Kann viel Kalzium das Herzinfarktrisiko erhöhen?
Kalzium wird für viele Körperfunktionen benötigt. Die wohl bekannteste Aufgabe des lebenswichtigen Mineralstoffs ist der Aufbau und Erhalt von Knochen und Zähnen. Zudem spielt es eine wichtige Rolle für die Blutgerinnung, die Muskel- und Nerventätigkeit, Abwehr von Entzündungen und Allergien. Allerdings wird schon seit Jahren immer wieder berichtet, dass zu viel des Minerals das Herzinfarktrisiko erhöhen kann. Stimmt das aber wirklich?
Es ist bekannt, dass Kalzium der Schlüssel zu starken Knochen ist. Daher nehmen viele Menschen regelmäßig Kalzium-Pillen zur Abwehr von Osteoporose ein. Aber schon vor Jahren gab es Hinweise darauf, dass zu viel Kalzium das Risiko eines Herzinfarkts erhöhen kann. In einem Beitrag der renommierten Cleveland Clinic (USA) klärt die Kardiologin Dr. Leslie Cho über den Zusammenhang zwischen Kalzium und Herzerkrankungen auf.
Herzerkrankungen und Kalzium
Eine Erkrankung der Herzkranzgefäße tritt auf, wenn etwas die Arterien blockiert, die das Herz mit Blut versorgen. Meistens handelt es sich dabei um Arteriosklerose – Fettablagerungen, sogenannte Plaques, die sich an den Wänden der Arterien festsetzen. Plaques in den Koronararterien können zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen.
Plaques sind jedoch nicht nur Klumpen aus Fett und Cholesterin. Mittlerweile ist bekannt, dass sich in diesen Ablagerungen auch Kalzium ansammeln kann. „Kalzium lagert sich in den Arterien an, wenn Sie älter werden“, erklärt Dr. Cho.
Dieses kann im Rahmen eines Kalzium-Score-Screenings gemessen werden. Die Menge der Ablagerungen sagt etwas über das Risiko einer möglichen Koronarerkrankung aus.
Bei älteren Menschen ist es üblich, viel Kalzium in den Arterien zu haben, fügt sie hinzu. Bei Erwachsenen mittleren Alters kann dies jedoch auf eine stärkere Plaquebildung hinweisen – und auf die Notwendigkeit einer genaueren Überwachung oder einer intensiveren Behandlung von Arteriosklerose.
Sind Kalzium-Präparate gefährlich?
Was bedeutet das alles für Milchliebhaber? Die Forschung dazu war laut der Ärztin verwirrend. Einige Studien haben demnach einen Zusammenhang zwischen einer hohen Kalziumaufnahme und einem erhöhten Herzinfarktrisiko festgestellt. Andere Untersuchungen sind jedoch zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen gekommen. „Die Daten, die wir haben, sind noch nicht sehr gut“, sagt Dr. Cho.
Eine Studie ergab, dass Menschen mit einer hohen Kalziumaufnahme weniger – nicht mehr – Verkalkungen in ihren Koronararterien hatten. Dies galt jedoch hauptsächlich für Menschen, die Kalzium aus ihren Mahlzeiten und nicht aus Pillen erhielten. Es gab Hinweise darauf, dass Nahrungsergänzungsmittel die Kalziumablagerungen in den Arterien erhöhen könnten.
Obwohl die Ergebnisse immer noch unklar sind, scheint eines klar zu sein, fügt Dr. Cho hinzu: „Es ist besser, Ihr Kalzium aus Essen oder Trinken zu gewinnen, als es mit einer Pille einzunehmen. Ihr Körper ist so konzipiert, dass er Vitamine und Mineralien aus Ihrer Ernährung aufnimmt.“
Vorbeugung von Osteoporose
Dennoch sagt Dr. Cho, wäre es ein Fehler, Kalzium zu vermeiden. „Mit zunehmendem Alter besteht ein echtes Osteoporoserisiko, insbesondere bei Frauen“, erklärt die Kardiologin. „Osteoporose ist schwerwiegend, und mit genügend Kalzium kann vorgebeugt werden.“
Kalziumreiche Lebensmitteln sind unter anderem:
- Milch, Joghurt und Käse
- Grünes Gemüse wie Blattspinat und Broccoli
- Bohnen
- Kalziumreiches Mineralwasser
Wie das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) auf dem Portal „gesundheitsinformation.de“ erklärt, empfehlen medizinische Fachgesellschaften Erwachsenen eine Kalziumaufnahme von 700 mg bis 1200 mg täglich.
Die Fachleute listen Beispiele dafür auf, durch welche Lebensmittel man insgesamt etwa 1000 mg Kalzium aufnimmt:
- 2 Scheiben Graubrot oder Vollkornbrot, 2 Scheiben Gouda, Edamer oder Emmentaler, 1 Portion Broccoli, 2 Gläser Mineralwasser und 1 Becher Joghurt (200 g); oder:
- 2 Gläser Milch (à 200 ml), 2 Scheiben Graubrot oder Vollkornbrot, 2 Portionen Camembert und 1 Portion Blattspinat; oder:
- 1 Becher Joghurt (à 200 g), 1 Portion Müsli (50 g) mit Milch (100 ml), 1 Scheibe Graubrot oder Vollkornbrot, 1 Scheibe Gouda, Edamer oder Emmentaler, 1 Portion Grünkohl und 1 Glas Mineralwasser.
Für Menschen die nicht genug Kalzium über die Ernährung bekommen, können Nahrungsergänzungsmittel immer noch eine gute Option sein, meint Dr. Cho. Es ist jedoch immer am besten, vor einer Einnahme mit einer Ärztin oder einem Arzt zu sprechen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Cleveland Clinic: Can Too Much Calcium Raise Your Heart Attack Risk?, (Abruf: 28.09.2020), Cleveland Clinic
- Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: Wie kann ich meinen Kalziumbedarf decken?, (Abruf: 28.09.2020), gesundheitsinformation.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.