Abnehmen durch energiereduzierte Mischkost oder Einschränkung der Kohlenhydrate?
Glühwein, Plätzchen, Eierpunsch, Lebkuchen: Während der Advents- und Weihnachtszeit gibt es so einige Lebensmittel, die sich schnell auf der Waage bemerkbar machen. Im neuen Jahr fassen dann viele Menschen den Entschluss, wieder abzunehmen. Doch wie klappt die Gewichtsreduktion am besten?
Gewichtsreduktion ist nicht nur für viele Patientinnen und Patienten mit Diabetes ein wichtiges Thema. Ob das Abnehmen gelingt, hängt stark von dem gewählten Ernährungskonzept ab. Elisabeth Höfler, Ernährungsexpertin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), stellt in einer aktuellen Mitteilung zwei Ernährungmöglichkeiten vor.
Wie gelingt das Abnehmen am besten?
Adventsgebäck, Glühwein, Festessen – zur Weihnachtszeit kommen schnell etliche Kalorien zusammen. Viele Menschen nehmen sich daher vor, im neuen Jahr abzunehmen: Doch wie gelingt das am besten?
Lange Zeit galt die Devise, dass eine fettreduzierte Ernährung der beste Weg zur Gewichtsreduktion ist, doch in den vergangenen Jahren setzen immer mehr Abnehmwillige auf einen Speiseplan, der mit möglichst wenig Kohlenhydraten (Low Carb) auskommt.
„Zwar hat eine Reduzierung der Kohlehydrate initial den größten positiven Effekt auf den Blutglukosespiegel und auch auf die Gewichtsreduktion“, erläutert DDG-Präsidentin Professorin Dr. med. Monika Kellerer. „Doch ein ausschließlicher Fokus auf die Kohlehydrataufnahme ist nicht zielführend.“
Die Ärztliche Direktorin des Zentrums für Innere Medizin I am Marienhospital Stuttgart verweist auf die aktuelle Stellungnahme der DDG zu den Empfehlungen der Amerikanischen Diabetesgesellschaft (ADA) und betont, dass bei der Ernährung insgesamt auf Fettsäurezusammensetzung, Ballaststoffe sowie glykämische Last zu achten sei.
Zwei Konzepte zur Gewichtsreduktion
Elisabeth Höfler, Leiterin der Diätschule, Diät- und Ernährungsberatung am Marienhospital Stuttgart, unterstützt seit 30 Jahren Diabetes-Patientinnen und -Patienten bei der Gewichtsreduktion. Die Diätassistentin empfiehlt zwei Konzepte: die energiereduzierte Mischkost und den weitgehenden Verzicht auf Kohlenhydrate, auch bekannt als Low Carb.
„Wichtig ist, dass die gewählte Ernährungsform zufrieden stellt“, so Höfler. „Denn man muss sie lange durchhalten, damit die Kilos purzeln.“ Daher steht am Anfang jeder Ernährungsumstellung die Frage: Welches Konzept passt zu mir?
Kommt Low Carb in Frage?
Einige Fragen können bei der Entscheidung helfen, ob man besser auf Low Carb oder energiereduzierte Mischkost setzen sollte. Etwa: Komme ich mit wenig Brot aus, mag ich sehr viel Gemüse essen? Diese beiden Punkte sind bei Low Carb wesentlich.
„Wir haben häufig Patienten, die sich ein Frühstück oder Abendessen ohne Brot nicht vorstellen können“, so Elisabeth Höfler. „Auch der Verzicht auf Kartoffeln und Pasta erscheint ihnen unvorstellbar.“
In diesem Fall kommt Low Carb nicht in Frage. „Das ist dann dauerhaft nicht umsetzbar“, sagt die Expertin. Außerdem sollte das Gemüse frisch gekauft und zubereitet sein – das kann eine Veränderung im Einkaufsverhalten mit sich bringen, die ebenfalls bedacht werden sollte.
Diät muss alltagstauglich sein
Wie es in der Mitteilung heißt, lautet die zentrale Frage für Berufstätige bei der energiereduzierten Mischkost: Kann ich in einer Kantine zu Mittag essen, die ein Salatbuffet, viel Gemüse und Fleisch und Fisch ohne kompakte Saucen anbietet?
„Wenn es in meinem Umfeld vor allem Pizza, Pasta, Döner und Burger gibt, wird es schwierig“, so Höfler. Dann müsse man sich darauf einrichten, zu Hause vorzukochen und die Speisen in einer Transportbox zur Arbeit mitzunehmen. „Hier gebe ich gerne den Tipp: Einmal kochen, mehrfach essen“, erläutert Höfler.
