Wichtiger Schritt für die Ursachenforschung der Psoriasis
Wodurch genau eine Schuppenflechte (med. Psoriasis) entsteht, ist bislang nicht vollständig geklärt. Experten gehen davon aus, dass mehrere Faktoren zusammenspielen und dass neben einer genetischen Veranlagung dem Immunsystem eine zentrale Rolle zukommt. Nun sind Forscher des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) bei der Ursachenforschung offenbar einen großen Schritt weiter gekommen. Sie erkannten, dass das Immunsystem bestimmte Pigmentzellen angreift und dadurch Entzündungen auslöst. Die Erkenntnisse könnten dazu beitragen, dass zukünftig neue Behandlungsformen gegen die unangenehme Hautkrankheit eingesetzt werden.
Betroffene leiden unter schuppiger Haut und starkem Juckreiz
Millionen Menschen leiden weltweit an der entzündlichen chronischen Hauterkrankung Psoriasis (Schuppenflechte), welche durch silbrig-schuppige, teilweise großflächige Beläge auf der Haut (Plaques) gekennzeichnet ist. Diese entzünden sich und führen zu starkem Juckreiz, einem unangenehmen Spannungsgefühl und Schmerzen. Häufig treten nur einzelne Hautveränderungen an den Ellenbogen, oder der Kopfhaut auf, ebenso können aber auch die Nägel oder in besonders schweren Fällen die Gelenke (psoriatrische Arthritis) betroffen sein.
Bislang konnten die genauen Ursachen für die Entstehung der Schuppenflechte nicht geklärt werden. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass sich es sich um eine multifaktoriell bedingte Erkrankung handelt und dass neben einer genetischen Veranlagung auch das Immunsystem eine zentrale Rolle spielt. Wie die Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V. berichtet, würden eine Vielzahl wissenschaftlicher Erkenntnisse darauf hinweisen, dass es sich bei Psoriasis um eine Autoimmunerkrankung handelt, bei welcher sich das Immunsystem irrtümlich gegen körpereigene Zellen richtet.
Münchner Forscher entdecken den Mechanismus der Autoimmunerkrankung
Nun konnten Wissenschaftler des LMU-Klinikums offenbar etwas mehr Licht ins Dunkle bringen. Wie das Klinikum berichtet, sei es gelungen, den Mechanismus dieser Autoimmunerkrankung aufzuklären. „Wir haben erstmals nachgewiesen, dass die Psoriasis auf einer Autoimmunreaktion gegen die pigmentbildenden Zellen der Haut beruht”, sagte Jörg Prinz von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie des LMU-Uniklinikums. Das erkläre laut Prinz „den hautspezifischen Charakter der Schuppenflechte, da diese Melanozyten vorwiegend in der Haut vorkommen.” Nun sei zu hoffen, dass die Ergebnisse der Forscher mittel- und langfristig in die Entwicklung neuer Medikamente einfließen, so der Dermatologe weiter.
Wissenschaftler sind den Ursachen der Erkrankung schon lange auf der Spur
Laut der Mitteilung des Klinikums befinden sich aktuellen Daten zufolge allein hierzulande jährlich zwei Millionen Menschen wegen einer Schuppenflechte in ärztlicher Behandlung. Sind die entzündlichen Hautveränderungen ein Mal „ausgebrochen“, treten sie bei vielen Betroffenen immer wieder auf. Experten gehen davon aus, dass eine bestimmte Gruppe der weißen Blutkörperchen (so genannte „T-Zellen“), die zum Abwehrsystem des Körpers gehören, Zellen der Haut angreifen und die Entzündung auslösen.
Ungeklärt blieb bislang jedoch, welche Zellen dabei konkret angegriffen werden, zudem rätselte die Wissenschaft nach wie vor darüber, wie die Krankheitsmechanismen von T-Zell-vermittelten Autoimmunerkrankungen (wie z.B. auch Rheuma) generell zu erklären sind. Dass es die pigmentbildenden Zellen sind, die den T-Zellen zum Opfer fallen, hätten die LMU-Forscher durch „trickreiche, mehrjährige Experimente“ mit menschlichem Psoriasis-Hautgewebe erkannt – und nicht, wie sonst in der medizinischen Forschung üblich, anhand von Tierversuchen, ergänzt das Klinikum.
Darüber hinaus gelang es dem Team um Jörg Prinz und Klaus Dornmair auch, den komplexen Mechanismus der Erkrankung weitgehend aufzuklären. Bislang war bereits bekannt, dass sich in den Zellen von Personen mit einem erhöhten Risiko für Schuppenflechte bestimmte Varianten (Allele) bestimmter Gene finden. Das Hauptrisiko-Gen für die Psoriasis trage dabei die Bezeichnung „ HLA-C*06:02“ und gehöre zu den so genannten „HLA-Genen“.
Unerwarteter Aktvierungsweg entdeckt
Diese würden wiederum die Bauanleitung für HLA-Moleküle codieren, welche sich auf der Oberfläche aller Zellen befinden und den T-Zellen Teile von Krankheitserregern präsentieren, informiert das LMU-Klinikum. Die T-Zellen würden dann den Krankheitserreger identifizieren und eine entsprechende Abwehrreaktion gegen ihn in Gang setzen. Laut den Münchner Forschern präsentiere HLA-C*06:02 jedoch Teile von Molekülen, die von den Pigmentzellen selbst produziert und von den T-Zellen erkannt werden. Dies zeige laut Jörg Prinz einen “vollkommen unbekannten und unerwarteten autoimmunen Aktvierungsweg bei der Psoriasis” auf, was aus Sicht des Wissenschaftlers eine “bahnbrechende Entdeckung” darstelle.
Die Erkenntnis, dass es sich bei der Psoriasis um eine T-Zell-vermittelte Autoimmunreaktion gegen Melanozyten handele, biete den Patienten „nun erstmalig eine Rationale zur Erklärung ihres Krankheitsbildes“, so Prinz. Dadurch sei zu hoffen, dass sich auch die Wahrnehmung der Erkrankung verändern und damit verknüpfte Unsicherheiten und ablehnendes Verhalten von Außenstehenden minimieren lassen. „Das sollte die soziale Akzeptanz und persönliche Selbstwahrnehmung von Patienten mit Psoriasis erheblich verbessern“, betont Prinz. (nr)
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Autoren- und Quelleninformationen
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.