Bestimmte Narzissten neigen stärker zu rechtspopulistischen Strömungen
In einer neuen Studie wurde ein Zusammenhang zwischen narzisstischer Persönlichkeit und Rechtspopulismus aufgedeckt. Laut den Forschenden führt eine bestimmte Ausprägung des Narzissmus eher zur Unterstützung von rechtsradikalen Parteien.
Eine narzisstische Persönlichkeitsstörung ist eine “tiefgreifenede Störung der Persönlichkeit, bei der ein mangelndes Selbstwertgefühl und eine starke Empfindlichkeit gegenüber Kritik bestehen. Diese Merkmale wechseln sich mit einer auffälligen Selbstbewunderung und übersteigerten Eitelkeit und einem übertriebenen Selbstbewusstsein nach außen hin ab“, erklärt der Verein Pro Psychotherapie e.V. auf dem Portal „therapie.de“. In einer Studie wurde nun ein Zusammenhang zwischen Narzissmus und Rechtspopulismus aufgedeckt.
Psychologische Komponenten können eine entscheidende Rolle spielen
In vielen Ländern Europas, darunter auch Deutschland, haben rechtsradikale populistische Parteien in den letzten Jahren großen Zulauf bekommen. Laut einer Mitteilung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zeigt eine neue Studie, dass dies nicht nur aktuellen Entwicklungen wie der sogenannten Flüchtlingskrise zuzuschreiben ist, sondern dass ein Teil der Wählerschaft aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur stärker zu rechtspopulistischen Strömungen neigt.
So können auch psychologische Komponenten eine entscheidende Rolle für politische Einstellung und die Wahlentscheidung spielen. „Wir haben festgestellt, dass eine bestimmte Ausprägung des Narzissmus, die mit Fremdabwertung einhergeht, eher zur Unterstützung von rechtsradikalen Parteien führt“, erläutert Dr. Carl Berning, Institut für Politikwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU).
Gemeinsam mit Dr. Sabrina Mayer von der Universität Duisburg-Essen und Dr. David Johann von der Universität Zürich (Schweiz) hat Berning die Folgen von Narzissmus untersucht.
Ihre Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „European Journal of Personality“ veröffentlicht.
Autoritäre Einstellungen und Fremdenfeindlichkeit
Die Studie zeigt, dass Wählerinnen und Wähler, die ein hohes Maß an narzisstischer Rivalität als Persönlichkeitsmerkmal aufweisen, also andere abwerten, um sich selbst aufzuwerten, dazu neigen, rechtsradikale populistische Parteien zu wählen.
Laut den Forschenden beeinflusst Narzissmus das Wahlverhalten nicht direkt, sondern über Einstellungen vermittelt. Das heißt, Narzissmus verändert Einstellungen und diese beeinflussen dann die Präferenz für Rechtspopulisten. Die wissenschaftliche Analyse findet dagegen keinen signifikanten Zusammenhang zwischen einem erhöhten Persönlichkeitsbedürfnis nach Bewunderung und der Wahl rechtsradikaler Parteien.
Die Wissenschaftlerin und die Wissenschaftler merken zu den Ergebnissen an, dass die bisherige Wahlforschung die Persönlichkeit der Wählenden nicht genügend berücksichtigt. Denn obwohl sich zentrale Aspekte von Narzissmus und Schlüsselelemente rechtsradikaler Parteien ähneln, wie zum Beispiel das Streben nach Überlegenheit, wurde das Verhältnis zwischen Narzissmus und der Unterstützung für rechtsradikale populistische Parteien bislang noch nicht analysiert.
Die Autorin und die Autoren schlagen vor, dies bei künftigen Studien zu beachten. „Wir wissen, dass Fremdenfeindlichkeit die Neigung zu rechtspopulistischen Ideologien verstärkt, aber die Einstellung kommt nicht aus dem luftleeren Raum, sondern es gibt Menschen, die aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur verstärkt dazu tendieren“, so Berning.
Daher sei stärker zu berücksichtigen, dass die individuelle Persönlichkeit über die sozialdemographischen Bedingungen hinaus eine Wahlentscheidung erklären kann.
Zwei Dimensionen narzisstischer Einstellungen
Mayer, Berning und Johann haben für ihre Studie Narzissmus als mehrdimensionales Konstrukt untersucht. Schon seit ein paar Jahren wird in der Psychologie zwischen zwei Dimensionen narzisstischer Einstellungen unterschieden:
Narzissmus mit einem erhöhten Bedürfnis nach Bewunderung beziehungsweise Selbstbewunderung auf der einen und narzisstische Rivalität oder Fremdabwertung auf der anderen Seite.
Den Angaben zufolge können narzisstische Persönlichkeiten, die nach Bewunderung verlangen, charismatisch sein und andere um sich scharen. Narzisstische Rivalität hingegen wertet andere ab, um sich selbst überlegen zu fühlen, und geht häufig mit aggressivem, feindseligem und egoistischem Verhalten einher.
Für die Erhebung konnten die Forschenden auf repräsentative Daten des GESIS Panels mit rund 2.800 Probandinnen und Probanden zugreifen. Auf die Frage, welche Partei sie wählen würden, wenn nächsten Sonntag Wahlen wären, gaben zum Zeitpunkt der Umfrage im Herbst 2016 insgesamt 12,7 Prozent der Befragten an, sie würden für die Alternative für Deutschland (AfD) stimmen.
Zur Ermittlung narzisstischer Persönlichkeitsmerkmale wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer um Einstufungen zu bestimmten Aussagen gebeten, zum Beispiel „Ich gewinne eine große Stärke aus dem Wissen, dass ich eine ganz besondere Person bin“ oder „Ich möchte, dass meine Rivalen verlieren“. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Johannes Gutenberg-Universität Mainz: Zusammenhang zwischen narzisstischer Persönlichkeit und Rechtspopulismus aufgedeckt, (Abruf: 11.03.2020), Johannes Gutenberg-Universität Mainz
- Sabrina J. Mayer, Carl C. Berning, David Johann: The Two Dimensions of Narcissistic Personality and Support for the Radical Right: The Role of Right‐wing Authoritarianism, Social Dominance Orientation and Anti‐immigrant Sentiment; in: European Journal of Personality, (veröffentlicht: 09.01.2020), European Journal of Personality
- Pro Psychotherapie e.V.: Narzissmus, (Abruf: 11.03.2020), therapie.de
Wichtiger Hinweis:
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