Sie hat dazu ein Beispiel: Die doppelte Menge Lachs zubereiten, für den zweiten Teil eine Marinade aus Zitrone und Olivenöl anmischen und mit einem Salat in den Job mitnehmen. So entsteht aus dem warmen Gericht ein leckeres Kaltgericht fürs Büro.
Ein weiterer wichtiger Punkt, ist, dass die Diät alltagstauglich sein muss. „Durch Einladungen, Reisen, Feiertage oder offizielle Anlässe kommt man leicht aus dem Rhythmus“, erklärt Höfler. „Man muss sich vorstellen können, am nächsten Tag wieder motiviert zum bewährten Konzept zurückzukehren und die kleinen Sünden auszugleichen.“
Jeden Tag ein Kilo Gemüse
Bei Low Carb bildet Gemüse die Basis – zwischen 750 und 1.000 Gramm pro Tag müssen es sein, um den Hunger zu stillen. „Sättigung kann man sich bei Low Carb nur über Gemüse verschaffen“, sagt Höfler. Für die Kohlenhydratriesen Brot, Kartoffeln, Nudeln sowie Reis gilt: Knapp 120 Gramm pro Tag sind erlaubt. Als Proteinträger eignen sich mageres Fleisch und viel Kaltwasserfisch wie Lachs, Hering, Makrele oder Tunfisch.
Was die Fette betrifft, ist Käse bis 45 Prozent Fettanteil erlaubt. Ansonsten bieten sich Raps-, Oliven-, Walnuss- oder Haselnussöl an. „Sehr empfehlenswert ist übrigens Leinöl, das ist ja sehr gesund und momentan wieder sehr populär“, erklärt Höfler.
Sie hat dazu einen Tipp: Geflügel kurz anbraten, dazu Gemüse mit einem sättigenden Dip aus Quark, Hüttenkäse oder Joghurt anrichten, der mit Kräutern und Curry gewürzt ist und on top mit einem Teelöffel Leinöl aufwartet. Auch in leckere Brotaufstriche kann man pro Portion einen Esslöffel Leinöl beimengen.
Süßes steht bei der Low-Carb-Ernährung nur ausnahmsweise auf der Speisekarte – einmal pro Woche etwa ein kleines Stück Obstkuchen mit Streuseln. Um den Appetit auf Süßes zu stillen, rät Höfler zu klein geschnittenem Obst in Quark oder Joghurt, der mit Süßstoff versetzt wird. „Bei Getränken am besten auf zuckerfreie Varianten umsteigen“, erläutert die Expertin. Wer zu Light-Varianten greift, sollte die Zutatenliste beachten und Fruktose meiden.
Bei der energiereduzierten Mischkost ist alles erlaubt
Bei der energiereduzierten Mischkost ist alles erlaubt, aber nur bis etwa 1.500 Kilokalorien pro Tag
Das Prinzip dabei: Man nimmt zwischen 500 und 800 Kilokalorien pro Tag weniger auf, als der Körper für Grundumsatz plus Bewegung benötigt. Den Bedarf kann man mit dem Energiebedarfsrechner errechnen, der auf der Webseite der gemeinnützigen Gesundheitsorganisation diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe zu finden ist.
Bei einer Schreibtischtätigkeit mit wenig Bewegung etwa liegt der Bedarf bei rund 1.800 bis 2.000 Kalorien täglich. „Hier ist ein Zielwert von 1500 Kalorien empfehlenswert“, erklärt Höfler. „Viel weniger sollte es nicht sein, sonst ist dieses Prinzip nicht durchzuhalten, zumal wichtige Vitamine und Mineralstoffe fehlen könnten.“
Bei einem körperlich tätigen Handwerker beläuft sich der tägliche Energiebedarf hingegen auf 2.400 bis 2.800 Kalorien, er sollte 2.000 Kalorien ansteuern. Achtung: Bei Frauen in den Wechseljahren sinkt der Grundumsatz auf etwa 1.700 bis 1.800 Kalorien.
Ansonsten ist eigentlich alles erlaubt, sofern man in seinem „Kalorienbudget“ bleibt. Das erscheint aber mitunter einfacher, als es tatsächlich ist. Deshalb gilt: Lebensmittel mit hohem Fettgehalt wie Wurst und Käse oder Speisen mit Soßen meiden, dafür bei Salat, Gemüse und magerem Fleisch reichlich zugreifen.
