Dickmacher: Warum Fertigprodukte der Gesundheit schaden können
Die Zahl der Menschen mit Übergewicht beziehungsweise Fettleibigkeit (Adipositas) steigt seit Jahren stetig an. Das hat laut Fachleuten auch damit zu tun, dass ein großer Teil der Lebensmittel stark verarbeitet ist und viel Zucker und Fett enthält. Einige Tipps können helfen, Übergewicht abzubauen bzw. es zu vermeiden.
Immer mehr Bundesbürger sind zu dick. In den meisten Fällen ist Übergewicht auf einen ungesunden Lebensstil mit wenig Bewegung und viel energiereichem Essen zurückzuführen. Problematisch ist zudem, dass sich in vielen Lebensmitteln getarnte Dickmacher befinden.
Übergewichtige sind anfälliger für chronische Krankheiten
Fachleuten zufolge sind fast zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen in Deutschland übergewichtig und damit besonders anfällig für chronische Krankheiten wie Bluthochdruck, Herzleiden und Diabetes.
Schuld daran hat vor allem ein viel zu hoher Zuckerkonsum. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt maximal sechs Teelöffel Zucker pro Tag. Im Schnitt nehmen die Deutschen aber fast die doppelte Menge zu sich.
Das hat unter anderem mit dem versteckten Zucker in Lebensmitteln zu tun. Das weiß auch Saskia Vetter. Die Ernährungswissenschaftlerin erklärt in einem Interview mit der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein, warum moderne Fertigprodukte unserer Gesundheit schaden können. Zudem gibt es Tipps gegen Übergewicht.
Fertigprodukte enthalten oft so viel Zucker und Fett wie Süßigkeiten
Dass die Zahl der Übergewichtigen stetig zunimmt, hat offenbar auch etwas mit den veränderten Essgewohnheiten der letzten Jahrzehnte zu tun.
Wie Frau Vetter erklärt, ist für viele Menschen heutzutage „Zeitersparnis entscheidend, wenn es um Essen und Trinken geht. Fertiggerichte versprechen schnellen Genuss. Doch diese Produkte sind stark verarbeitet und enthalten viel Zucker und Fett. Ihnen sieht man nicht an, dass viele Kalorien darin stecken.“
So haben beispielsweise 100 Gramm Haferflocken 370 Kalorien. Doch in derselben Menge Fertig-Müsli sind bis zu 100 Kalorien mehr enthalten. „Auch viele Grillsaucen oder fertige Salatdressings enthalten so viel Zucker und Fett wie Süßigkeiten“, so Vetter, die als Referentin für den Bereich Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale arbeitet.
Der hohe Energiegehalt wird häufig mit kleinen Portionsangaben getarnt. So ist die Kalorienzahl auf manchen Müsli-Verpackungen für 40 Gramm angegeben. Doch das ist viel weniger, als sich die meisten Menschen in ihre Müslischale füllen.
„Außerdem: Die Prozentangaben auf der Verpackung beziehen sich auf den Tagesbedarf einer erwachsenen Frau und verfälschen damit die Vorstellung, wie viele Kalorien wirklich darin stecken. Ähnlich sieht es bei anderen Fertigprodukten aus.“
Dickmacher auf einen Blick erkennen
Auf die Frage, wie man getarnte Dickmacher erkennen kann, antwortete Vetter: „Wer abnehmen will, sollte beim Einkaufen auf die Nährwertkennzeichnung achten. Einen Schritt nach vorn bringt der Nutri-Score.“
Wie die Expertin erklärt, ist dieses neue Nährwert-Logo auf der Vorderseite der Verpackung eine Gesamtbewertung. „Sie reicht von einem grünen A für eine sehr günstige Nährwertzusammensetzung bis zu einem tiefroten E für Produkte, die man besser nur selten verzehrt.“
So können Verbraucherinnen und Verbraucher auf einen Blick erkennen, welches Lebensmittel eine bessere Gesamtbewertung bekommen hat.
Kalorienaufnahme reduzieren und ernährungsbedingte Krankheiten vermeiden
Dass diese Nähwertkennzeichnung dazu beitragen kann, die Kalorienaufnahme zu reduzieren, berichtete auch die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) in einer Mitteilung.
Demnach könnte eine flächendeckende Einführung des Nutri-Score die Kalorienaufnahme um durchschnittlich neun Prozent senken und Tausende Todesfälle durch ernährungsbedingte Krankheiten verhindern.
