91 bekannte Reinfektionen in Südkorea – Was steckt dahinter?
Es gibt in Südkorea offiziell 91 als genesen geltende COVID-19-Betroffene, die nach der Erkrankung erneut positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden. Nun liegt die Vermutung nahe, dass eine Reinfektion vorliegt. Fachleute sind jedoch der Meinung, dass es sich hierbei eher um Patientinnen und Patienten handelt, die zuvor falsch negativ getestet wurden. Eine Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation WHO soll diesen Sachverhalt nun aufklären.
Es ist derzeit noch unklar, warum des Öfteren von COVID-19-Betroffenen berichtet wird, bei denen ein erneuter Test auf SARS-CoV-2 positiv ausfällt, nachdem sie bereits als genesen gelten. RKI-Präsident Lothar Wieler und Professor Dr. Christian Drosten halten eine Reinfektion jedoch für unwahrscheinlich. Es läge näher, dass es sich hierbei um Patientinnen und Patienten handelt, die falsch negativ diagnostiziert wurden.
Drosten hält Reinfektionen für unwahrscheinlich
Die WHO will die Fälle in Südkorea nun genauer unter die Lupe nehmen, da es weltweit von großer Bedeutung ist, ob eine Reinfektion möglich ist oder nicht. Der Coronaviren-Experte Professor Dr. Christian Drosten zeigt sich skeptisch gegenüber der Möglichkeit einer Reinfektion. Er erklärt in seinem NDR-Podcast, wie es vermutlich zu diesen Fällen kam.
Wie kam es zu den Reinfektionen?
Bei den bekannten Fällen aus Südkorea wurden betroffene als genesen erklärt, nachdem ein PCR-Test ein negatives Ergebnis bestätigte – es konnten also keine Viren in dem Test mehr nachgewiesen werden. Einige Tage später wurden die besagten Individuen dann erneut getestet und auf einmal war der PCR-Test wieder positiv für das Virus. Nun stellt sich die Frage, ob sich SARS-CoV-2 wieder reaktivieren kann, ähnlich wie Herpesviren, und es gar keine Immunität gibt.
Beweis steht noch aus
Auch wenn es derzeit weder einen Beweis für noch gegen diese These gibt, lautet die Einschätzung von Professor Drosten, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass eine Neuinfektion oder eine Reaktivierung möglich ist. Anhand seiner Studie zu der Münchner Fallgruppe äußert der Virologe, wie es vermutlich zu diesem Phänomen gekommen ist.
Die Nachweisbarkeit hat ihre Grenzen
Laut Drosten sieht man bei den COVID-19-Erkrankten gegen Ende des Verlaufs genau, dass die Viruslast an die Grenze der Nachweisbarkeit stößt. Da komme es irgendwann zu dem Punkt, an dem das Virus mal über und mal unter die Nachweisgrenze springt. In diesem Zusammenhang könne es zu statistischen Verteilungsphänomenen kommen, die dazu führen, dass das Virus nicht mehr erfasst wird, obwohl es noch da ist.
Viren aus dem Teich fischen
Als Verbildlichung kann man sich laut Drosten den PCR-Test wie einen Eimer vorstellen, mit dem man willkürlich Fische aus einem Teich fischt. Die Fische stehen in diesem Sinnbild für die Viren. Wenn der ganze Teich randvoll mit Fischen ist, ist auch die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man in dem Eimer Fische hat, wenn man ihn einmal durch den Teich zieht.
Je weniger Fische in dem Teich sind, desto höher ist auch die Wahrscheinlich, dass sich keine Fische mehr in dem Eimer befinden, nachdem man ihn in den Teich getaucht hat. Dennoch kann es sein, dass man nach einem erfolglosen Versuch mal wieder ein paar Fische in dem Eimer hat, wenn man weiterhin den Eimer in den Teich taucht.
Kulturelle Unterschiede in wissenschaftlichen Vorgaben
Während in Deutschland solche Proben eher schneller hinterfragt werden und es häufig den Vorsatz gibt: „Keine Regel ohne Ausnahme“, werden Vorgaben in vielen asiatischen Ländern laut Drosten erst einmal strenger befolgt. Laut WHO-Richtlinien dürfen COVID-19-Betroffene aus dem Krankenhaus entlassen werden, wenn zwei PCR-Abstrich-Tests auf SARS-CoV-2 im Abstand von 24 Stunden negativ ausgefallen sind.
In vielen asiatischen Ländern werden diese Personen dann in der Statistik als geheilt betrachtet. Kommt es dann aus irgendwelchen Gründen zu einem erneuten Test, der dann positiv ausfällt, gilt diese Person als erneut erkrankt, obwohl unklar ist, ob der- oder diejenige tatsächlich krank ist.
Derzeit ist unklar, wie lange SARS-CoV-2 im Körper verbleibt
Wie der Virologe berichtet, gibt es zur Zeit immer noch wenige Informationen über den Ausscheidungsverlauf und die Ausscheidungsdauer der Viren. Bekannt ist, dass SARS-CoV-2 beispielsweise über das Lungensekret und über den Stuhl abgesetzt wird. Über die Dauer, die Mengen und über weitere Ausscheidungswege ist bislang jedoch wenig bekannt.
Vermutet wird, dass nach einer überstandenen Infektion über eine gewisse Zeit lang Virus-RNA vom Körper abgesetzt wird. Diese kann gelegentlich mit einem Test nachgewiesen werden, es handelt sich wahrscheinlich aber um nicht mehr vermehrungsfähige Viruspartikel. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- NDR: Coronavirus Update (31) mit Christian Drosten: Eine Wiederinfektion bleibt unwahrscheinlich (veröffentlicht: 14.04.2020), ndr.de
- Deutsches Ärzteblatt: WHO untersucht mögliche SARS-CoV-2-Reinfektionen in Südkorea (veröffentlicht: 14.04.2020), aerzteblatt.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.