Gene der Schlüssel zu COVID-19-Behandlungen
Forschende aus Schottland haben fünf Gene identifiziert, die mit schwersten Formen der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten Krankheit COVID-19 assoziiert sind. Die Erkenntnisse könnten der Schlüssel zu neuen Behandlungen sein.
Forschende der University of Edinburgh haben fünf Gene lokalisiert, die negative Auswirkungen auf den COVID-19 Krankheitsverlauf haben können. Die neuen Erkenntnisse könnten dazu beitragen, herauszufinden, welche Medikamente zur Therapie geeignet sind.
DNA von Intensivpatientinnen und -patienten
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben die DNA von 2.244 Corona-Patientinnen und -Patienten auf 208 Intensivstationen in Großbritannien untersucht und diese DNA-Sequenzen mit dem in einer Datenbank gespeicherten Genom von tausenden Kontrollpersonen aus der breiten Bevölkerung verglichen.
Laut einer Mitteilung der Universität fand das Forschungsteam wesentliche Unterschiede in fünf Genen der Intensivpatientinnen und -patienten im Vergleich zu Proben von gesunden Freiwilligen.
Die Gene – IFNAR2, TYK2, OAS1, DPP9 und CCR2 – erklären teilweise, warum manche Menschen mit COVID-19 schwer krank werden, während andere kaum oder gar keine Symptome zeigen.
Entzündungshemmend und antiviral
Da einige genetische Varianten auf bestimmte Arzneimittel ähnlich reagieren, konnten die Forschenden auch die Wirkung von Arzneimittelbehandlungen auf Patientinnen und Patienten vorhersagen.
Zum Beispiel zeigten sie, dass eine Verringerung der Aktivität des TYK2-Gens vor COVID-19 schützt. Eine Klasse von entzündungshemmenden Arzneimitteln, die als JAK-Inhibitoren bezeichnet werden und das Arzneimittel Baricitinib enthalten, erzeugt diesen Effekt.
Sie entdeckten auch, dass eine Steigerung der Aktivität des Gens INFAR2 wahrscheinlich ebenfalls Schutz verschafft, da dadurch die Wirkung der Behandlung mit Interferon-Proteinen, die von Zellen des Immunsystems zur Abwehr von Viren freigesetzt werden, nachgeahmt werden könnte.
Fachleute weisen jedoch darauf hin, dass Patientinnen und Patienten die Behandlung möglicherweise frühzeitig benötigen, wenn sie wirken soll.
Basierend auf den in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlichten Ergebnissen sagen die Forschenden, dass sich klinische Studien auf Medikamente konzentrieren sollten, die auf diese spezifischen antiviralen und entzündungshemmenden Wege abzielen.
Welche Medikamente getestet werden sollten
„Genau wie bei Sepsis und Influenza wird bei Covid-19 die Schädigung der Lunge eher durch unser eigenes Immunsystem als durch das Virus selbst verursacht“, erklärt Dr. Kenneth Baillie von der Universität von Edinburgh. Die Studienergebnisse „zeigen den Weg zu wichtigen Medikamentenzielen“, so der Wissenschaftler.
„Unsere Ergebnisse zeigen sofort, welche Medikamente für klinische Tests ganz oben auf der Liste stehen sollten. Wir können immer nur wenige Medikamente gleichzeitig testen, sodass die richtigen Entscheidungen Tausende von Menschenleben retten“, so Dr. Baillie.
„Covid-19 ist die größte Herausforderung für die öffentliche Gesundheit seit einem Jahrhundert. Mit jedem Tag erfahren wir mehr über dieses Virus“, sagt Lord Bethell, Minister für Innovation und Absolvent der University of Edinburgh.
„Forschung wie diese ist ein großer Schritt vorwärts, um unser Verständnis von COVID-19 weiter zu verbessern und die am stärksten gefährdeten Personen zu schützen – und letztendlich Leben auf der ganzen Welt zu retten.“
Und Dr. Jonathan Pearce vom britischen Medical Research Council (MRC) fügt an: „Durch die Identifizierung von Genen, die mit schwerem COVID-19 assoziiert sind, auch bei jungen Patienten ohne bekannte zugrunde liegende Gesundheitsprobleme, können wir die Erforschung neuer diagnostischer und therapeutischer Ansätze verbessern und beschleunigen.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- University of Edinburgh: Genes could be key to new Covid-19 treatments, (Abruf: 14.12.2020), University of Edinburgh
- Erola Pairo-Castineira, Sara Clohisey, Lucija Klaric, Andrew D. Bretherick, Konrad Rawlik, Dorota Pasko, Susan Walker, Nick Parkinson, Max Head Fourman, Clark D. Russell, James Furniss, Anne Richmond, Elvina Gountouna, Nicola Wrobel, David Harrison, Bo Wang, Yang Wu, Alison Meynert, Fiona Griffiths, Wilna Oosthuyzen, Athanasios Kousathanas, Loukas Moutsianas, Zhijian Yang, Ranran Zhai, Chenqing Zheng, Graeme Grimes, Rupert Beale, Jonathan Millar, Barbara Shih, Sean Keating, Marie Zechner, Chris Haley, David J. Porteous, Caroline Hayward, Jian Yang, Julian Knight, Charlotte Summers, Manu Shankar-Hari, Paul Klenerman, Lance Turtle, Antonia Ho, Shona C. Moore, Charles Hinds, Peter Horby, Alistair Nichol, David Maslove, Lowell Ling, Danny McAuley, Hugh Montgomery, Timothy Walsh, Alex Pereira, Alessandra Renieri, The GenOMICC Investigators, The ISARICC Investigators, The COVID-19 Human Genetics Initiative, 23andMe Investigators, BRACOVID Investigators, Gen-COVID Investigators, Xia Shen, Chris P. Ponting, Angie Fawkes, Albert Tenesa, Mark Caulfield, Richard Scott, Kathy Rowan, Lee Murphy, Peter J. M. Openshaw, Malcolm G. Semple, Andrew Law, Veronique Vitart, James F. Wilson & J. Kenneth Baillie: Genetic mechanisms of critical illness in Covid-19; in: Nature, (veröffentlicht: 11.12.2020), Nature
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.