Moderate Mengen an Süßwaren sind erlaubt, doch auch hier gilt: Besser ein Obstdessert mit Süßstoff zubereiten. Beim Kauf von Fertigprodukten sollten Konsumentinnen und Konsumenten aufmerksam die Zutatenliste studieren.
„Eine Fertigpizza kann den gesamten Tagesbedarf decken, unbedingt auf Größe und Belag achten“, warnt die Diätexpertin. Ein Tipp von Höfler: Statt Pizza sättigende Tiefkühl-Fischgerichte wählen, die nur 500 bis 800 Kilokalorien enthalten.
Drei Hauptmahlzeiten
Egal, ob Low Carb oder energiereduzierte Mischkost, auch für die Essens-Intervalle gibt es Empfehlungen. „Wir raten stark zu drei Hauptmahlzeiten“, so Höfler. Zwischen Frühstück, Mittag und Abendessen sollten jeweils vier bis sechs nahrungsfreie Stunden liegen und Essen zu sehr späten Zeiten sollte vermieden werden. „Optimal ist es, über den Abend und die Nacht zwölf Stunden nahrungsfrei zu bleiben“, erklärt die Expertin.
Das die 12-Stunden-Diät eine erfolgreiche Methode zum Abnehmen ist, zeigte auch eine Studie eines Forschungsteams um Dr. Satchidananda Panda vom Salk Insitute in Kalifornien.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten in ihrer Untersuchung mit Mäusen fest, dass diejenigen Nager, die ihr Futter nur in einem Zeitfenster von neun bis zwölf Stunden aufnehmen durften, insgesamt schlanker blieben, als die Mäuse, die die gleiche Nahrungsmenge über 24 Stunden hinweg konsumieren durften. Die Studienergebnisse wurden im Fachmagazin „Cell Metabolism“ veröffentlicht.
Auf Mineralwasser setzen
Was die Getränke betrifft, rangiert Mineralwasser laut der DDG ganz oben auf der Liste. „Es sollte möglichst reich an Kalzium sein, um die Knochengesundheit zu stärken“, erklärt Höfler. Wer Mineralwasser nicht schätzt, kann auch auf Kräuter- und Früchtetee ausweichen.
Obstsäfte sollten mit Wasser im Verhältnis von eins zu drei verdünnt werden. Hier hat die DDG-Expertin einen Tipp parat: „Gemüsesäfte sind kalorienärmer als Obstsäfte – vielen schmeckt Tomatensaft ebenso gut wie Orangensaft.“
Für die benötigte Trinkmenge veranschlagt man 30 bis 35 Milliliter Flüssigkeit pro Kilo Körpergewicht und Tag. Eine 70 Kilogramm schwere Person benötigt demnach 2,1 Liter pro Tag.
Für zehn Kilogramm Gewichtsverlust rund ein Jahr einplanen
Wer Low Carb oder energiereduzierte Mischkost konsequent umsetzt, wird erfolgreich abnehmen. „Anfangs sind 500 Gramm bis zu einem Kilo Gewichtsverlust pro Woche realistisch“, sagt Höfler. Dann setzt in den meisten Fällen eine Stagnation ein, die aber nicht frustrieren darf – Durchhaltevermögen ist gefragt.
Wer über zehn Kilo gesund und nachhaltig abnehmen will, sollte ein Jahr einplanen. „Ein Patient, der 160 Kilo wiegt und maximal 1.800 Kalorien täglich zu sich nimmt, kann in einem Jahr 20 bis 25 Kilo verlieren, wenn er konsequent ist“, weiß die Diätexpertin aus Erfahrung. Und: Einmal pro Woche wiegen reicht aus!
Allerdings setzt ein Gewichtsverlust von 50 Kilo eine fast unmenschlich hohe Motivation voraus. Bei massiver Adipositas (Fettleibigkeit) sind eher chirurgischen Maßnahmen zu erwägen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG): Erfolgreich abnehmen – eine Typfrage - Auf energiereduzierte Mischkost setzen oder eher Kohlenhydrate einschränken?, (Abruf: 15.12.2019), Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
- Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG): Stellungnahme des Ausschuss Ernährung der DDG zum Consensus Report: Nutrition Therapy for Adults with Diabetes or Prediabetes, (Abruf: 15.12.2019), Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
- diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe: Energiebedarf, (Abruf: 15.12.2019), diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe
- Cell Metabolism: Time-Restricted Feeding Is a Preventative and Therapeutic Intervention against Diverse Nutritional Challenges, (Abruf: 15.12.2019), Cell Metabolism
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.