Psychische Probleme durch Einsamkeit in der Kindheit?
Wenn Kinder und Jugendliche unter Einsamkeit leiden, kann dies noch Jahre später mit psychischen Gesundheitsproblemen einschließlich Depressionen und Angstzuständen verbunden sein. Eine Erkenntnis, die gerade in Zeiten der Isolation durch COVID-19 besonders bedenklich ist.
Es treten häufiger psychische Probleme im späteren Leben auf, wenn Kinder oder Jugendliche Isolation erfahren, so das Ergebnis einer Untersuchung unter der Beteiligung von Forschenden der University of Bath. Die Studie wurde in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry“ (JAACAP) publiziert.
Weit verbreitete Isolation durch COVID-19
Die COVID-19-Pandemie hat zu einer weit verbreiteten Isolation geführt, die alle Altersgruppen der globalen Gesellschaft betrifft. Besonders für Kinder und Jugendliche könnte die auferlegte Isolation zu ernsthaften gesundheitlichen Auswirkungen führen, welche sich erst Jahre später bemerkbar machen.
Ergebnisse von über 60 Untersuchungen wurden ausgewertet
Die Forschenden analysierten über 60 bereits existierende Studien zu Themen wie Isolation, Einsamkeit und psychischer Gesundheit bei jungen Menschen im Alter zwischen vier und 21 Jahren. Dabei fanden sie umfangreiche Belege für einen Zusammenhang zwischen Einsamkeit und einem erhöhten Risiko für psychische Gesundheitsprobleme.
Depression und Angstzustände durch Einsamkeit
Die Überprüfung dessen, was über Einsamkeit und ihre Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen bekannt ist, hat gezeigt, dass Einsamkeit sowohl mit Depressionen als auch mit Angstzuständen verbunden ist, erläutert das Team.
Dies war der Fall, wenn in den Studien Einsamkeit und psychische Gesundheit zum gleichen Zeitpunkt gemessen wurden, wenn Einsamkeit getrennt gemessen wurde und wenn Depression und Angst bis zu neun Jahre später gemessen wurden, erklären die Forschenden weiter.
Längere Einsamkeit führte häufiger zu psychischen Problemen
Es gab in den ausgewerteten Studien auch Hinweise darauf, dass in Bezug auf das Risiko künftiger Depressionen bei jungen Menschen die Dauer der Einsamkeit wichtiger sein könnte als deren Intensität.
„Im Bezug auf den COVID-19-Kontext fanden wir einige Hinweise darauf, dass die Dauer der Einsamkeit stärker mit späteren psychischen Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht wird“, berichtet Studienautorin Dr. Maria Loades von der University of Bath in Großbritannien in einer Pressemitteilung.
Wie stark erhöhte Einsamkeit das Risiko für Depressionen?
Die ausgewählten Studien ergaben Hinweise darauf, dass einsame Kinder und Jugendliche in Zukunft mit bis zu dreimal höherer Wahrscheinlichkeit Depressionen entwickeln. Zusätzlich könnten die Auswirkungen der Einsamkeit auf die psychische Gesundheit, wie beispielsweise depressive Symptome, jahrelang anhalten.
Bei vielen jungen Menschen wird die Einsamkeit im Laufe der Zeit abnehmen, wenn sie soziale Kontakte und Verbindungen nach der Isolation wieder aufbauen. Bei einigen Kindern oder Heranwachsenden kann das Gefühl der Einsamkeit jedoch weiter fortbestehen, insbesondere bei denjenigen, die sich bereits vor der Isolation sozial ausgeschlossen gefühlt haben, erklären die Fachleute.
Wie kann Betroffenen geholfen werden?
Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche so bald wie möglich zu Aktivitäten wie dem gemeinsamen Spielen zurückkehren können und dass sie wieder die Schule besuchen, was ihnen eine Struktur für ihren Tag gibt und ihnen die Möglichkeit für den Kontakt zu Gleichaltrigen bietet, betonen die Forschenden. Parallel dazu sollten Regierungen das Wohlergehen der Kinder im Rahmen der öffentlichen Gesundheitvorsorge verstärkt ins Visier nehmen.
Psychische Gesundheitsprobleme werden zunehmen
Laut Aussage des Forschungsteams sollte alles unternommen werden, um die Auswirkungen der Einsamkeit zu mildern und soziale Bindungen wiederherzustellen. Gleichzeitig sei es wichtig, sich auf eine Zunahme psychischer Gesundheitsprobleme vorzubereiten, die zum Teil auf die Einsamkeit zurückzuführen sind, aber auch auf andere unbeabsichtigte Folgen der Isolation, berichtet das Team.
Zu den möglichen Folgen der Isolation zählen beispielsweise fehlende Struktur, körperliche Inaktivität und soziale Ängste und/oder Trennungsängste. Ein universeller Ansatz zur Förderung des Wohlbefindens, beispielsweise durch Aktivitäten der Schulen zur Förderung des Wohlbefindens von Kindern und Jugendlichen bei der Wiederaufnahme normaler Aktivitäten könnten nach Ansicht der Forschenden helfen, die Auswirkungen der Isolation einzugrenzen.
Gezielte Interventionen können Kindern helfen
Unter Einsamkeit leidende Kinder müssen möglichst früh identifiziert werden und gezielte Interventionen könnten Betroffenen helfen, ihre Probleme zu überwinden. Dies kann durch die Bereitstellung zusätzlicher Unterstützung in den Schulen geschehen, indem man den Kindern hilft, Ängste vor der Rückkehr in die Schule zu überwinden oder indem man ihnen dabei hilft, wieder soziale Kontakte zu Gleichaltrigen herzustellen.
Kindern und Jugendlichen, die unter Einsamkeit leiden, sollte bewusst gemacht werden, dass fachkundig Hilfe bereit steht und es muss sichergestellt werden, dass Betroffene wissen, wie sie diese Hilfe in Anspruch nehmen können, resümiert das Forschungsteam (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Maria Elizabeth Loades, Eleanor Chatburn, Nina Higson-Sweeney, Shirley Reynolds, Roz Shafran et al.: Rapid Systematic Review: The Impact of Social Isolation and Loneliness on the Mental Health of Children and Adolescents in the Context of COVID-19, in Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry (veröffentlicht 02.06.2020), JAACAP
- Elsevier: Loneliness in youth could impact mental health over the long term (veröffentlicht 19.11.2020), Elsevier
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.