körper. Das Risiko für Arterienverkalkung (Arteriosklerose) und somit auch das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall ist stark erhöht. Außerdem steigt die Gefahr, eine chronische Herzschwäche zu entwickeln. Zudem steigt das Typ2-Diabetesrisiko erheblich an. Darüber hinaus führen erhöhte Harnsäurewerte zu einer höheren Wahrscheinlichkeit, an Gicht zu erkranken.
Aus alt macht neu
Die Forschenden der aktuellen Studie haben bestehende Medikamente mithilfe eines Algorithmus analysiert, um zu prüfen, für welche andere Erkrankungen die Wirkstoffe eingesetzt werden könnten. Diese Technik wird als „drug repositioning“ bezeichnet und ist dank neuster Computertechnologie, mit der riesige Datenmengen verarbeitet werden können, wesentlich effektiver geworden.
Die Nadel im Heuhaufen mithilfe eines Algorithmus finden
„Wir haben den neuen Algorithmus getestet, um nach neuen Therapien zur Behandlung des metabolischen Syndroms zu suchen – einer Krankheit, die das Risiko von Herzerkrankungen und Typ-2-Diabetes erhöht und die sich durch hohen Blutdruck, Adipositas sowie durch erhöhte Cholesterin- und Triglyceridwerte auszeichnet“, fasst Enrico Domenici aus dem Studienteam zusammen. „ Und wir haben vielversprechende Ergebnisse erzielt!“
Genetische Veränderungen durch das Metabolische Syndrom
Durch die Analyse konnten die mutierten Gene identifiziert werden, die für die schädlichen Veränderungen im Fettgewebe, in der Leber und in den Muskeln infolge des Metabolischen Syndroms verantwortlich sind. Im nächsten Schritt suchten die Forschenden nach zugelassenen Wirkstoffen, die diese Veränderungen verhindern können. Dabei stießen sie auf das Medikament Ibrutinib.
Bei welchen Erkrankungen wird Ibrutinib eingesetzt?
Ibrutinib wurde ursprünglich zur Behandlung ganz anderer Erkrankungen entwickelt. Es kommt beispielsweise bei B-Zell-Tumoren wie Mantelzelllymphom, chronische lymphatische Leukämie und bei Morbus Waldenström zum Einsatz. Außerdem wird das Medikament den Forschenden zufolge auf Wirksamkeit gegen Autoimmunerkrankungen getestet.
Ibrutinib begrenzt die Schäden durch Übergewicht
„Als wir dieses Medikament im Labor testeten, sahen wir, dass die verheerenden Auswirkungen von Fettleibigkeit, die durch eine fettreiche Ernährung verursacht wurden, begrenzt werden konnten“, beschreibt die Forschungsleiterin Maria Caterina Mione. Durch die Einnahme von Ibrutinib konnten die vom Metabolischen Syndrom verursachten Entzündungszustände vermindert werden.
Baldige Verfügbarkeit wahrscheinlich
Wie die Forschenden erläutern, könnte Ibrutinib schon bald gegen das Metabolische Syndrom eingesetzt werden, da es sich um ein bereits zugelassenes Medikament handelt und die Verträglichkeit sowie die Sicherheit bereits nachgewiesen sind. Dadurch könne man viele lange und komplexen Phasen des Zulassungsprozesses überspringen. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Karla Misselbeck, Silvia Parolo, Francesca Lorenzini, u.a.: A network-based approach to identify deregulated pathways and drug effects in metabolic syndrome, Nature, 2019, nature.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.