Erhöht Marihuana-Konsum das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen?
Immer mehr Länder erlauben Cannabis zu medizinischen Zwecken, in manchen Ländern ist auch der Freizeitgebrauch legal. Weltweit führte dies in den letzten Jahren zu einem deutlichen Anstieg des Konsums. Amerikanische Forschende stellten nun fest, dass es eine mögliche Verbindung zwischen dem Konsum von Marihuana und einem erhöhten Risiko für Herzkrankheiten gibt.
Mehr als zwei Millionen Patientinnen und Patienten in den USA leiden unter Herzkrankheiten und konsumieren gleichzeitig Cannabis. Da Marihuana lange Zeit als illegale Droge galt, sind die Auswirkungen auf die Herzgesundheit bislang nur spärlich untersucht. Einer aktuellen Studie zufolge, die kürzlich im „Journal of the American College of Cardiology“ vorstellt wurde, deuten neueste Beobachtungen auf einen alarmierenden Zusammenhang zwischen Marihuana und einem erhöhten Herzkrankheitsrisiko hin.
Unbekannte Folgen auf die Herzgesundheit
Auch wenn Marihuana für medizinische Zwecke und den Freizeitgebrauch zunehmend legalisiert wird, sind die kardiovaskulären Auswirkungen von Marihuana bislang nicht gut verstanden. Forschende des Brigham and Women’s Hospital berichten, dass mehr als zwei Millionen Herzpatientinnen und -patienten in den USA Marihuana verwendet haben oder es derzeit konsumieren. Beobachtungsstudien zufolge stehe der Konsum von Cannabis mit einer Reihe von kardiovaskulären Risiken in Verbindung, darunter erhöhte Risiken für Schlaganfall, Herzrhythmusstörungen und Herzschwäche.
Mehr Cannabis-Konsumenten in den USA als Zigarettenraucher
„Wir erleben einen epidemiologischen Wandel“, berichtet der Kardiologe Muthiah Vaduganathan aus dem Studienteam. Auf der eine Seite hören immer mehr Menschen auf zu Rauchen oder drosseln ihren Tabakkonsum. Auf der anderen Seite wird ein zunehmender Marihuana-Konsum beobachtet. „Zum ersten Mal übertreffen die Cannabis-Konsumenten in den USA die Zahl der Zigarettenraucher“, betont der Kardiologe.
„Das hat uns die Augen geöffnet“
„Wir müssen nun unsere Aufmerksamkeit und die Ressourcen des öffentlichen Gesundheitswesens darauf richten, das Sicherheitsprofil des Konsums zu verstehen“, unterstreicht Vaduganathan. Ärztinnen und Ärzte sollten laut den Forschenden insbesondere bei Betroffenen mit Herzkrankheiten nachhaken, ob sie Cannabis konsumieren, da Marihuana zudem unter Verdacht steht, Wechselwirkungen mit Herzmedikamenten auszulösen.
Cannabis hat Wechselwirkungen mit bestimmten Medikamenten
Eine weitere Studie aus dem Jahr 2019, die im „Journal of Clinical Psychopharmacology“ veröffentlicht wurde, zeigt, dass es Wechselwirkungen zwischen Cannabisprodukten und konventionellen Medikamenten gibt. Die Forschenden kommen zu dem Schluss, dass Cannabis nicht zusammen mit Medikamenten konsumiert werden sollte, die mit den Enzymem CYP2C19, CYP2C9 und CYP1A2 in Verbindung stehen.
CYP2C19 ist beispielsweise Bestandteil einiger Antidepressiva, Neuroleptika, Beruhigungsmittel und Protonenpumpenhemmer. Das Enzym CYP2C9 spielt eine wichtige Rolle beim Abbau verschiedener Medikamente wie dem Blutverdünner S-Warfarin, Entzündungshemmern wie Ibuprofen, Sulfonylharnstoffen, Phenytoin, Tolbutamid, Losartan, Terbinafin und Tamoxifen. Das Enzym CYP1A2 ist an der Metabolisierung vieler gängiger Wirkstoffe beteiligt, darunter Fluorchinolone, Methylxanthine sowie einige Neuroleptika und Antidepressiva.
Ungewisse Auswirkungen
„Der Marihuanakonsum, sowohl in der Freizeit als auch in der Medizin, nimmt zu, doch viele seiner kardiovaskulären Auswirkungen sind noch immer kaum bekannt“, ergänzt die Kardiologin Ersilia M. DeFilippis. Sie stellte in ihren Untersuchungen fest, dass viele Kardiologie-Patienten Medikamente einnehmen, die auf unvorhersehbare Weise mit Marihuana interagieren können. Dies unterstreiche, dass mehr Daten benötigt werden, damit sowohl die Anbieter als auch die Betroffenen besser beraten werden können.
Verbindung zwischen Cannabis und Herzkrankheiten
DeFilippis und Vaduganathan erstellten eine Übersichtsarbeit über die Art und Weise, wie die Komponenten und Verbindungen in Marihuana das Herz und andere Gewebe auf molekularer Ebene beeinflussen können, sowie die Wechselwirkungen, die Marihuana mit Medikamenten haben kann, die üblicherweise an Kardiologie-Patienten verabreicht werden. Folgende Punkte kristallisierten die Forschenden heraus:
- Viele kardiotoxische Chemikalien, die in Zigaretten gefunden werden, befinden sich ebenfalls im Marihuanarauch.
- Die Inhalation von Cannabis kann die Herzfrequenz und den Blutdruck erhöhen und somit Auslöser für einen Herzinfarkt sein.
- Marihuana-Konsum steht in Verbindung mit abnormalen Herzrhythmen, einschließlich Vorhofflimmern.
- Unter Marihuanakonsumenten kommt es dreimal häufiger zu zerebrovaskulären Ereignissen wie einen Schlaganfall als bei Nichtrauchern.
- Von 334 untersuchten Betroffenen, die bereits vor dem 45. Lebensjahr einen Schlaganfall erlitten, waren 17 Prozent Cannabis-Konsumenten.
Ursachen derzeit unbekannt
Die genauen feinstofflichen Hintergründe und Ursachen für diese Zusammenhänge sind derzeit nicht bekannt. Die Autoren drängen zu besserer Aufklärung. Sie raten dazu, dass medizinisches Personal Cannabis-Konsumenten auf diese Zusammenhänge aufmerksam machen sollte. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Brigham and Women's Hospital: More Than 2 Million Patients with Heart Disease Report Use of Marijuana (Veröffentlicht: 20.01.2020), brighamandwomens.org
- Yuli Qian, Bill Gurley, John Markowitz: The Potential for Pharmacokinetic Interactions Between Cannabis Products and Conventional Medications, Journal of Clinical Psychopharmacology, 2019, insights.ovid.com
- Ersilia M. DeFilippis, Muthiah Vaduganathan, u,a.: Marijuana Use in Patients With Cardiovascular Disease; in: The Journal of the American College of Cardiology, 2020, sciencedirect.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.