Afrikanische Killifische könnten der Schlüssel zur Langlebigkeit sein
Der Afrikanische Killifisch (auch: türkiser Prachtgrundkärpfling, Nothobranchius furzeri) besitzt eine seltene Fähigkeit. Er ist in der Lage, seinen Entwicklungsprozess zu unterbrechen, um schlechte Zeiten zu überleben. Auf diese Weise kann der Fisch seine Lebensdauer mehr als verdoppeln. Ein Forschungsteam untersuchte nun diese faszinierende Fähigkeit und kam zu dem Schluss, dass dies womöglich auch Auswirkungen auf das menschliche Altern haben könnte.
Forschende der Standfort University erlangten neue Erkenntnisse über das Altern, indem sie afrikanische Killifische untersuchten. Diese Fische besitzen die Fähigkeit der sogenannten Diapause – einer drastischen Einschränkung des Energie- und Nährstoffbedarfs, um ungünstige Klimaperioden zu überwinden. Das Team entschlüsselte erstmals den Mechanismus, der hinter der Diapause steckt. Dieser könne theoretisch auch auf den Menschen angewendet werden, um Zellen langfristig zu erhalten. Die Studie wurde kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Science“ vorgestellt.
Was ist eine Diapause?
Bestimmte Lebewesen, darunter auch der Killifisch, können sich als Embryo in eine Art Scheintodzustand versetzen. Diese Fähigkeit ist unter dem Namen Diapause bekannt. Die hierzu fähigen Lebewesen nutzen die Diapause, um ungünstige Perioden zu überbrücken. Im Falle der Killifische können Embryonen ihre Entwicklung für Monate oder sogar Jahre pausieren. Diese Unterbrechung kann länger anhalten, als die gesamte durchschnittliche Lebensdauer eines erwachsenen Killifisches, die etwa vier bis sechs Monate beträgt.
Theorien zur Diapause
Frühe Forschungsarbeiten zu dem Thema gingen davon aus, dass sich im Laufe der Evolution diese Fähigkeit durchgesetzt hat, um Dürren zu überleben. Bislang glaubte man, dass die Diapause als Reaktion auf Veränderungen in der Umwelt eintritt. Beim Killifisch könnte dies beispielsweise das Austrocknen eines Teiches sein. Die Diapause ermöglicht es dem Tier, seine Entwicklung beziehungsweise seine Geburt auf Eis zu legen, bis bessere Bedingungen vorliegen. Der dahinterliegende Mechanismus war aber bislang völlig unbekannt.
Standfort-Forschende entschlüsseln das Geheimnis
„Wir glauben nicht, dass der Mechanismus der Diapause direkt durch Dürre verursacht wird“, berichtet Professorin Anne Brunet aus dem Studienteam. Der Mechanismus stehe aber indirekt mit der Dürre in Verbindung. Es sei viel mehr ein selektiver Druck, der den genetisch programmierten Prozess der Diapause auslöse.
Was geschieht während der Diapause?
In der aktuellen Studie zeigt das Team um Brunet, dass während der Diapause Gene, die an der Zellteilung, dem Zellwachstum und der Organentwicklung beteiligt sind, heruntergefahren werden, während gleichzeitig die Aktivität von Genen, die mit der Erhaltung der Muskeln und dem Stoffwechsel zusammenhängen, beeinflusst wird.
Ein Protein scheint die Schlüsselrolle zu spielen
Das Studienteam führt einen Teil dieses Prozesses auf die erhöhte Produktion eines Proteins namens CBX7 zurück. Das Protein bindet sich an sogenannte Histone. Das sind Gruppen von Proteinen, um die die DNA gewickelt ist, um sie kompakter zu machen. Durch die Bindung wird eine ganze Reihe von Genen beeinflusst, darunter einige, die an der Muskelfunktion und am Stoffwechsel beteiligt sind, was dazu führt, dass die Muskeln während der Diapause erhalten bleiben.
Kann die Diapause den Menschen älter machen?
„Man kann die Hypothese aufstellen, dass das Einschalten eines Diapause-ähnlichen Zustands – oder das Anzapfen der molekularen Maschinerie der Diapause – dazu beitragen kann, ausgewachsenes Gewebe oder einzelne Zellen langfristig zu erhalten“, vermutet Brunet.
Es ist von fundamentalem Interesse, „wie angehäufte Schäden, die durch die Alterung entstehen, gestoppt oder ausgesetzt werden können“, resümiert Brunet. Die Diapause biete einen Weg, dies zu erforschen. Ein solches Verständnis liefere wiederum Hinweise darauf, wie der Alterungsprozess beim Menschen verlangsamt werden kann. Dies sei derzeit aber noch rein spekulativ. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Chi-Kuo Hu, Wei Wang, Julie Brind’Amour, u.a.: Param Priya Singh Vertebrate diapause preserves organisms long term through Polycomb complex members; in: Science 2020, science.sciencemag.org
- Marc Van Gilst: A time to grow and a time to pause; in: Science, 2020, science.sciencemag.org
Wichtiger Hinweis:
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