Neuer Wirkstoff gegen Alzheimer-Ablagerungen
Alzheimer ist bis heute nicht heilbar. Die Therapie der neurodegenerativen Erkrankung beschränkte sich dementsprechend bislang darauf, die Symptome zu lindern und das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen. Doch nun ist südkoreanischen Forschern möglicherweise ein medizinischer Durchbruch gelungen. Denn wie das Team um YoungSoo Kim aktuell im Fachjournal “Nature Communications” berichtet, habe es bei Mäusen ein Molekül entdeckt, das die krankheitsverursachenden Ablagerungen im Gehirn beseitigen könne.
Häufigste Demenz-Form mit unklaren Ursachen
Die Alzheimer-Krankheit stellt die häufigste Demenz-Form dar und gilt als typische Alterserkrankung, von der bei den über 90-Jährigen mindestens jeder Dritte betroffen ist. In Deutschland leiden nach Angaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung etwa 700.000 Menschen an Alzheimer, wobei sich die Zahlt angesichts des demografischen Wandels bis zum Jahr 2050 vermutlich verdoppeln wird. Kennzeichnend für die schwere Erkrankung des Gehirns ist der zunehmende Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit, wodurch typische Symptome wie Vergesslichkeit, Persönlichkeitsveränderungen, Sprech- und Orientierungsschwierigkeiten auftreten.
Die genauen Ursachen von Alzheimer sind bis heute nicht vollständig geklärt. Fest steht jedoch, dass sich bei bei den Patienten vermehrt charakteristische Eiweißablagerungen im Gehirn („beta-Amyloid Peptide“) finden, die aus Expertensicht bei der Entstehung der Krankheit eine zentrale Rolle spielen. Denn die so genannten „senilen Plaques“ verhindern die Reizübertragung zwischen den Nervenzellen, wodurch diese in ihrer Funktion immer stärker beeinträchtigt und schließlich zerstört werden. Neue Medikamente, die bei der Behandlung der unheilbaren Alzheimer-Erkrankung eingesetzt werden, zielen daher darauf ab, die Entstehung neuer Ablagerungen zu verhindern. Eine Substanz, die bereits bestehende Ablagerungen zerstört, konnte die Wissenschaft hingegen bislang noch nicht finden.
Molekül kann bereits vorhandene Plaques beseitigen
Doch Wissenschaftler vom Korea Institute of Science and Technology (KIST) in Seoul haben nun möglicherweise wichtige Erkenntnisse für die Alzheimer-Therapie gewonnen. Wie sie im Fachjournal “Nature Communications” berichten, sei es gelungen, die Gedächtnisleistung von erkrankten Mäusen mithilfe des Moleküls EPPS deutlich zu steigern. Zudem habe sich gezeigt, dass das Molekül sogar bereits vorhandene Plaques beseitigen könne, so das Team um YoungSoo Kim vom KIST.
Geistige Leistungsfähigkeit der Tiere nimmt deutlich zu
Demnach hatten die Forscher das Molekül in einem ersten Schritt im Reagenzglas getestet und erkannten, an welchen Stellen es zu Zerstörungen der Ablagerungen kam. Danach testeten sie in einem Experiment mit Mäusen, deren Gehirne Alzheimer-ähnliche Ablagerungen aufwiesen, welche Auswirkungen das Molekül in diesem Fall hat. Es zeigte sich, dass EPPS die Entstehung neuer Plaques verhindern und sogar bereits bestehende Ablagerungen zerstören konnte, woraufhin die geistige Leistungsfähigkeit der Tiere deutlich zunahm.
„Seit den letzten drei Jahrzehnten gibt es eine anhaltende Kontroverse, ob die Anhäufung von Amyloid-beta (Aß) eine Ursache oder vielmehr ein Effekt der Alzheimer Erkrankung ist. In dieser Studie haben wir gezeigt, dass sich Alzheimer bezogene Lern- und Gedächtnisdefizite in einem transgenen Mausmodell durch einen Wirkstoff verbesserten, der in der Lage war, Aß-Oligomere und Fibrillen zu zerlegen. Daher unterstützt unsere Studie die Ansicht, dass die Anhäufung von Aß ein direkter Treiber der Alzheimer-Symptomatik ist“, so die Forscher in “Nature Communications”.
Übertragbarkeit ist aus Expertensicht fraglich
Doch lässt sich der positive Effekt auch auf den Menschen übertragen? Der Neuropathologe Armin Giese von der Universität München betrachtet dies kritisch, denn „in den Versuchen wurden deutlich höhere EPPS-Konzentrationen im Reagenzglas verwendet, als schlussendlich im Gehirn der Mäuse gemessen wurden. Wie der Experte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“ weiter ausführt, sei es daher fraglich, „[…] ob der angenommene Wirkmechanismus der Substanz im Laborversuch auch auf die Anwendung im Tierversuch oder später beim Menschen übertragbar ist.” (nr)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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