TK-Chef: Durch den Finanzausgleich wird Krankheit statt Prävention gefördert
Viele Erkrankungen ließen sich durch einen gesunden Lebensstil vermeiden, doch bestehen für die Krankenversicherungen wenig Anreize, gesundes Verhalten ihrer Versicherten zu fördern, kritisiert der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse (TK), Dr. Jens Baas. Denn je mehr Krankheiten eine Kasse bei ihren Versicherten nachweisen kann, umso mehr Geld erhält sie aus dem Gesundheitsfonds, so die Mitteilung der TK. Durch den Finanzausgleich werde Krankheit statt Prävention gefördert.
Ein Großteil der Gesundheitsausgaben fällt hierzulande auf die Behandlung sogenannter Zivilisationskrankheiten wie zum Beispiel Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Rückenbeschwerden aus, berichtet die TK. Diese seien „oft lebensstilbedingt und damit eigentlich vermeidbar – hervorgerufen durch ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel und Stress.“ Doch würden die Anreize im Gesundheitssystem falsch gesetzt, denn der Finanzausgleich (dem sogenannten Morbi-RSA) bestrafe Kassen finanziell, wenn sie sich zum Beispiel darum kümmern, dass sich die Zuckerkrankheit eines Versicherten nicht verschlechtert, so die Mitteilung der TK.
Je mehr Erkrankte, umso mehr Geld
Für die Krankenkassen macht der Finanzausgleich es finanzielle attraktiv, möglichst viel Krankheit zu dokumentieren, erklärt der TK-Vorstandsvorsitzende. „Je mehr Krankheiten für unsere Versicherten dokumentiert werden und je mehr Medikamente sie bekommen, desto mehr Geld bekommen wir für sie aus dem Gesundheitsfonds“, so Baas. Der Finanzausgleich honoriere eine möglichst dramatische Dokumentation von Krankheit, statt den Wettbewerb um bestmögliche medizinische Versorgung und schlanke Verwaltung zu fördern. „Ein Gesundheitssystem, in dem niemand mehr ein Interesse an gesunden Menschen hat, ist ein krankes System“, bemängelt der TK-Chef.
Engagement für Prävention muss honoriert werden
Um die Gesundheit der Menschen nachhaltig zu fördern und Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Herzerkrankungen und Rückenschmerzen zu bekämpfen, ist laut Angaben des TK-Chefs ein bundesweites Engagement für die Gesundheitsförderung erforderlich. Die benötigten Maßnahmen zur Prävention kosten allerdings Geld. Hier müsse sichergestellt sein, dass das Engagement für einen nachhaltigen gesünderen Lebensstil auch honoriert wird. „Wenn wir aber weniger aus dem Fonds bekommen, je besser es unseren Versicherten geht, läuft etwas verkehrt“, so Baas weiter. Der TK-Chef forderte daher, lebensstilbedingte Erkrankungen, die durch Prävention und eine gesündere Lebensweise vermeidbar wären, im Finanzausgleich nicht länger überzugewichten.
Fehlanreize durch den Finanzausgleich
Bereits bei Einführung des Finanzausgleich wurden Befürchtungen geäußert, dass dieser falsche Anreize schaffen könne und im Prinzip ein besonders hoher Anteil von erkrankten Versicherten belohnt werde. Schon „der erste wissenschaftliche Beirat des Bundesversicherungsamts, das den Finanzausgleich abwickelt, hatte vor der überproportionalen Berücksichtigung dieser Erkrankungen gewarnt und war 2008, nachdem er von der Politik ausgebremst worden war, zurückgetreten“, berichtet die TK. „Heute zeigt sich: Der Beirat hatte recht“, so Dr. Baas weiter. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.