Rückenschmerzen vom vielen Sitzen: Selbstmassage lockert verspannte Muskeln
Eine spezielle Selbstmassage kann bei Rückenschmerzen helfen die Beschwerden zu lindern. Das zeigten die Ergebnisse einer aktuelle Studie der Technischen Universität (TU) Chemnitz. Die eigenhändig durchgeführte Massage dauert nur acht Minuten und kann in den Alltag gut integriert werden.
Viele Stunden am Schreibtisch
Die meisten Menschen verbringen täglich viele Stunden im Sitzen. Laut Fachleuten arbeitet rund jeder zweite Beschäftigte am Schreibtisch. Doch langes Sitzen macht uns krank und führt unter anderem zu Rückenschmerzen. Daher wird dazu geraten, immer wieder aufzustehen und sich zu bewegen. Zudem kann es laut einer neuen Studie helfen, wenn man sich selbst massiert.
Es gibt verschiedene Hausmittel bei Rückenschmerzen, wie Wärmeanwendungen oder Salben, die die Beschwerden nachweislich lindern können. Helfen kann auch eine spezielle Selbstmassage, die verspannte Muskeln lockert. Das zeigt eine Studie, die in der Fachzeitschrift „Applied Ergonomics“ veröffentlicht wurde.
Lockerung der Rückenmuskulatur
Ob bei der Arbeit, auf dem Weg dorthin oder zu Hause: eine Gelegenheit zum Sitzen ist in vielen Alltagssituationen gegeben und wird gern genutzt. Im Auto lockt die Sitzheizung, im Büro der Komfort, beim Warten ist es die Gewohnheit und in den eigenen vier Wänden dienen Sofa und Sessel der Entspannung.
„Alles andere als entspannt kann das viele Sitzen jedoch für den Rücken sein“, erklärt Dr. Freddy Sichting von der Professur Bewegungswissenschaft der Technischen Universität (TU) Chemnitz in einer Mitteilung. Auf den Tag summiert sitzen Menschen immer mehr: im Durchschnitt sechs bis zehn Stunden.
„Ganz besonders problematisch wird es insbesondere dann, wenn etwa Lkw-Fahrer ohne großartige Pause nahezu neun Stunden ununterbrochen hinterm Steuer sitzen“, sagt Sichting.
Das Phänomen, dass Menschen nach langem Sitzen über einen schmerzenden Rücken oder Muskelverspannungen klagen, ist nicht neu. „Umso erstaunlicher, dass es bislang weder einen Nachweis dafür gibt, dass sich der Rücken durch langes Sitzen verspannt, noch wie Betroffene ohne großen Aufwand selbst etwas dagegen tun können“, so der Bewegungswissenschaftler.
Zwar würden Betroffene zur Lockerung der Rückenmuskulatur teilweise Massagen nutzen, doch die klassische Massage sei für den Arbeitsalltag eher ungeeignet. „Eine flexible Alternative verspricht hier die Selbstmassage mit einer Schaumstoffrolle“, erklärt Sichting.
Langes Sitzen kann Rückenverspannungen hervorrufen
Wie in einer Studie an der TU Chemnitz gezeigt werden konnte, reichen bereits acht Minuten Selbstmassage mit einer handelsüblichen Hartschaumrolle aus, um nach viereinhalb Stunden permanentem Sitzen die dadurch steif gewordene Rückenmuskulatur wieder zu lockern.
„Der Bewegungsablauf besteht darin, sich gegen die Rolle gelehnt mit dem Rücken an die Wand zu stellen und sich durch langsame Auf- und Abwärtsbewegungen selbst den Rücken zu massierten“, erklärt der Studienleiter.
Für die Studie wurden 59 Teilnehmende in zwei Gruppen eingeteilt. Während die eine nach viereinhalb Stunden Sitzen acht Minuten lang die Selbstmassage mit der Rolle anwandte, pausierte die andere Gruppe ebenfalls acht Minuten im Stehen – jedoch ohne Massage.
Bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurden drei Messungen zur Steifheit der Rückenmuskulatur vorgenommen: vor dem Sitzen, nach dem Sitzen sowie nach der jeweiligen Pause im Stehen mit oder ohne Selbstmassage.
Laut Sichting konnte anhand der Ergebnisse nicht nur erstmals nachgewiesen werden, dass langes Sitzen Rückenverspannungen hervorrufen kann, sondern es zeigte sich auch, dass mittels der Selbstmassage die durch das Sitzen steif gewordene Rückenmuskulatur wieder gelockert werden konnte und keine Verschlechterung mehr gegenüber dem Ausgangszustand zu vernehmen war.
Massage flexibel in den Alltag integrieren
„Für uns war es eine große Motivation, Menschen, die lange am Arbeitsplatz sitzen müssen, mit unserer Forschung helfen zu können“, so Sichting, der die Studie zusammen mit Alexander Kett, der sich im Rahmen seiner Promotion intensiv mit dieser Thematik beschäftigt, an der Professur für Bewegungswissenschaft durchführte.
„Die achtminütige Selbstmassage lässt sich flexibel in jeden Alltag integrieren und kann dem Entstehen von Rückenschmerzen nicht nur entgegenwirken, sondern auch die Voraussetzungen dafür schaffen, sie zu vermeiden“, erläutert Kett.
Von Bedeutung könne die Selbstmassage vor allem für diejenigen werden, die berufsbedingt lange ohne Unterbrechung sitzen müssen. „Zum Beispiel Lkw- oder Busfahrer“, sagt Sichting, „teilweise aber auch Büroangestellte.“
Nutzen lässt sich unmittelbar spüren
Außerdem hebt der Bewegungswissenschaftler hervor, „dass sich der Nutzen unmittelbar spüren lässt, da sich das wohltuende Gefühl einer klassischen Massage einstellt.“ Der Gedanke, mit solch simpler Maßnahme etwas für die Gesundheit zu tun, könne auch dazu motivieren, die Selbstmassage regelmäßig durchzuführen.
„Bei anderen Therapiemaßnahmen und Trainingsinhalten setzt der gewünschte Effekt oftmals erst später ein, wodurch die Betroffenen schnell die Lust daran verlieren“, erklärt Sichting und betont zugleich: „Die Selbstmassage sollte ein Teil regelmäßiger Sitzpausen sein, diese jedoch nicht ersetzen.“
Präventiv rät der Fachmann dazu, lieber aller 30 bis 60 Minuten für kleine Aktivitäten kurz aufzustehen, als über Stunden am Stück sitzen zu bleiben, um dann mit der Massage entgegenwirken zu können. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Technische Universität Chemnitz: Wenn der Rücken vom vielen Sitzen schmerzt, (Abruf: 07.12.2019), Technische Universität Chemnitz
- Applied Ergonomics: Sedentary behaviour at work increases muscle stiffness of the back: Why roller massage has potential as an active break intervention, (Abruf: 07.12.2019), Applied Ergonomics
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.