Proteine: Wie gut sind angereicherte Lebensmittel?
Ob Brot, Müsli oder Milchdrinks: Lebensmittel mit der Extraportion Eiweiß liegen schon länger im Trend. Diese Produkte sollen angeblich schnell satt und dadurch schlank machen und beim Muskelaufbau helfen. Doch stimmt das wirklich?
Neben Kohlenhydraten und Fetten gehören Proteine (Eiweiß) zu den energieliefernden Makronährstoffen. Wenn über einen längeren Zeitraum keine ausreichende Proteinversorgung stattfindet, gerät der Stoffwechsel aus dem physiologischen Gleichgewicht – ein Abbau von Muskelmasse beginnt, erklärt die Verbraucherzentrale auf ihrer Webseite. Manche Menschen greifen daher auf Lebensmittel mit Proteinzusatz zurück. Doch sind solche Produkte tatsächlich empfehlenswert?
Proteinreiche Ernährung zum Abnehmen
Viele Abnehmwillige setzen auf eine Ernährung mit viel Eiweiß. Eine höhere Proteinzufuhr geht tatsächlich mit einer länger andauernden Sättigung einher, schreibt das Landeszentrum für Ernährung Baden-Württemberg auf seiner Webseite.
Wer also mehr Protein verzehrt, hat weniger Hunger und nimmt folglich weniger Kalorien zu sich. Eine Diät mit hohem Eiweißanteil kann daher zu einer stärkeren Gewichtsabnahme im Vergleich zu einer Kost mit niedrigem Proteinanteil führen. Daher greifen manche Menschen, die abnehmen wollen, aber auch Sporttreibende zu Lebensmitteln mit Proteinzusatz.
Angereicherte Produkte liegen im Trend
Wer Sport macht, der braucht viel Eiweiß – dieses (scheinbare) Wissen ist bei vielen im Gedächtnis eingebrannt, schreibt die Verbraucherzentrale Bremen in einer aktuellen Mitteilung. Und um diese Proteine aufzunehmen, gibt es zahlreiche angereicherte Produkte, von Proteinschokolade über -toast zu -pudding und -drinks. Sind diese Lebensmittel aber wirklich notwendig?
In einem Marktcheck hat die Verbraucherzentrale Bremen sich verschiedene Produkte angesehen, die damit werben, besonders reich an Proteinen zu sein.
Proteinbedarf durch ausgewogene Ernährung gedeckt
Der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zufolge brauchen gesunde Menschen im Alter von 19 bis 65 Jahren 0,8 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Kinder sowie Seniorinnen und Senioren benötigen etwa ein Gramm pro kg Körpergewicht. Diese Mengen werden hierzulande mit einer ausgewogenen Ernährung meist schon überschritten. Doch was ist mit den Sporttreibenden?
Nur Sportlerinnen und Sportler, die sich mehr als fünf Stunden in der Woche körperlich aktiv bewegen, haben laut den Fachleuten tatsächlich einen höheren Verbrauch. Je nach Sportart können sie zwischen 1,2 und zwei Gramm Protein pro kg Körpergewicht benötigen.
„Doch da ihr Energiebedarf insgesamt höher ist, essen sie auch mehr. Bei einer ausgewogenen Ernährung wird der Proteinbedarf gedeckt“, erläutert Sonja Pannenbecker, Referentin für Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Bremen.
Zusatzstoffe und künstliche Aromen
Die Verbraucherzentrale Bremen hat sich nun online die Zutatenlisten und Nährwerttabellen von 19 Produkten, überwiegend auf Milchbasis, angesehen, die mit ihren Proteingehalten von 20 bis 40 Gramm pro Becher werben.
Manche dieser Produkte waren zum Löffeln, zum Beispiel Joghurt oder Pudding, andere wie beispielsweise Joghurtdrinks eher zum Trinken. Die Zuckergehalte der Getränke lagen meist im mittleren Bereich.
„Die Nährwerte der Produkte zum Löffeln sind in Ordnung“, so Pannenbecker, „der Zuckergehalt liegt überwiegend im geringen Bereich und auch der Fettgehalt ist meist niedrig“. Aber um diese Nährwerte zu erreichen und gleichzeitig ein Lebensmittel zu haben, dass vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern schmeckt, werden Zusatzstoffe und künstliche Aromen verwendet.
Den Angaben zufolge wird der Süßgeschmack in zwölf der 19 Produkte unter anderem durch Süßungsmittel erreicht. In neun Produkten wird laut der Verbraucherzentrale Bremen ein Enzym verwendet, das den Milchzucker spaltet und dadurch für einen süßeren Geschmack sorgt. Dadurch sind manche der Milchprodukte laktosefrei.
„Auch Verdickungsmittel und Stabilisatoren werden häufig verwendet. In 14 der 19 Produkte sind Verdickungsmittel und in sieben Produkten Stabilisatoren“, sagt Pannenbecker. Dass es auch ohne diese Zusätze geht, zeigen vier Produkte, die komplett ohne Zusatzstoffe und Aromen auskommen.
Darüber hinaus werden 15 Produkten Aromen zugesetzt. Meist handelt es sich dabei um Aromastoffe, die nicht aus der Frucht stammen, nach der sie schmecken. Lediglich in zwei Produkten wurde „natürliches Fruchtaroma“ und „natürliches Fruchtaroma mit anderen natürlichen Aromen“ verwendet. Sie stammen zumindest teilweise aus der bezeichneten Frucht.
Dreimal so teuer wie Speisequark
Die Proteingehalte liegen zwischen fünf und 11,4 g pro 100 g. Im Vergleich dazu – normaler Speisequark enthält zwölf Gramm pro 100 g und ist damit mindestens genauso geeignet um Proteine aufzunehmen.
Die getesteten Produkte liegen preislich zwischen 0,29 und 0,94 Euro für 100 g. „Das Durchschnittsprodukt mit 0,49 € ist somit dreimal so teuer, wie beispielsweise normaler Speisequark für 0,18 € pro 100 g“, erläutert Pannenbecker.
Das Fazit der Verbraucherzentrale: Bei einer ausgewogenen Ernährung sind Proteinangereicherte Lebensmittel nicht notwendig, sie enthalten meist viele Zusatzstoffe und sind deutlich teurer als die gute Alternative Speisequark. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Verbraucherzentrale Bremen: Proteine im Trend – wie gut sind angereicherte Lebensmittel?, (Abruf: 16.08.2020)
- Verbraucherzentrale: Proteine und Proteinpräparate, (Abruf: 16.08.2020)
- Landeszentrum für Ernährung Baden-Württemberg: Lebensmittel mit Proteinzusatz: überflüssig oder notwendig?, (Abruf: 16.08.2020)
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.