Expertin zur Corona-Angst: Wie ist zu reagieren?
Die Ausbreitung des neuen Coronavirus SARS-CoV-2 versetzt viele Menschen in Angst, – Hamsterkäufe und andere irrationale Handlungen sind die Folge. Für Kinder ist der Umgang mit der Angst vor dem Virus besonders schwierig. In einer aktuellen Mitteilung erläutert die Leiterin der Heidelberger Akademie für Psychotherapie, Prof. Dr. Helena Dimou-Diringer, wie Kindern die Angst vor dem Virus genommen werden kann.
Eltern sollten der aufkeimenden Corona-Panik und unbegründeten Ängsten bei Kindern entgegentreten. Dabei gelte es vor allem, selbst ruhig und sachlich zu bleiben, um nicht die eigenen Ängste auf das Kind zu übertragen, betont Prof. Dr. Helena Dimou-Diringer. Auch hat die Expertin einige weitere Tipps, um Kindern die Angst vor dem Virus zu nehmen.
Angst vor dem Virus stark verbreitet
Derzeit scheint die Angst vor dem neuen Coronavirus deutlich ansteckender als das Virus selbst. Die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin berichtet von Schulen, an denen sich Kinder schon nicht mehr in den Unterricht trauen, „da manche Lehrer oder Mitschüler Hysterie verbreiten.“ Nachdem das Robert Koch-Institut nun auch Südtirol zum Risikogebiet erklärt hat, bestehe zudem oftmals die Angst, das Mitschüler, die Ferien in dem Risikogebiet gemacht haben, sich infiziert haben könnten.
Sprachlich sensibel mit dem Thema umgehen
Zunächst gelte es daher sprachlich sensibel mit dem Thema umzugehen und Eltern müssen selbst ruhig und sachlich bleiben, da sie ihre eigene Unsicherheit auf das Kind übertragen, erläutert Prof. Dimou-Diringer. Bei Beschreibungen der Krankheit sollte darauf geachtet werden, nicht zu übertreiben und angstbesetzte Worte zu vermeiden. In den Medien verwendete Begriffe wie „Pandemie“ und die Meldung reiner Infektionszahlen fördern die Angst, solange keine Einordnung erfolgt.
Bei den Fakten bleiben
Wird beispielsweise berichtet, dass weltweit 3.000 Menschen am Coronavirus erkrankt sind, anstatt die Zahl in Relation zur Weltbevölkerung zu setzen, hört sich dies bedrohlicher an. Die Erkrankung benennen und dabei bei den Fakten bleiben, ist der richtige Weg. Und es gelte beispielsweise auch zu erklären, dass „normale“ Grippeviren viel häufiger sind und an ihnen ebenfalls ein bis zwei von 1.000 erkrankten Menschen sterben, so Prof. Dr. Helena Dimou-Diringer.
Das Virus „entkatastrophisieren“
„Wenn Kinder in Panik zu uns in die Ambulanz kommen, machen wir erst einmal einen Realitätscheck: Wir überprüfen gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen, wie wahrscheinlich es ist, dass sie sich überhaupt mit dem Virus anstecken oder gar daran sterben, wenn sie nicht vorerkrankt sind und davor nicht in einem Risikogebiet gewesen sind“, fasst die Expertin zusammen. Es werde versucht zu „entkatastrophisieren“.
Richtige Einordnung der Erkrankung wichtig
Hierfür werden auch weitere Vergleiche hergestellt. Anhand der Statistiken werde beispielsweise deutlich, dass nur ein sehr kleiner Prozentsatz am Coronavirus erkrankt und ein noch kleinerer daran stirbt. „Man kommt eher bei Unfällen im eigenen Haushalt ums Leben, deshalb sollten wir die Erkrankung richtig einordnen“, so Prof. Dimou-Diringer. Zudem sei durch das Coronavirus bislang hierzulande niemand gestorben und der Verlauf meist milde, „wie eine Erkältung eben.“
Welche Hygiene-Maßnahmen sind erforderlich?
Des Weiteren ist die Aufklärung über das Coronavirus und dessen Verbreitung wichtig. Hierzu zählen auch Informationen über die unterschiedlichen Ausprägungen und über Möglichkeiten der Prävention. Hygiene-Maßnahmen helfen nicht nur an dieser Stelle und das sollten wir auch unseren Kindern deutlich machen, betont die Expertin. Regelmäßiges Händewaschen und Achtsamkeit im Umgang mit Erkältungssymptomen seien allerdings völlig ausreichend.
Menschen aus Risikogebieten nicht stigmatisieren
In Bezug auf das Risikogebiet Südtirol sollte den Kindern noch einmal deutlich gemacht werden, dass nicht alle Menschen, die dort waren, sich angesteckt haben. Wird eine Quarantäne eingeleitet, sei dies nur eine reine Vorsichtsmaßnahme, um die Infektionsketten besser kontrollieren zu können und zu unterbrechen. „Wir sollten die Menschen, die aus einem Risikogebiet kommen, nicht stigmatisieren und ausschließen, sondern offen über unsere Sorgen sprechen“, betont Prof. Dimou-Diringer. Denn betroffene Menschen leiden oftmals mehr an den psychischen Folgen der Stigmatisierung als am Virusverdacht selbst.
Auch Erwachsene sind verunsichert
Laut der Expertin sind auch viele Erwachsene beunruhigt, weil mit dem Virus infizierte Menschen zum Teil keine Symptome zeigen und sich nicht krank fühlen. Dies mache die Erkrankung unheimlich und ungreifbar. Zudem fühlen manche sich hilflos und unsicher, da es noch keine Impfung gibt. Neue Informationen zum Coronavirus und deren Bewertung sind daher wichtig, aber man sollte sich nicht nur damit beschäftigen, sagt Prof. Dimou-Diringer.
Ablenkung hilft
Im Umgang mit der Angst kann Prof. Dimou-Diringer zufolge auch Ablenkung helfen. „Welches Thema nehmen die Kinder denn gerade in den regulären Schulfächern durch? Was machen wir am Wochenende? In manchen Familien bedeutet der Virusausbruch auch eine Rückbesinnung auf einen engeren Familienzusammenhalt“, so die Expertin. Insgesamt scheint jedoch eine erhöhte Sensibilität dafür erforderlich, wie Kindern die Angst vor dem Virus genommen werden kann. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
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- SRH Hochschule Heidelberg: Kindern die Corona-Angst nehmen (06.03.2020), hochschule-heidelberg.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.