Studie: Äußerst geringe SARS-CoV-2-Rate bei Blutspendenden
Mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierte Menschen entwickeln im Krankheitsverlauf nach einigen Tagen bis Wochen Antikörper gegen Merkmale des Erregers. In einer Studie wurde nun untersucht, wie viele „stille“ Infektionen mit dem neuartigen Virus, also Infektionen ohne Symptome, es unter Blutspendenden gegeben hat.
Viele Coronavirus-Erkrankte zeigen keine Symptome. Sie können den Erreger daher unwissentlich auf andere Personen übertragen und stellen somit ein hohes Risiko dar. Die Zahl der „stillen“ Träger könnte laut Forschenden weltweit in die Millionen gehen. Nun gibt es neue Erkenntnisse dazu, wie hoch diese Zahl hierzulande sein könnte.
Bei weniger als einem Prozent wurden Antikörper nachgewiesen
Laut einer aktuellen Mitteilung haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) im April, Mai und Juni mehr als 900 anonymisierte Proben von Blutspenderinnen und Blutspendern auf Antikörper getestet, um sich ein Bild über die „stillen“ Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Erreger zu machen.
Bei weniger als einem Prozent der untersuchten Blutspenden wurden Antikörper gegen das neuartige Coronavirus nachgewiesen.
Die Hamburger Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz hatte die Untersuchung gemeinsam mit dem UKE auf den Weg gebracht.
Weiterhin an Hygiene- und Abstandsgebote halten
„Während die PCR-Tests zur Feststellung einer Infektion nur eine Momentaufnahme darstellen, kann mit Antikörpertests nachgewiesen werden, ob ein Mensch Immunität gegen das SARS-CoV-2 entwickelt hat“, erklärt Cornelia Prüfer-Storcks, Senatorin der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz.
„Für die Breite der Bevölkerung kann so festgestellt werden, ob genügend Immunität besteht, um die Ausbreitungsmöglichkeiten des Virus zu beenden. Die ersten Ergebnisse der Studie zeigen uns, dass dies offenbar nicht der Fall ist, wenngleich noch weitere Testungen laufen“, so die Senatorin.
„Solange es keine Anhaltspunkte für eine bereits vorhandene Immunität unter der Bevölkerung oder einen zugelassenen Impfstoff gibt, ist es weiterhin wichtig, sich an Hygiene- und Abstandsgebote zu halten, um die Ausbreitung des Virus einzugrenzen.“
Unbemerkte Infektionsverläufe
Menschen, die an COVID-19 erkranken, entwickeln im Krankheitsverlauf nach einigen Tagen bis Wochen Antikörper gegen Merkmale des Virus.
Wie viele „stille“ Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Coronavirus, also Infektionen ohne Symptome, es unter den Blutspenderinnen und Blutspendern im UKE in den letzten drei Monaten gegeben hat, untersuchte Dr. Sven Peine, Leiter des Instituts für Transfusionsmedizin, gemeinsam mit Dr. Marc Lütgehetmann, Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene, an insgesamt 914 Blutproben.
Im Zeitraum vom 6. bis 10. April wurde bei 300 Blutspendenden nur eine bisher unbekannte SARS-CoV-2-Infektion serologisch nachgewiesen (0,3 Prozent), im Zeitraum vom 4. bis 6. Mai waren es bei 288 Blutspendenden zwei bisher unbekannte SARS-CoV-2-Infektionen (0,7 Prozent) und im Zeitraum vom 2. bis 5. Juni bei 326 Blutspendenden erneut nur eine bisher unbekannte SARS-CoV-2-Infektion (0,3 Prozent).
„Blutspenderinnen und Blutspender sind kein 1:1-Abbild der Hamburger Bevölkerung, aber sie können uns einen guten Anhalt über die unbemerkten Infektionsverläufe geben“, so Dr. Sven Peine.
Der Experte fügt hinzu: „Wer hier in Hamburg in den letzten Monaten nur leichte oder unspezifische Erkältungssymptome hatte, der war auch mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht an COVID-19 erkrankt.“
Routinemäßige Testung aller Blutspenden in Deutschland nicht notwendig
Den Angaben zufolge wurden für die Studie im ersten Schritt bis Mitte April sogenannte Rückstellproben von 300 Blutspenderinnen und Blutspendern aus dem Jahr 2017 auf das Vorliegen von Antikörpern gegen das neuartige Coronavirus getestet.
Weil davon auszugehen war, dass sich im Jahr 2017 noch kein Blutspender in Hamburg mit dem neuartigen Virus angesteckt haben konnte, wurden diese Untersuchungen zur Überprüfung von vier unterschiedlichen Antikörpertests (von den Firmen DiaSorin, Euroimmun, Roche und Wantai) herangezogen.
Alle diese Tests zeigten bei den Blutspendenden eine gute analytische Spezifität mit nur einer äußerst geringen Anzahl von falsch positiven Ergebnissen.
Im zweiten Schritt wurde dann, anhand der Ergebnisse, ein geeigneter Antikörpertest ausgewählt, um im Blut die Antikörper nachzuweisen. Wie in der Mitteilung erklärt wird, wird dazu das entnommene Blut im Labor in ein Testgefäß mit Bestandteilen der Viren (Antigenen) gegeben.
Sollten Antikörper gegen das neuartige Coronavirus vorhanden sein, binden sie sich an die Antigene und können mit einem Fluoreszenzmittel sichtbar gemacht werden.
Aufgrund der hohen Sensitivität wurde für die weitere Studie der Roche-Antikörpertest verwendet (dieser wies nur ein falsch positives Ergebnis bei 319 Proben auf).
In einem dritten Schritt wurden dann im April 300, im Mai 288 sowie im Juni 326 anonymisierte Blutspendeproben auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 untersucht.
Das Ergebnis des Screenings zeigte, dass die SARS-CoV-2-Rate bei den insgesamt 914 Blutspendenden unter einem Prozent lag.
Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft und auch nach Einschätzung des Paul-Ehrlich-Instituts ist eine routinemäßige Testung aller Blutspenden in Deutschland nicht notwendig, da nur sehr wenige und dann auch nur Schwersterkrankte die Viren im Blut tragen und als solche ohnehin nicht als Blutspendende in Frage kommen.
Laut den Fachleuten soll die Untersuchungsreihe weiterhin in einem rund vierwöchigen Abstand wiederholt werden. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE): Nur geringe Anzahl an Blutspendenden weist Antikörper gegen neuartiges Corona-Virus auf, (Abruf: 10.06.2020), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.