Verbindung zwischen Nierenerkrankung und Demenz
Ältere Menschen mit einer Nierenerkrankung haben ein höheres Risiko für die Entstehung von Demenz. Je stärker die Nierenfunktion dabei beeinträchtigt wird, desto höher scheint das Demenzrisiko zu sein.
Eine schlechte Nierenfunktion und eine verstärkte Abnahme der Nierenfunktion sind mit der Entwicklung von Demenz assoziiert, so das Ergebnis einer Untersuchung unter Beteiligung von Forschenden des Karolinska Institutet in Schweden. Die Studie wurde in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Neurology“ veröffentlicht.
Niedrige Nierenfunktion unterschätzter Risikofaktor für Demenz
Die aktuelle Untersuchung unterstreicht die Bedeutung einer schlechten Nierenfunktion als möglichen, bislang unterschätzten Risikofaktor für Demenz, betont Studienautor Professor Juan Jesus Carrero vom Department of Medical Epidemiology and Biostatistics am Karolinska Institutet.
In der Studie habe sich gezeigt, dass das wahrscheinlich auf eine Nierenerkrankung zurückzuführende Risiko für Demenz im Vegleich mit anderen Demenz-Risikofaktoren wie beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes ähnlich hoch oder sogar höher ausfalle, fügt der Experte hinzu.
Demenzrisiko steigt mit dem Alter
Demenz tritt meist im hohen Alter auf und ist vor allem durch den fortschreitende Rückgang der kognitiven Funktionsfähigkeiten gekennzeichnet. Bei Demenz leidet die allgemeine Gesundheit der betroffenen Personen und zusätzlich liegt ein erhöhtes Sterberisiko vor. Bisher gibt es zudem nur begrenzte Möglichkeiten, die Erkrankung zu behandeln, so das Team.
Eingeschränkte Nierenfunktion erhöht Risiko für Krankheiten
Chronische Nierenerkrankungen, also anhaltende Einschränkungen der Nierenfunktion, treten ebenfalls häufig bei älteren Menschen auf und bereits eine geringe Einschränkung der Nierenfunktion ist mit einem erhöhten Risiko für verschiedene Krankheiten verbunden, berichten die Forschenden weiter. Frühere kleinere Studien hattenn bereits den Zusammenhang zwischen Nierenerkrankungen und Demenz untersucht, kamen dabei aber zu widersprüchlichen Ergebnissen.
Für die aktuelle Studie aus Schweden wurden nun die Daten von mehr als 325.000 Personen im Alter von 65 Jahren oder älter ausgewertet. Dabei fand die Forschungsgruppe einen klaren Zusammenhang zwischen einer schlechten Nierenfunktion und der Wahrscheinlichkeit, während der Nachbeobachtungzeit eine Diagnose von Demenz zu erhalten.
Knapp 19.000 Demenzerkrankungen in fünf Jahren
Insgesamt wurden fast 19.000 Fälle von Demenz (5,8 Prozent der Teilnehmenden) über eine mittlere Nachbeobachtungszeit von fünf Jahren festgestellt, berichten die Fachleute. Umso geringer die Nierenfunktion war, desto höher sei die Inzidenzraten der Demenz ausgefallen. Dabei war eine schnellere Abnahme der Nierenfunktion innerhalb eines Jahres auch mit einem höheren Demenzrisiko verbunden, fügt das Team hinzu.
„Dies ist unseres Wissens die bisher größte Studie zu Nierenfunktion und Demenz, welche die Stichprobengröße aller bisherigen Studien um ein Vielfaches übertrifft und das gesamte Spektrum der Nierenfunktion untersucht”, berichtet Studienautor Juan Jesus Carrero in einer Pressemitteilung.
Für die Studie wurden die Daten aus dem Stockholm CREAtinine Measurements (SCREAM)-Projekt ausgewertet, einer Kohorte zur Nutzung des Gesundheitswesens. Diese umfasste Menschen aus Stockholm, welche sich zwischen dem Jahr 2006 und dem Jahr 2011 einem Kreatinin-Test unterzogen haben.
Welche Rolle spielte Kreatinin?
Kreatinin ist ein Abfallprodukt der Muskeln, welches von den Nieren aus dem Blut entfernt wird, um dann über den Urin ausgeschieden zu werden, erklären die Fachleute. Mit der Hilfe von Kreatin kann zusammen mit anderen Faktoren, wie beispielsweise Alter und Geschlecht, die sogenannte geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) berechnet werden. Diese wird üblicherweise zur Bestimmung der Nierenfunktion herangezogen. Dabei wird eine eGFR von 90ml/min oder höher bei den meisten gesunden Menschen als normal angesehen, so das Team.
Wie stark war das Risiko für Demenz erhöht?
Diese Werte wurden dann mit anderen Daten des Gesundheitswesens kombiniert, einschließlich derjenigen zu Demenzdiagnosen und -behandlungen. Nach einer Bereinigung um potenzielle Störfaktoren kamen die Forschenden zu dem Schluss, dass ein eGFR-Wert von 30-59 ml/min mit einem 71 Prozent erhöhten Risiko für Demenz verbunden war, während ein eGFR-Wert von weniger als 30 ml/min mit einem mehr als doppelt so hohen Demenzrisiko verbunden war, verglichen mit einem normalen eGFR-Wert.
Zehn Prozent der Fälle von Demenz durch Nierenerkrankung?
„Auch wenn wir anhand dieser Ergebnisse keine Kausalität feststellen können, deutet unsere Analyse darauf hin, dass bis zu zehn Prozent der Fälle von Demenz möglicherweise auf eine chronische Nierenerkrankung zurückzuführen sind”, erläutert Studienautor Hong Xu vom Karolinska Institutet in einer Pressemitteilung.
„Wir hoffen, dass unsere Ergebnisse den Entscheidungsträgern im Gesundheitswesen dabei helfen können, geeignete Strategien für das Screening und die Überwachung von Demenz bei Personen mit Nierenerkrankungen und umgekehrt zu entwickeln und umzusetzen, sowie bei der Planung von Gesundheitsleistungen zu helfen“, fügt Hong Xu hinzu. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Hong Xu, Sara Garcia-Ptacek, Marco Trevisan, Marie Evans, Bengt Lindholm et al.: Kidney Function, Kidney Function Decline, and the Risk of Dementia in Older Adults: A Registry-Based Study, in Neurology (veröffentlicht 05.05.2021), Neurology
- Karolinska Institutet: Large study links dementia to poor kidney function (veröffentlicht 05.05.2021), Karolinska Institutet
Wichtiger Hinweis:
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