SARS-CoV-2-Impfstoff: Klinische Testphase kann bald beginnen
Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass die Gefahr durch das Coronavirus SARS-CoV-2 erst gebannt sein wird, wenn eine Impfung gegen den neuartigen Erreger zur Verfügung steht. Nun berichten Forschenden aus Deutschland, dass schon in wenigen Monaten klinische Tests für einen Impfstoff gegen das Coronavirus starten können.
Immer mehr Menschen fragen sich, wann die erste Impfung gegen das neue Coronavirus verfügbar sein wird. Weltweit arbeiten Forschende an Impfstoffen. Wie das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) nun berichtetet, wird derzeit ein Impfstoff für die klinische Testphase produziert.
Bauplan für den Impfstoff ist bereits fertig
Laut einer Mitteilung des DZIF soll noch in diesem Jahr ein potenzieller Impfstoff gegen SARS-CoV-2 in ersten klinischen Versuchen am Menschen getestet werden.
„Der Bauplan für den Impfstoff ist fertig. Jetzt muss der Impfstoff für die klinischen Tests noch produziert werden“, erläutert Prof. Dr. Stephan Becker, Leiter des Instituts für Virologie an der Universität Marburg und Koordinator des Bereichs „Neu auftretende Infektionskrankheiten“ im DZIF.
„Wir haben jetzt finanziell und logistisch alles zusammen, um bald eine klinische Prüfung der Phase I zu starten“, ergänzt der Experte.
Den Angaben zufolge stehen in dieser Phase die Tests auf Verträglichkeit und Anregung von Immunantworten an. In Marburg findet das Immun-Monitoring statt, also die Charakterisierung der Antikörper-Antwort auf den Impfstoff.
Impfstoffzulassung dauert längere Zeit
Derzeit wird der Impfstoff für die klinische Phase I hergestellt. Laut der Mitteilung wird die Produktion voraussichtlich in drei Monaten abgeschlossen sein, sodass die klinischen Tests im September starten können.
Obwohl die Entwicklung im Vergleich zu früheren Verfahren deutlich schneller läuft, wird in diesem Jahr noch kein Impfstoff zur Verfügung stehen. „Die Entwicklung eines Impfstoffs ist ein langwieriger, mühsamer Prozess, vor allem die klinische Prüfung für die Zulassung eines Kandidaten. Das geht nicht in ein paar Wochen“, erläutert Becker.
Der jetzt für die klinische Phase I anstehende Impfstoffkandidat wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Gerd Sutter von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München entwickelt.
Es handelt sich dabei um einen sogenannten Vektor-Impfstoff, der auf dem „Modifizierten Vacciniavirus Ankara“ (MVA) als Vektor basiert. Das Impfvirus MVA wurde bereits vor über 30 Jahren an der LMU als Impfstoff gegen Pocken generiert. Die MVA-Viren sind so abgeschwächt, dass sie als harmlose Vektoren für andere Impfstoffe dienen können.
Interessierte können sich registrieren lassen
„Wir haben damit eine Plattform-Technologie und können im Prinzip jede fremde genetische Information unter die Kontrolle unseres Impfvirus stellen. Es ist ein bewährtes Vektorsystem, für das eine großtechnische Produktion bereits etabliert ist“, so Sutter.
Das Basisvirus ist vollständig charakterisiert und zusammen mit gentechnisch veränderten Varianten an mittlerweile mehr als 12.000 Personen klinisch getestet worden. Wir kennen das Nebenwirkungsprofil und die Immunogenität des Basis-Impfstoffs schon sehr gut“, erklärt der Experte.
Dieser Vektor wurde im DZIF bereits erfolgreich für die Entwicklung eines Impfstoffs gegen das MERS-Coronavirus verwendet, einem nahen Verwandten von SARS-CoV-2; die erste klinische Testung dieses MERS-Impfstoffes ist schon abgeschlossen und die weitere klinische Entwicklung läuft derzeit.
Laut der Mitteilung wird die klinische Prüfung von Prof. Marylyn Addo vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) geleitet werden. „Für viele Abläufe in diesem Entwicklungsprozess können die Erfahrungen aus der MVA-MERS-Studie als Blaupause dienen“, sagt Addo.
„Für den neuen Impfstoff hat auch die regulatorische Vorbereitung der klinischen Prüfung bereits begonnen. Eine offizielle Rekrutierung von Probanden kann erst nach Erteilung eines positiven Votums der Ethikkommission erfolgen, dennoch können sich Interessierte schon jetzt unter der E-Mail info-covid@uke.de registrieren lassen.“
Mensch soll Antikörper bilden
Entscheidend für die Wirkung des Impfstoffes gegen SARS-CoV-2 sind laut den Fachleuten die Bestandteile des Virus, gegen die der Mensch Antikörper bilden soll. Die Forschenden haben als geeignetes Coronavirus-Bauteil das Spike-Protein auf der Oberfläche des Virus ausgewählt.
Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erklären, ist dieses Protein wichtig für das Eindringen des Virus in die menschliche Zelle. Die entsprechende Gensequenz, der Bauplan dieses Proteins, wurde mit der genetischen Information des MVA-Vektors kombiniert.
Den Angaben zufolge dringt das entstandene Impfvirus dann bei einer Impfung in die Zellen ein und synthetisiert das Spike-Protein, das vom Immunsystem als „fremd“ erkannt wird und damit die Immunantwort stimuliert. Es werden spezifische Antikörper und T-Zellen gegen das Spike-Protein gebildet, die dann eine spätere Infektion mit dem Erreger wirksam bekämpfen sollen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF): Klinische Tests für Impfstoff gegen SARS-CoV-2 können noch im September beginnen, (Abruf: 19.05.2020), Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF)
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.