COVID-19: Vorerkrankungen für schweren Krankheitsverlauf
Der größte Teil der Menschen, die sich mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizieren, erkrankt nur leicht oder hat gar keine Symptome. Doch bei manchen Personen verläuft die durch das Virus ausgelöste Erkrankung COVID-19 schwer. Nun wurden die wichtigsten Risikofaktoren für einen schweren Krankheitsverlauf neu definiert.
Neben Personen höheren Alters gelten Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen als Risikogruppe für schwere COVID-19-Erkrankungen. Fachleute haben nun die wichtigsten dieser Vorerkrankungen identifiziert.
Daten von über 30 Millionen Versicherten
Das Robert Koch-Institut (RKI) und mehrere Krankenkassen haben anhand aktueller Daten aus Deutschland die wichtigsten Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf bei Menschen unter 80 Jahren neu identifiziert.
Datenbasis der Studie sind Abrechnungsdaten von mehr als 30 Millionen gesetzlich Versicherten der AOK Bayern, der AOK PLUS Sachsen und Thüringen (ausgewertet durch das Zentrum für evidenzbasierte Gesundheitsversorgung der Dresdner Hochschulmedizin), der BARMER, der DAK-Gesundheit sowie der InGef Forschungsdatenbank, über die ein wesentlicher Teil der Daten von Betriebskrankenkassen einbezogen werden konnte.
Laut einer Mitteilung erlauben die Daten des Jahres 2019 sowie der ersten beiden Quartale des Jahres 2020 dabei Diagnosen und Behandlungen zur Identifikation der Vorerkrankungen sowie der COVID-19 Fälle umfassend zu berücksichtigen.
„Die vorliegende Studie ist eine der größten Studien aus Deutschland zu Vorerkrankungen und COVID-19. Die Daten unserer Projektpartner erlauben uns stark gefährdete Patientengruppen noch besser zu identifizieren“, kommentiert Prof. Dr. Jochen Schmitt vom Universitätsklinikum Dresden.
Wer häufig von schwerem Verlauf betroffen ist
Die Auswertung internationaler Studien ergab 35 Vorerkrankungen, die potentiell mit einem erhöhten Risiko eines schweren COVID-19-Krankheitsverlaufs einhergehen.
Diese 35 Vorerkrankungen wurden anschließend zugrunde gelegt, um mit den Daten der Krankenkassen zu berechnen, welche an COVID-19 erkrankten Personen in Deutschland besonders häufig von einem schweren Verlauf betroffen sind.
Hieraus können auch Erkenntnisse hinsichtlich der Dringlichkeit der COVID-19-Schutzimpfung für die verschiedenen Krankheiten abgeleitet werden. Um die Analysen möglichst verständlich zu halten und eine eindeutige Rangfolge erstellen zu können, verzichten die Fachleute darauf, Wechselwirkungen zwischen dem Alter und Vorerkrankungen explizit abzubilden.
Besonders hohes Risiko bei Leukämie
Den Ergebnissen zufolge haben Menschen die an Leukämie erkrankt sind und behandelt werden, ein besonders hohes Risiko. Sie gilt es prioritär mit einer Impfung zu schützen. 31,5 Prozent von ihnen erleiden nach den vorliegenden Analysen bei einer COVID-19 Erkrankung einen schweren Verlauf.
Unter Annahme der erfolgten Impfung der in Behandlung befindlichen Menschen mit Leukämie belegen Patientinnen und Patienten mit metastasierenden soliden Tumoren in Therapie mit einem Anteil von 28,2 Prozent den zweiten Rang.
Es folgen Personen mit Demenz, bei denen etwa ein Viertel aller COVID-19 Fälle einen schweren Verlauf erleidet.
Die Liste der Erkrankungen mit erhöhtem Risiko für schwere COVID-19-Verläufe wurde im aktuellen „Epidemiologischen Bulletin“ veröffentlicht:
Rang 1: Hämatoonkologische Erkrankungen mit Therapie
Rang 2: Metastasierte solide Tumorerkrankungen mit Therapie
Rang 3: Demenz
Rang 4: Metastasierte solide Tumorerkrankungen ohne Therapie
Rang 5: Herzinsuffizienz
Rang 6: Alter 75–79
Rang 7: Dialyse
Rang 8: Solide Krebserkrankung mit Therapie
Rang 9: Zirrhotische und schwere Leberkrankheiten
Rang 10: Down-Syndrom
Rang 11: Chronische Niereninsuffizienz
Rang 12: Zustand nach Organtransplantation
Rang 13: Alter 70–74
Rang 14: Vorhofflimmern und Vorhofflattern
Rang 15: Interstitielle Lungenerkrankung
Rang 16: Alter 65–69
Rang 17: Koronare Herzkrankheit
Rang 18: Schwere psychische Erkrankungen
Rang 19: Diabetes mellitus Typ I und II
Rang 20: COPD und sonstige schwere Lungenerkrankungen
Rang 21: Zerebrovaskuläre Erkrankungen
Rang 22: Adipositas
Rang 23: Neurologische Erkrankungen
Rang 24: Alter 60–64
Hilfestellung für die Impfreihenfolge
Die Studie hat laut den Fachleuten eine hohe praktische Relevanz, weil sie Hausärztinnen und Hausärzte darin unterstützen kann, Patientinnen und Patienten mit einem hohen Risiko für schwere COVID-19 Verläufe einfach zu identifizieren und somit möglichst frühzeitig zu impfen.
„Stark gefährdete Patientinnen und Patienten sollten schnellstmöglich gegen Corona geimpft werden. Damit schützen wir nicht nur die Patientinnen und Patienten selbst, sondern gleichzeitig auch das Gesundheitswesen vor Überlastung“, sagt PD Dr. Ole Wichmann, Leiter Fachgebiet Impfprävention am RKI.
Derzeit stellen die begrenzten Impfstoffmengen noch eine große Herausforderung dar. Deshalb kann die Rangliste auch als eine unkomplizierte und effiziente Hilfestellung für die Impfreihenfolge in niedergelassenen Praxen genutzt werden. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- InGef – Institut für angewandte Gesundheitsforschung Berlin: RKI und Krankenkassen identifizieren gemeinsam wichtigste Vorerkrankungen für schweren COVID-19-Verlauf, (Abruf: 01.05.2021), InGef – Institut für angewandte Gesundheitsforschung Berlin
- Robert Koch-Institut (RKI): Epidemiologisches Bulletin 19|2021: Hierarchisierung von Risikofaktoren für schwere COVID-19-Erkrankungsverläufe im Kontext der COVID-19-Schutzimpfungen, (Abruf: 01.05.2021), Robert Koch-Institut (RKI)
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.