Aufbereiteter Wirkstoff vernichtet resistente Keime
Zehntausende Menschen sterben jährlich an Infektionen mit antibiotikaresistenten Keimen. Vor allem im Krankenhaus breiten sich solche Erreger schnell aus. Oftmals sind Bakterien vom Typ vancomycinresistente Enterokokken (VRE) für die tödlichen Infektionen verantwortlich. Ein amerikanisches Forschungsteam modellierte nun einen seit über 80 Jahren bekannten Wirkstoff so um, dass dieser äußert effizient VRE abtötet.
Ein neues Medikament aus einem alten Wirkstoff könnte in Zukunft das Leben von tausenden Personen retten, die sich mit VRE infizieren. Forschende der Purdue University in den USA modifizierten den altbekannten Wirkstoff Acetazolamid und optimierten die Substanz dahingehend, antibiotikaresistente VRE-Keime abzutöten. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich im „Journal of Medicinal Chemistry“ vorgestellt.
Jede zehnte VRE-Infektion endet tödlich
Vancomycinresistente Enterokokken gehören zu den gefährlichsten resistenten Keimen. Rund zehn Prozent aller Personen, die sich mit diesen Erregern infizieren, sterben daran. Menschen, die stationär im Krankenhaus behandelt werden, ziehen sich am häufigsten diesen Keim zu. Aufgrund der Resistenz gegen das Antibiotikum Vancomycin ist eine VRE-Infektion nur schwer zu behandeln.
Aus alt mach neu
Die Forschenden der aktuellen Studien stellten nun ein neues Medikament vor, dass VRE-Keime abtötet. Sie entwickelten die Arznei aus dem Wirkstoff Acetazolamid, der seit mehr als 80 Jahren zur Behandlung von Glaukomen und einigen anderen Gesundheitsproblemen eingesetzt wird. Das Team strukturierte den Wirkstoff in kleinere Moleküle um, wodurch sich neue Behandlungsoptionen eröffneten.
„Die Potenz dieser Moleküle sowie die Fähigkeit, die Moleküle so abzustimmen, dass sie auf VRE in verschiedenen Zellbereichen des Körpers abzielen, machen dies zu einem spannenden Projekt“, resümiert Daniel Flaherty aus dem Forschungsteam. Flaherty ist überzeugt davon, dass dieser Wirkstoff die Art und Weise verändern wird, wie wir VRE-Infektionen in Zukunft behandeln werden.
600 mal stärker als derzeitige Methoden
„Wir verfügen über Moleküle, die zur Behandlung tödlicher systemischer VRE-Infektionen eingesetzt werden können, oder durch Manipulation der Eigenschaften des Moleküls eine Verbindung entwickeln, die ausschließlich im Gastrointestinaltrakt verbleibt, um die VRE-Kolonisierung zu reduzieren“, fasst Flaherty die Forschungsergebnisse zusammen. Die neuen Moleküle wirken den Forschenden zufolge 600 mal stärker gegen VRE als derzeit verfügbare Behandlungen.
Breitband Antibiotika treiben Resistenzen voran
Mikrobiologie-Professor Mohamed Seleem aus dem Studienteam kritisiert, dass heute verfügbare Antibiotika bei einer Vielzahl von Krankheiten eingesetzt werden. Diese Antibiotika fördern nicht nur Resistenzen, sondern zerstören auch gute Bakterien im Darm. „Wir sind noch weit davon entfernt, dass sich der Markt für Schmalspektrum-Antibiotika weiter ausbreitet“, so Seleem. Das Team geht mit der aktuellen Forschung einen Schritt in diese Richtung. Die entwickelten Moleküle zielen nachweislich nur auf VRE ab und besitzen die notwendigen Eigenschaften, um die Bakterien sowohl im systemischen Kreislauf als auch im Magen-Darm-Trakt zu behandeln, wo alle VRE-Infektionen ihren Ursprung haben. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Jatinder Kaur, Xufeng Cao, Nader S. Abutaleb, u.a.: Optimization of Acetazolamide-Based Scaffold as Potent Inhibitors of Vancomycin-Resistant Enterococcus; in: Journal of Medicinal Chemistry, 2020, pubs.acs.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.