Monatliche Verhütungspille könnte die tägliche Dosis ersetzen
Ein amerikanisches Forschungsteam stellt eine neuartige Verhütungsmethode vor, bei der nur einmal im Monat eine Kapsel zu sich genommen werden muss. Die eingenommene Kapsel bleibt dann über mehrere Wochen im Magen und setzt schrittweise die Wirkstoffe frei.
Forschende des Massachusetts Institute of Technology (MIT) stellten eine neue Antibabypille vor, die nicht täglich, sondern nur einmal im Monat eingenommen werden muss. Die neue Verhütungspille soll die Anzahl der unbeabsichtigten Schwangerschaften reduzieren, die durch das Vergessen einer Tagesdosis entstehen können. Die Studienergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „Science Translational Medicine“ präsentiert.
Viele Schwangerschaften trotz Pille
Die Antibabypille ist die beliebteste Form der Verhütung. Die Wirksamkeit hängt jedoch stark von der regelmäßigen Einnahme ab. Schätzungen zufolge, werden neun Prozent aller Frauen trotz Pille schwanger, weil sie die Pille nicht regelmäßig einnahmen.
Wie funktioniert die neue Pille?
Das neue Verhütungsmittel ist in einer gelatinebeschichteten Kapsel enthalten. Im Magen kann die Kapsel über drei Wochen lang das enthaltene Verhütungsmittel freisetzen. Bei Tests an Schweinen zeigte sich bereits, dass die Konzentration der Wirkstoffe im Blut gleich hoch wie bei einer täglichen Einnahme ist.
Sternsystem für Langzeitpillen
Die Pille nutzt ein neues, vom MIT entwickeltes Wirkstoffabgabesystem. Das System ist sternförmig angeordnet. Innerhalb der Arme des Sterns sind die Wirkstoffportionen gefaltet. Sobald die Gelatine mit der Magenflüssigkeit in Kontakt kommt, beginnt sie sich langsam aufzulösen. Dabei werden die Arme der Sternform zuerst freigesetzt. Daraufhin dehnen sich die gefalteten Wirkstoffportionen innerhalb der Arme langsam aus und geben Tag für Tag ihre Inhalte frei.
Auch auf andere Medikamente übertragbar
In früheren Studien zeigten die Forschenden bereits, dass die Langzeitkapseln auch mit Medikamenten zur Behandlung von Malaria sowie mit HIV-Medikamenten beladen werden können, die derzeit täglich eingenommen werden müssen.
Besondere Herausforderung bei Verhütungspillen
Um sicher zu stellen, dass die Pille drei bis vier Wochen im Magen verbleibt, ohne sich vorher komplett aufzulösen, mussten die Forschenden stärkere Materialien als in den früheren Versionen verwenden. Das Team teste die Kapseln in künstlichen Magenflüssigkeiten im Labor. So kristallisierten sich die optimale Materialstärke und das optimale Faltsystem heraus. Bei den Tests enthielt die Pille das Verhütungsmittel Levonorgestrel.
Wird die monatliche Pille die tägliche ersetzen?
Die Kapsel ist so konzipiert, dass die Arme der sternförmigen Kapsel nach drei bis vier Wochen abbrechen und die Reste dann über den Verdauungstrakt den Körper verlassen. „Wir hoffen, dass diese Arbeit – nach unserem Kenntnisstand das erste Beispiel für eine einmonatige Pille oder Kapsel – eines Tages zu potenziell neuen Modalitäten und Optionen für die Verhütung wird“, berichtet Professor Robert Langer aus dem Studienteam
Auch für ärmere Länder interessant
„Der Mangel an Zugang zu Verhütungsmitteln ist ein globales Gesundheitsproblem, das jedes Jahr zu unnötigen Todesfällen bei Müttern und Neugeborenen führt“, kommentiert Professorin Kimberly Scarsi von der Universität von Nebraska Medical Center. Die Expertin war zwar nicht an der Studie beteiligt, ist aber von den Ergebnissen begeistert.
„Ein einmal monatliches orales Verhütungsmittel würde eine diskrete, nichtinvasive Option der Empfängnisverhütung bieten, die die Einhaltung der Medikamenteinnahme deutlich verbessern könnte, um Frauen mehr Kontrolle über ihre Gesundheits- und Familienplanungsentscheidungen zu geben“, resümiert Scarsi.
Wann ist die neue Pille erhältlich?
„Durch die Entwicklung dieser Technologien wollen wir die Erfahrung der Menschen mit der Einnahme von Medikamenten verändern“, ergänzt Giovanni Traverso aus dem Studienteam. Die MIT-Forschenden arbeiten engagiert daran, diese Verabreichungsmethode in den kommenden drei bis fünf Jahren auf den Markt zu bringen.
Globale Gesundheit verbessern
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO verwenden 214 Millionen Frauen im gebärfähigen Alter in Entwicklungsländern keine modernen Verhütungsmethoden, obwohl sie nicht schwanger werden wollen. „Die Einführung einer monatlichen Version eines Verhütungsmittels könnte einen enormen Einfluss auf die globale Gesundheit haben”, fügt Ameya Kirtane aus dem Studienteam hinzu. Zudem könne diese Verhütungsmethode zur Gleichstellung der Geschlechter und zu mehr Selbstbestimmung der Frauen beitragen. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Ameya R. Kirtane, Tiffany Hua, Alison Hayward, u.a.: A once-a-month oral contraceptive, Science Translational Medicine, 2019, stm.sciencemag.org
- Massachusetts Institute of Technology (MIT): Monthly birth control pill could replace daily doses (Abruf: 05.12.2019), news.mit.edu
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.