Die gesetzlichen Krankenkassen dürfen weiterhin Versichertendaten auswerten, um Versorgungsinnovationen zu entwickeln und ihren Mitgliedern Versorgungsmöglichkeiten individuell anzubieten. Mit zwei am Dienstag, 26. Januar 2021, veröffentlichten Beschlüssen wies das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine hiergegen gerichtete Beschwerde und einen Eilantrag ab (Az.: 1 BvR 619/20 und 1 BvQ 108/20).
Elektronischen Patientenakte
Im Zusammenhang mit der Entwicklung der sogenannten elektronischen Patientenakte wurde Ende 2019 ein neuer Paragraf zur Förderung von Versorgungsinnovationen in das Sozialgesetzbuch 5 aufgenommen. Um solche nicht näher bezeichneten Innovationen zu entwickeln, dürfen sie die von ihnen ohnehin rechtmäßig gespeicherten Versichertendaten auswerten; dies erfolgt pseudonymisiert und soweit möglich auch anonymisiert.
Dabei können die Krankenkassen aber auch auf Daten der sogenannten elektronischen Patientenakte zugreifen. Dies sind individuelle Gesundheitsdaten, die auf der elektronischen Gesundheitskarte (Versichertenkarte) aber auch bei den Krankenkassen gespeichert werden. Über Kerndaten wie Name, Anschrift und Versichertennummer hinaus ist diese elektronische Patientenakte aber freiwillig und bislang auch technisch auf nur wenige Daten beschränkt.
Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hatte kürzlich Klagen gegen die Datenspeicherung abgewiesen (Urteile und JurAgentur-Meldung vom 20. Januar 2021, Az.: B 1 KR 7/20 und B 1 KR 15/20). Die Speicherung der Kerndaten sei notwendig, darüberhinaus gehende Speicherungen freiwillig.
Bundesverfassungsgericht weist Klagen als unzulässig ab
Das Bundesverfassungsgericht wies nun eine Beschwerde auch gegen die Auswertung dieser Daten als unzulässig ab. Auch die Karlsruher Richter betonten, dass die Speicherung über die Kerndaten hinaus und damit auch der Zugriff für die Auswertung freiwillig ist. „Damit hat der Beschwerdeführer es selbst in der Hand, die geltend gemachte Verletzung in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung abzuwenden, indem er seine Einwilligung zur Nutzung der elektronischen Patientenakte nicht erteilt.”
Eine Prüfung, ohne dass der Beschwerdeführer überhaupt individuellen Nachteilen ausgesetzt ist, sei dem Bundesverfassungsgericht rechtlich nicht möglich, heißt es in dem jetzt schriftlich veröffentlichten Beschluss vom 4. Januar 2021.
Nach der angegriffenen neuen Gesetzesregelung dürfen die Krankenkassen zudem ihre Mitglieder individuell über für sie geeignete Versorgungsmöglichkeiten informieren und ihnen entsprechende Angebote unterbreiten. Ursprünglich mussten die Versicherten dem ausdrücklich zustimmen. Im Oktober 2020 wurde dies durch eine Widerspruchsregelung ersetzt.
Der zweite Antragsteller wollte erreichen, dass die Widerspruchsregelung vorerst ausgesetzt wird, bis das Bundesverfassungsgericht ihre Rechtmäßigkeit abschließend geprüft hat. Mit seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Beschluss vom 4. Januar 2021 wies das Bundesverfassungsgericht den Antrag als unzulässig ab. Der Antragsteller habe zunächst vor den Sozialgerichten Rechtsschutz suchen können und müssen. mwo/fle
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