Das ist das Ergebnis einer in der Fachzeitschrift „International Journal of Behavioral Nutrition and Physical Activity“ veröffentlichten Studie der Universitäten Paris, Grenoble und Borbigny.
Kauen trägt zur Sättigung bei
Die meist intensiv beworbenen Trinkmahlzeiten sieht Vetter sehr kritisch. „Die Idee dahinter ist, ganze Mahlzeiten durch Shakes zu ersetzen. Bei den Zutaten der Produkte gibt es große Unterschiede. Der Zuckeranteil bei einigen ist hoch. Andere enthalten viele Süßstoffe und Aromen“, so die Ernährungswissenschaftlerin.
Die Expertin weist darauf hin, dass man in flüssiger Form in kürzester Zeit viele Kalorien zu sich nehmen kann, ohne es zu merken. Das macht auch nicht satt, denn das Kauen fällt weg.
„Das Kauen trägt aber erwiesenermaßen zur Sättigung bei. Kauen und Schlucken schicken Sättigungssignale an das Gehirn, während süße Geschmäcker den Appetit steigern. Die Folge: Man fühlt sich kaum satt und hat schnell wieder Hunger.“
Ausgewogene Ernährung mit reichlich Obst und Gemüse
Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein weist darauf hin, dass viele Menschen versuchen, ihre schlechten Ernährungsgewohnheiten durch Nahrungsergänzungsmittel auszugleichen. Funktioniert das aber?
„Frische Lebensmitteln sind immer die bessere Wahl als Pillen und Pulver. Sie liefern ausreichend Vitamine und Mineralstoffe. Nahrungsergänzungsmittel bergen die Gefahr, dass man einige Nährstoffe in Überdosis bekommt“, erklärt Vetter.
„Die Folge können Kopfschmerzen oder Magen-Darm-Probleme sein, langfristig können sogar Organschäden entstehen. Eine ausgewogene Ernährung mit reichlich Gemüse und Obst ist auf jeden Fall der bessere und genussvollere Weg.“
Gesundes Körpergewicht erreichen und halten
Auch spezielle Abnehmprogramme versprechen schnellen Erfolg. Doch Fachleute weisen darauf hin, dass man mit Diäten zwar in kurzer Zeit Gewicht verlieren kann, doch die Kilos kommen schnell wieder zurück, wenn man zu alten Gewohnheiten zurückkehrt.
Dauerhaft schlank bleiben kann man nur, wenn man die eigenen Schwachpunkte erkennt und die Ernährung entsprechend umstellt.
Der Kalorienbedarf spielt hier eine wichtige Rolle. Schließlich verbraucht der Körper mit zunehmendem Alter weniger Energie. Wer dann noch genau so viel isst wie bisher, wird zunehmen.
Empfohlen wird daher, den Kalorienbedarf mit mehr Bewegung zu erhöhen. Das muss kein Hochleistungssport sein. Es bringt auch etwas, wenn man im Alltag häufiger zu Fuß geht, mit dem Fahrrad fährt oder Treppen steigt.
Es gibt unterschiedliche Gründe für Übergewicht. Neben Bewegungsmangel können auch zu große Portionen beim Essen, süße Getränke oder kalorienreiche Snacks vor dem Fernseher dazu führen, dass man dick wird. Wer es schafft, die eigenen Dickmacher-Gewohnheiten zu reduzieren oder abzuschaffen, nimmt erfolgreich ab und bleibt auch schlank. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein: Fertigprodukte als Dickmacher – so viel Zucker und Fett wie Süßigkeiten, (Abruf: 19.02.2020), Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein
- Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK): Nutri-Score senkt die Kalorienaufnahme – und die Zahl der Herzinfarkte, (Abruf: 19.02.2020), Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK)
- Manon Egnell, Paolo Crosetto, Tania d’Almeida, Emmanuelle Kesse-Guyot, Mathilde Touvier, Bernard Ruffieux, Serge Hercberg, Laurent Muller, and Chantal Julia: Modelling the impact of different front-of-package nutrition labels on mortality from non-communicable chronic disease; in: International Journal of Behavioral Nutrition and Physical Activity, (veröffentlicht: 15.07.2019), International Journal of Behavioral Nutrition and Physical Activity
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.