Placebo-Wirkung gezielt zur Behandlung nutzbar
Aus ist bekannt, dass vermeintlich wirkungsfreie Substanzen, einen positiven Effekt bei der Behandlung von Krankheiten haben können, was als Placebo-Effekt bezeichnet wird. Dieser zeigt sich laut einer aktuellen Studie auch dann, wenn wir bewusst ein Placebo einnehmen. Demnach könnte es durchaus sinnvoll sein, Erkrankten hin und wieder ein Placob zu geben und könnte man ihnen sogar direkt sagen, dass es sich um ein Placebo handelt.
„Es ist gut dokumentiert, dass sich Menschen nach einer Behandlung ohne Wirkstoffe oft besser fühlen, nur weil sie glauben, dass sie echt ist“, erläutert das Forschungsteam der Michigan State University, der University of Michigan und des Dartmouth College. In der aktuellen Studien haben die Forschenden nun die Grundlagen dieses Effekts untersucht und dabei festgestellt, dass dieser auch bei bewusster Einnahme von Placeos funktioniert. Veröffentlicht wurden die Studienergebnisse in dem Fachmagazin „Nature Communications“.
Zwei Experiment durchgeführt
Um die Placebos zu testen, zeigten die Forschenden in zwei Experimenten zwei verschiedenen Gruppen von Teilnehmenden eine Reihe emotionaler Bilder. Die Mitglieder der Placebogruppe lasen über Placeboeffekte und wurden gebeten, ein Nasenspray mit Kochsalzlösung zu inhalieren.
Ihnen wurde in einem ersten Experiment gesagt, „dass es sich bei dem Nasenspray um ein Placebo handelte, das keine Wirkstoffe enthält, aber dazu beitragen würde, ihre negativen Gefühle zu reduzieren, wenn sie daran glaubten“; berichten die Forschenden. Dann wurde ihnen eine Reihe emotional belastender Bilder gezeigt und anschließend ermittelten die Forschenden anhand von Fragen den selbst angegebenen emotionalen Stress der Teilnehmenden. Verglichen wurden ihre Ergebnisse mit einer Kontrollgruppe.
In dem zweiten Experiment inhalierten die Teilnehmenden ebenfalls dasselbe Kochsalzlösungsspray, aber es wurde ihnen gesagt, dass das Spray die Klarheit der physiologischen Messwerte, die die Forschenden aufzeichnen, verbessern würde. Anschließend betrachtet sie wieder emotional belastende Bilder und die Forschenden erfassten mittels Elektroenzephalografie (EEG) die Hirnaktivität der Teilnehmenden.
Messbare psychobiologische Effekte
In dem ersten Experiment zeigte sich, dass die Placebos die von den Teilnehmern selbst angegebene emotionale Belastung verringerten und das zweite Experiment zeigte, dass die Placebos die elektrische Hirnaktivität reduzierten, welche normalerweise ansteigt, wenn wir emotional belastet werden. „Die Verringerung der emotionalen Hirnaktivität trat innerhalb von nur wenigen Sekunden“, berichten die Forschenden. Hier werde deutlich, dass es sich um messbare psychobiologische Effekte handelt.
Placebos zur Therapie nutzen?
„Stellen Sie sich vor: Was wäre, wenn jemand zweimal täglich eine nebenwirkungsfreie Zuckerpille einnehmen würde, nachdem er ein kurzes, überzeugendes Video über die Wirkung von Placebos durchgegangen ist, und dadurch weniger Stress hätte“, so Studienhauptautor Darwin Guevarra von der Michigan State University. „Anstatt eine Vielzahl von Medikamenten zu verschreiben, um einem Patienten zu helfen, könnten Sie ihm ein Placebo geben und ihm sagen, dass es ihm helfen kann und die Erfolgschancen stehen gut“, ergänzt Co-Autor Prof. Jason Moser von der Michigan State University. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Darwin A. Guevarra, Jason S. Moser, Tor D. Wager, Ethan Kross: Placebos without deception reduce self-report and neural measures of emotional distress; in: Nature Communications (veröffentlicht 29.07.2020), nature.com
- Michigan State University: Placebos prove powerful…even when people know they’re taking one (veröffentlicht 06.08.2020), msutoday.msu.edu
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.