Tod oder Wachstum von Tumorzellen steuerbar
Forschende des Deutschen Krebsforschungszentrums entschlüsselten ein Signal bei Krebszellen mit dem sich sowohl der sofortige Tod der Zellen als auch das Wachstum von Tumoren auslösen lässt. Was durch das Signal eintritt, wird vor allem dadurch entschieden, ob die Krebszelle allein oder in einem Verbund vorliegt.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum präsentierte kürzlich eine aktuelle Studie, die sich mit dem Rezeptor CD95 beschäftigt. Jede Krebszelle trägt dieses Rezeptorprotein wie eine kleine Antenne auf der Oberfläche der Zelle. CD95 scheint eine entscheidende Rolle beim Zelltod sowie beim Tumorwachstum zu spielen. Dies könnte sich erheblich auf zukünftige Krebstherapien und Forschungen auswirken. Die Ergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Cell Reports“ vorgestellt.
Dem Tod geweiht
Die Forschenden erkannten in Laborversuchen an einzelnen Krebszellen, dass die Aktivierung des Rezeptors CD95 den sofortigen Tod der Zelle nach sich zieht. In der Hoffnung, ein Patentrezept gefunden zu haben, womit sich Tumorzellen im Körper vernichten lassen, verabreichten sie Mäusen mit Gehirntumoren den passenden CD95-Bindungspartner (CD95L), der den Rezeptor aktiviert.
Todgeweihte leben länger
Erstaunt stellte das Team fest, dass die Tumoren nicht abstarben, sondern genau das Gegenteil eintrat: Das Wachstum beschleunigte sich. Was einzelne Zellen in den sicheren Tod treibt, scheint einen Verbund von Krebszellen zum Wachstum anzuregen. „Bei der Untersuchung verschiedener Krebsgewebe haben wir erkannt, dass eine CD95-Aktivierung unter natürlichen Bedingungen in der Regel das Tumorwachstum antreibt“, erläutert Forschungsleiterin Ana Martin-Villalba.
Ein Widerspruch?
Um den scheinbaren Widerspruch zwischen den Laborversuchen und den Experimenten an Mäusen zu klären, untersuchte das Team die CD95-Aktivierung an sogenannten „Tumorsphären“, das sind kleine, im Labor gezüchtete Minitumoren. Auch hier regte die Aktivierung der Rezeptoren den Tumor zum Wachstum an.
Nur zusammen sind Krebszellen stark
„Die Auswirkung der CD95-Aktivierung – Zelltod oder Wachstum – hängt offenbar in erster Linie davon ab, ob es sich um isolierte Krebszellen handelt, wie sie in der Kulturschale wachsen, oder um Zellen im dreidimensionalen Verbund“, berichtet Gülce Gülcüler aus dem Studienteam. Zwar seien einzelne Zellen durch die Aktivierung dem Tod geweiht, doch in natürlicher Umgebung seien die Zellen in Gewebestrukturen eingebunden. In solchen Strukturen sei die Aktivierung ein Wachstumsstimulus.
Neue Strategien gegen Krebs
„Das Ergebnis ermöglicht uns, neue Strategien zu entwickeln, um die wachstumsfördernden Signale des CD95-Rezeptors in Todessignale für die Krebszellen zu verwandeln“, betont Martin-Villalba. So könne dem Tumor die Chance genommen werden, eine Resistenz gegen Therapien zu entwickeln.
Erste Erfolge
Die Wissenschaftlerin Ana Martin-Villalba untersucht CD95 bereits seit vielen Jahren und sieht darin eine Schlüsselrolle bei der Krebsbekämpfung. In einer früheren klinischen Studie der Phase II. zeigte sie bereits, dass die Blockade des CD95-Signals zusätzlich zur Radiotherapie zu einem verbesserten Überleben führen kann. „Mit unseren aktuellen Ergebnissen konnten wir nun erstmals eine Erklärung dafür nachliefern, warum die CD95-Blockade das Krebswachstum tatsächlich bremst“, resümiert die Forscherin. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Ana Martin-Villalba, Gülce S. Gülcüler Balta, Cornelia Monzel, u.a.: 3D cellular architecture modulates tyrosine kinase activity thereby switching CD95 mediated apoptosis to survival, Cell Reports, 2019, cell.com
- Deutsches Krebsforschungszentrum: Zelltod oder Krebswachstum: eine Frage des Zusammenhalts! (Abruf: 20.11.2019), dkfz.de
Wichtiger Hinweis:
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