Die Brust schmerzt, die Sehkraft lässt nach oder das Herz stolpert: In solchen oder ähnlichen Situationen benötigt man als Patient schnell einen Facharzttermin. Doch gerade spezialisierte Ärzte wie Kardiologen, Augenärzte oder Orthopäden sind oft auf Wochen hin ausgebucht. Als Kassenpatient sind die Chancen fast aussichtslos einen zeitnahen Termin zu bekommen. Bereits am Telefon werden die Daten abgefragt; ein Durchkommen ist nicht zu machen. Wer einen absoluten Notfall erlebt, kann sich nur noch in eine Klinik begeben. Können Tricks dabei helfen, schneller einen Termin zu bekommen? Wir haben einmal nachgefragt.
Privatpatienten im Vorteil
Wer ein Privatpatient ist, hat sehr viel bessere Chancen einen schnellen Arzttermin zu bekommen. Eine Studie hatte gezeigt: Patienten, die über eine gesetzliche Krankenkasse versichert sind, müssen im Schnitt 20 Tage länger auf einen Termin bei einem Facharzt warten, als Privatversicherte. Das ergab eine Studie der Grünen im Jahre 2013. Neuere Untersuchungen zeigten sogar ein weiteres Auseinanderklaffen der Wartenzeiten zugunsten der Privatpatienten. Der Grund: Niedergelassene Ärzte erhalten für ihre Diagnostiken und Behandlungen weitaus höhere Honorare als von den regulären Kassen. „Ärzte müssen wirtschaflich handeln, um die Praxis aufrechtzuerhalten“, argumentiert der Kardiologe Dr. Reent Müller. Die Anschaffungen teurer Instrumente sei „nur mit den PKV-Honoraren zu realisieren“.
Für den einzelnen Patienten ist eine solche Argumentation egal. Also was tun? Einige Kassenpatienten sind dazu übergegangen, einfach am Telefon zu lügen und sich als Privatpatient auszugeben. Dadurch erhalten sie einen sehr viel früheren Termin. Kann diese „Notlüge“ auch zum Erfolg führen?
Christiane Lange von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.
Müssen Patienten am Telefon zusagen, dass Sie nur gesetzlich versichert sind? „Nein“, betont die Verbraucherschützerin. Patienten sind nicht verpflichtet „von sich aus mitzuteilen, ob sie gesetzlich oder privat versichert sind“. Sofern aber die Frage folgt, „welchen Versicherungsstatus man besitzt, sollten Patienten die Wahrheit sagen.“ Muss denn überhaupt ein Arzt prüfen, ob der Patient die Wahrheit sagt? Der Arzt habe eine Nachforschungspflicht, so die Expertin. „Sofern man sich als Privatpatient am Telefon ausgibt, darf der Arzt davon ausgehen, dass diese Angaben zutreffen.“
Doch manche haben nun bereits die Notlüge am Telefon gesagt. Was passiert dann? Hat sich jemand am Telefon als Privatversichert ausgegeben und wurde ein Termin vereinbart, der ausschließlich Privatpatienten vorbehalten ist, hat der Arzt das Recht, den Kassenpatienten nach Hause zu schicken und auf eine andere Sprechzeit zu verweisen. „Die Pflicht zur sofortigen Behandlung besteht nur im Notfall“.
Neues Gesetz soll Wartenzeiten verkürzen
Demnächst sollen sich die Wartenzeiten für Kassenpatienten verkürzen. Der Bundesrat hatte im Juli das sogenannte Versorgungsstärkungsgesetz verabschiedet. Innerhalb von 20 Tagen sollen gesetzlich Versicherte einen Facharzttermin bekommen, wenn der Hausarzt eine Überweisung ausgestellt hat. „Extra eingerichtete Servicestellen sollen dabei helfen, einen Facharzttermin zu vermitteln“, hieß es in einer Erklärung. Wird dennoch kein Facharzt in der veranschlagten Zeit gefunden, kann der Patient auch in eine nächstgelegene Klinik gehen, um sich dort behandeln zu lassen. Ab Januar 2016 sollen die Servicestellen ihre Arbeit beginnen. Allerdings werden die letzten Details noch zwischen den Kassen und den Arztverbänden diskutiert.
Schon heute sind viele Kassen behilflich
Bereits heute sind viele Krankenkassen dabei behilflich, einen Facharzttermin zu finden. Mitarbeiter der Kassen übernehmen den Telefondienst und kümmern sich um kürzere Wartezeiten. Da nicht alle Kassen diesen Service anbieten, sollten sich Patienten direkt an ihre Krankenkasse wenden. Eine Studie zeigte, dass hierdurch tatsächlich die Wartenzeit um einige Tage verkürzte. Schließlich waren die Kassenangebote inital gebend für den Gesetzgeber. (b)
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